Donnerstag, Juli 31, 2008

Filmszenen I ..wenn Du wüßtest, wo Du hier hingeraten bist...in: Reise hinter den Spiegel. Teil 1. Regie: Wolf Vogel, 1989

Filmszenen I ..wenn Du wüßtest, wo Du hier bist...in: Reise hinter den Spiegel. Regie: Wolf Vogel, 1989

Teaser Film Reise hinter den Spiegel, 1989. Regie: Wolf Vogel

Bildquelle und Bildrechte bei Produktionsgesellschaft und Fernseh-Sender. 1988-89

Die Figuren, die die Handlung dieses Fernsehfilmes vorantreiben, üben extreme, unverständliche Gewalt gegen Schutzlose aus. Wir besprechen den Film, da die Künstleragentur unseres Hauptdarstellers den Film nicht verschweigt.

Um mögliche Mißverständnisse über die Bedeutung der Filmfigur Eddie zu minimieren, werden wir dieses Mal in einem größeren filmhistorischen Zusammenhang einführen und die Filmszenen durch Kommentare unterbrechen. Es wird nicht möglich sein, eine unkommentierte Version einer Szene downzuloaden und deren Bedeutung in negativem Sinne misszuverstehen.

Der Film "Reise hinter den Spiegel" ist im Zusammenhang mit Robert Musils Roman Die Verwirrungen des Zöglings Törleß (1906), der 1966 von Volker Schlöndorff unter dem Titel "Der junge Törleß " verfilmt wurde
und im Zusammenhang mit der Filmfigur "Bock" in "Es geschah am hellichten Tag " (Regie: Nico Hofmann, Produktion: Bernd Eichinger) zu verstehen.

Frühe Filmprojekte Ferchs lassen filmstilistisch einen Anschluß an den "Neuen Deutschen Film ", der sich seinerseits an den französischen Film der Nouvelle Vague anschließt, erkennen.

In der Rolle des Eddie exemplifiziert die Figur einen jungen Täter.

Der Film von Wolf Vogel und die Figur Eddie wollen ein Nachdenken über das Phänomen Gewalt aus Gründen von Xenophobie anregen. Die Figur des jungen Gewalttäters macht sich zum Werkzeug für den Zuschauer, ein solches Nachdenken auszulösen.

Unreflektierte Gewaltverherrlichung ist nicht die Sache des Films und nicht die Sache der Filmfigur Eddie.

Stellt Ferch in Reise hinter den Spiegel einen Täter dar, der zusammen mit seinen Kameraden den Fremdling quält, übernimmt er 1996 die Rolle des Hans Lederer, genannt Bock in der German Classics-Version von Es geschah am hellichten Tag (Regie: Nico Hofmann): Hier wiederholt er fast vollständig spiegelgleich denselben Tathergang in der Rolle des Opfers . S.a. Theorie: Täter - Opfer .

Sogar visuell ist die Identität des Vorgangs in diesen beiden Filmen inszeniert: Hier sehen wir am Ende des Leidensweges von Arpad die Kreuzigungssymbolik des Ohnmächtigen mit beiderseits ausgestreckten Armen, dasselbe Bild wiederholt sich bei "Bock" am Ende des Verhörs, als zwei Polizisten den Bewußtlosen hinausschleppen.

- - -

Im Jahr 2002 wurde die in Reise hinter den Spiegel fiktionalisiert dargestellte Quälerei eines "Untermenschen " bis zu dessen Tod im Dorf Potzlow (Uckermark, Brandenburg) Realität.

Im brandenburgischen Dorf Potzlow wurde im Sommer 2002 der 16-jährige Marinus Schöberl von den neonazistischen Brüdern Marco und Marcel Schönfeld zusammen mit deren Bekannten Sebastian Fink getötet. Schöberl trug blondierte Haare, Hip-Hop-Hosen und stotterte. Für die Täter war dies ein Grund, ihn als „Untermenschen“ und als „nicht lebenswert“ zu verachten. Die Täter hatten ihr Opfer, das zu Marcels Bekanntenkreis gehörte, stundenlang gefoltert – unter den Augen von mindestens drei erwachsenen Potzlowern. Nachdem die drei Schöberl mehrere Stunden misshandelt, ihm Schnaps eingeflößt, ihn geschlagen und auf ihn uriniert hatten, brachten sie ihn in einen nahe gelegenen Schweinestall. Dort forderten sie Marinus Schöberl auf in die Kante eines steinernen Schweinetrogs zu beißen und Marcel sprang – in Nachstellung eines „Bordstein-Kicks“ aus dem Film American History X – mit Sicherheitsschuhen auf Schöberls Kopf. Danach warfen die Brüder noch zweimal einen Stein auf den noch atmenden Jungen und versenkten den später leblosen Körper in der Jauchegrube des Stalls. Quelle: wikipedia.de

Andres Veiel (Black Box BRD ) entwickelte über diese Todesfolter und Mord durch Skins an einem Wehrlosen aus Xenophobie das Theaterstück Der Kick und den Dokumentarfilm Der Kick .

Der Film erhielt zahlreiche Auszeichnungen , unter anderem "Bester Film 2006"

Click auf das Bild um zur Bildquelle auf amazon.de zu gelangen

- -

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 19.04.2007


Als "eindrucksvolles Protokoll einer sozialen Aufmerksamkeit" würdigt Harry Nutt dieses Buch des Filmemachers Andres Veiel über den grausamen Mord von Potzlow.

Er lobt die genauen Recherchen des Autors, die intensive Gespräche mit den Tätern und ihren Angehörigen, aber auch mit den Hinterbliebenen des Opfers, einschließen.


Dass der Autor dennoch auf Probleme wie die Gewaltverherrlichung in Filmen hinweist, findet Mönch in Ordnung, sieht sie in Veiel doch keinen Ankläger, sondern einen gewissenhaften und differenzierenden Chronisten, der bereitstellt, "was der Leser braucht, um sich ein Urteil bilden zu können".


Die Rekonstruktion des Tathergangs enthüllt für Nutt ein "Horrorszenario" aus sozialer Deformation, Hilflosigkeit und Alkoholismus. Dabei hebt er hervor, dass Veiels Darstellung frei von "eindimensionalen" Schlüssen ist.


Mit psychologischen Spekulationen halte sich der Autor weitgehend zurück, um stattdessen Schicht für Schicht in einer dichten Beschreibung die "Scherben eines sozialen Desasters" zusammenzutragen.


Nutt unterstreicht zudem Veiels Ausleuchtung des gesellschaftlichen Hintergrunds, vor dem sich die Tat abspielte: die verdrängte, unbewältigte ins Kriegsjahr 1944 zurückgehende Gewaltgeschichte des Ortes.


Quelle: perlentaucher.de


Informationen zum Buch "Der Kick" auf perlentaucher.de->
- -


Deutlich wird bei Ferch in den neunziger Jahren, gleich am Beginn der Filmschauspiel-Karriere, der Anspruch, aktuelle, brisante und psychologisch anspruchsvolle Themen zu bearbeiten. Dies im Sinne der Tradition des Oberhausener Manifests des Neuen Deutschen Films.
Heino Ferch war 1996 von Volker Schlöndorff mit der Rolle des Napola - Kommandanten Raufeisen in Schlöndorffs Antinazistischem Film "Der Unhold " besetzt worden .

Labels:

Montag, Juli 28, 2008

Filmszenen I ....denn leider hat mich jemand entführt....In: Palmetto. Teil 2.

Teaser Film Palmetto. Regie: Volker Schlöndorff. Deutsche Stimme Harry Barber: Heino Ferch

Bildquelle und alle Bildrechte bei Castle Rock Entertainment, Columbia Pictures Corporation Rialto Film für Warner Home

....denn leider hat mich auf dem Parkplatz jemand entführt....In: Palmetto. Teil 2. Regie: Volker Schlöndorff. Deutsche Stimme Harry Barber - Heino Ferch.1997-98

Hören statt Lesen Audio.mp3 -> zum Soforthören

Harry soll, so erfährt er, einen Ferienbungalow am Strand mieten. Rhea wird ihn dort besuchen und ihm erklären, welche sehr gut bezahlte Aufgabe auf ihn wartet.

Harry schaltet bei Rheas Erscheinen im Bungalow vorsorglich – der Enthüllungsreporter scheint ihm im Blut zu liegen – ein kleines Tonband an, das den ganzen Besuch von Rhea Malroux aufzeichnet….auch ihre lustvollen Laute, die sie von sich gibt, als aus Harry´s Leibesvisitation nach einer Wanze, einem versteckten Mikro an Rheas Luxusleib, ruckzuck ein Quickie wird.

Harry soll einen Erpresser und Entführer mimen und bei Papa Malroux für das „entführte“ Töchterchen Odette eine halbe Million Dollar fordern. Seine Provision: zehn Prozent.

Harry will das Goldtöchterchen sehen. Sie soll ihn besuchen. In den Abendstunden taucht Odette, siebzehnjährig und sehr frühreif, bei Harry im Bungalow auf.

Odette trägt offenes Haar, Plateausohlen-High-Heels und Hot Pants. Mit ihrem blauen Krokoledertäschchen und den na .kten Beinen, die sie im Sitzen weit auseinanderspreizt, sieht sie den freundlichen Damen vor dem Tausendundeine Nacht in der Bahnhofstrasse zum verwechseln ähnlich.

Sie benimmt sich auch so. Ihre Bewegungen, ihre Blicke, ihre Stimme – sie wirkt wie eine rollige Katze and: - she´ll have what mama had.

Odetto Malroux besucht Harry Barber im Ferienhaus am Strand

Bildquelle und alle Bildrechte bei Castle Rock Entertainment, Columbia Pictures Corporation Rialto Film für Warner Home

Harry reißt sich zusammen. Sweet Odette ist süße siebzehn. Nicht volljährig. Das bedeutet: Gefängnis, wenn er jetzt sein Hirn ausschaltet.

Harry fragt Odette, warum sie so tun will, als würde sie entführt.

Odette sitzt auf der Ecke des Doppelbettes. Sie spreizt die Beine über dem Eckpfosten auseinander, hält ihre Coke im Schoß.

Odette:

Mein Vater will mich auf ein Internat schicken. Eins von diesen ätzenden Dingern in der Schweiz das von ätzenden schweizer Nonnen geleitet wird. Er behauptet, ich würde ihm sonst zu amerikanisch.

Harry steht am Schreibtisch, er will sich eine Zigarette anzünden. Blick zu ihr hinüber. Odette nippt an ihrem Glas – ihre blaulackierten Fingernägel leuchten auf ihm Zwielicht.

Harry:

Und warum sagst Du ihm nicht einfach, dass Du da nich´ hinwillst?

Odette:

Warum sagen Sie´s ihm nicht?

Harry findet kein Feuer, kommt zum Bett herüber.

Harry:

Wo sind denn die Streichöhlzer wieder hin?

Odette erhebt sich vom Bett. Vorher greift sie unter ihr blaues Krokotäschchen, nimmt etwas mit, was dort versteckt lag.

Odette:

Hörn Sie, ich mag mein´ Vater, echt, aber auf so ´n Internat geh´ ich nich´. Is´ nich´ drin. Ich schätze mal, die fünfhundert Riesen reichen, bis ich achtzehn bin. Und dann mach´ ich sowieso, was ich will.

Odette ist an Harry herangeschlendert. Sie drückt beim Gehen den Popo heraus. Ihre blauen Samthotpants leuchten über ihrem Apfelhinterbacken.

Harry:

Ach ja, und Du meinst, ne halbe Million reicht bis zu Dei´m Achtzehnten?

Odette lässt eine Feuerzeugflamme vor Harry aufspringen. Der nimmt das Feuer an. Er hält beide Hände um die Flamme.

Odette:

Finden Sie das zu wenich?.....Ich kenn mich nich so aus mit Geld. Rhea meinte, fünfuhundert wär´n o.k.

Harry bläst Rauch in die Luft.

Harry:

Das war also ihre Idee.

Odette hat sich ganz dicht an Harry herangewanzt. Kussnähe. Sie lächelt ihn an.

Odette:

Nein – ganz allein meine. Cool ha?

Harry drängt sie zurück, geht vorwärts, sie muss weichen, Schritt für Schritt. Ein Spielchen.

Harry:

Hast Du schon mal n´ Gefängnis von Innen gesehn´?

Odette:

Im Fernsehn.

Harry:

Im Fernsehn sieht das vergleichsweise hübsch aus.

Odette:

Wenn sie uns schnappen, sag ich es war ´n Scherz.

Harry:

Die Bullen werden nich´ drüber lachen könn´ und ich genauso wenich.

Harrys Gesicht glänzt vor Schweiss. Es ist feucht und heiß in Florida.

Odette:

Sei doch mal´n bisschen locker Harry Barber, entspann Dich.

Sie scheint ihn anzufassen. Er ohrfeigt sie.

Odette:

Spinnst Du, mich zu haun Du blöder Wi ..ser?!

Harry schubst sie, geht weg.

Harry:

Raus mit Dir bevor ich noch mal zulange.

Odette:

Nein!!

Harry schreit:

Geh nach Hause!!

Odette schreit ebenfalls:

Nein!!

Harry ist wütend, er steht Aug´ in Aug´ mit ihr, fletscht die Zähne:

Hör zu: ich spiele keine Spielchen, wenn ich dafür die nächsten zwanzig Jahre im Knast verbringen muss, verstanden?

Die Cops werden Dich ausquetschen, bis Dir die Eingeweide zu den Ohren rauskomm´.

Odette, unbeeindruckt:

Ich bin ne gute Lügnerin , wenn´s drauf ankommt.

Harry sofort:

Das glaub´ ich Dir.

Sie schlägt augenblicklich zurück.

Harry bedeckt seine Augen mit der Hand, dreht den Kopf weg.

Harry:

Du hast mich genau am Auge getroffen.

Es tut so weh, er muss sich setzen. Auf´s Bett.

Odette Malroux bei Harry Barber

Bildquelle und alle Bildrechte bei Castle Rock Entertainment, Columbia Pictures Corporation Rialto Film für Warner Home

Sie kommt einen Schritt heran, streicht ihm über den Kopf.

Odette:

Entschuldigung. Tut das wirklich so weh?

Harry ärgerlich, die Hand am Auge:

Klar tut das weh.

Sie beugt sich zu ihm herunter.

Odette:

Ein Kuss und alles ist wieder gut.

Harry:

Ach hör doch auf.

Sie küsst ihn zart mehrmals auf die Stelle am Auge, übrigens genau die, an der er sich vorher bei ihrer Stiefmutter schon verbrannt hatte.

Harry wird weicher. Er hält die Augen geschlossen.

Während sie weiter seine Schläfe küsst:

Harry:

Wir brauchen ne Geschichte. Ne einfache, gute Geschichte.

Odette richtet sich auf, streicht ihm wieder mit der Hand über den Kopf. Zuerst in der Nähe der verletzten Stelle, dann mehr als nötig. Sie streicht ihm über den Hinterkopf.

Odette:

Ich könnte mich Samstag Abend mit ´ner Freundin verabreden. Und sagen, dass wir was trinken und ins Kino wollen.

Ihr langes goldenes Haar wallt gegen sein Gesicht.

Und dann… taucht meine liebe Freundin auf und kann mich nicht finden ...denn leider hat mich auf dem Parkplatz jemand entführt.

Wir stehen hinter ihr. Sie stützt die Hände in die Taille. Ihre Apfelbacken in bleu füllen den halben Bildschirm. Harry denkt.

Harry:

Hm. Das könnte klappen. Für den Anfang kein übler Plan.

Er saugt weiter an seiner Zigarette.

Insert. Ein Blatt, eingespannt in eine Schreibmaschine. Wir lesen:

FELIX MALROUX.

I HAVE YOUR DAUGHTER.

I WANT $ 500,000.00.

Schnitt.

Hören statt Lesen Audio.mp3 -> zum Soforthören

1997-98 Woody Harrelson– Harry Barber. Deutsche Stimme: Heino Ferch (im Alter von 34). (Wie müssen wir uns die Stimme vorstellen? Hören Sie sich „Der Schutzengel“ an. So ähnlich wie Marc Bittner, nur ohne Psychose), Elisabeth Shue - Rhea Malroux, - Nina, Harrys Freundin, die Bildhauerin - Gina Gershon, Odette Malroux - Chloë Sevigny


----

offtopic

Video Deutsche Meisterschaft Polo Low Goal in Schwifting bei Landsberg. Die Landsberger Platz 5 von 6. Heino Ferch in Teamdress weiss mit der Nr. 2, dunkelblauer Helm. ->

Labels:

Freitag, Juli 18, 2008

Filmszenen I..Sehn sie lieber nach, ob noch alles drin ist.!...In: Palmetto. Teil 1. Regie: Volker Schlöndorff. 1997-98

Deutsche Stimme Harry Barber - Heino Ferch.1997-98

Teaser Film Palmetto. Regie: Volker Schlöndorff. Deutsche Stimme Harry Barber: Heino Ferch

Bildquelle und alle Bildrechte bei Castle Rock Entertainment, Columbia Pictures Corporation Rialto Film für Warner Home

Hören statt Lesen Audio.mp3-> zum Download (zum Soforthören erst ab 26.7.08. Unser Monatskontingent auf dem Podcast-Server ist schon voll....Soforthören auch möglich über Quicktime)

Vor der Szene.

Wir sind in Palmetto, Florida.

Harry Barber, ein ehemaliger Lokalreporter in Palmetto , Florida, war unschuldig im Gefängnis. Zwei Jahre lang. Jetzt wurde er freigelassen. Jetzt steht er da. Ohne Geld, ohne Job. Seine Freundin liebt ihn – sofort. Und auch sonst. Bei ihr kann er wohnen. Und ihre alte Waschschüssel ausleihen. Der Wagen ist eine rollende Schrottkarre. Aber er fährt.

Harry cruises around. Sucht Arbeit. Im Yachthafen, der Marina von Palmetto. Da könnte er die Yachten der Reichen und Schönen betanken. Sein Reporterblut ist stärker als sein Wille, schwere Körperarbeit zu verrichten.

Er fragt den Skipper aus, Recherchestil, nach der Besitzerin des Motorboots, das gerade den Kai verlässt: Rhea M. Junge Gattin des alten kranken Tycoons Malroux. Der verbringt hier seine letzten Tage.

Die Szene

Harry wieder in der Bar.
Aus den Lautsprechern hören wir La Paloma auf Spanisch - als Rumba.

Zwei weiße High Heels, vorne spitz, darüber keulenartige Schenkel, klacken über´s Parkett.

Weisser Etui- Rock, hellgrauesblaues Feinstrick Jäckchen durchgeknöpft, leicht zu öffnen über weichen Brüsten. Kein BH. Wasserstoffblonder Lockenkopf. Weisse fünftausend Dollar Hermés Birkin Handtasche mit Goldbeschlägen.

Der Blondschopf zum Barkeeper:

Kann ich hier mal telefonieren?

Barkeeper:

Ja. Da drüben in der Zelle.

Sie dreht sich zu uns: Marylin Monroe.

Danke.

Schwänzelt auf uns zu. Langsam, lasziv, die High
Heels klacken. Bei jedem Schritt.

Harry äugt der Frau hinterher wie ein Käfer.

Er hebt den Kopf.

Der Blondschopf telefoniert.

Der Pulli gibt ihren Nacken frei. Ihr Haar reibt sich leicht am Zellenglas.

Harry beginnt zu lächeln.

Fährt sich mit dem Daumen über die Lippe.

Das Titts´n Ass-Wunder kommt zurück.

Schwänzelt zur Tür, öffnet die Schwingtür des Saloons, geht hinaus.

Barbers Augen wandern zur Telefonzelle.

Ihre Birkin Bag steht in der Zelle. Vergessen.

Harry tut, als telefoniere er. Klemmt den Hörer ans Ohr. Gleichzeitig durchsucht er die Tasche. Ein silbernes Zigarettenetui mit Signatur: R. M.

Geld. Ein Bündel, zusammengehalten von einer silbernen Geldklammer. Er nimmt es.

Als er raus will, steht sie vor der Zelle.

R.M.:

Ich hab meine Handtasche vergessen.

Harry denkt, dann:

Ja ich wollte sie grade dem Barkeeper rüber…

Sie:

Wie reizend von Ihnen.

Sofort steht der Barkeeper da:

Gibt’s n Problem Lady?

Sie:

Nein – ich… ich hab nur meine Handtasche da drin stehn lassen. Und der Gentleman wollte Sie Ihnen…

Harry:

.. ja.

Barkeeper:

Sehn sie lieber nach, ob noch alles drin ist.

Sie sieht hinein.
Harry beißt sich auf die Lippen.

Wir blicken auf ihren Busen. Auf ihren Atombusen. Ohne BH. Nur dünnstes Strickwerk in hellblau darübergehaucht, die Brustwarzen zeichnen Kreise in die Wollwirkware.

R.M.:

Ja. Ja es ist alles da. danke…

Der Barkeeper geht.

Zu Harry:

… und Ihnen auch.

Will gehen, dreht zurück.

R.M.:

Darf ich Sie zu einem Drink einladen.

Harry:

Uh das ist nicht nötig.

Sie:

Uhh aber es gehört sich so.

Harry murmelt: Gehört sich so.

Sie zum Barkeeper:

Noch einmal das gleiche für den Gentleman und für mich einen Wodka Martini mit Olive.

Lächelt ihn an.

Er legt die Fingerspitzen aneinander. Lächelt nicht zurück, reibt die Handflächen proletenhaft aneinander.

Harry:

Haben Sie sich… verlaufen?

Sie:

Wirke ich so auf Sie?

Harry:

Na ja nich´ direkt , aber sie passen hier irgendwie nich´ hin.

Sie:

Das seh` ich als Kompliment.

Harry:

Bitte wenn Sie woll´n.

Sie gräbt aus ihrer Herméstasche ein schweres goldenes
DuPont Gatsby, dessen Seiten mit schwarzem Chinalack verziert sind.

Er streckt ihr die Hand hin. Sie übersieht sie bewußt.

Ich heiße übrigens Harry.

Zögern - seine Hand schwebt.

Barber.

Er versucht die Hand aufzuräumen. Zurück zur linken Schulter, reibt seine Schläfe.

Sie:

Und Mister Barber: wie kriegen Sie so den Tag rum?

Harry:

Was meinen Sie?

Sie:

Ich meine – was tun sie so?

Harry gibt ihr mit dem DuPont Gatsby Feuer. Sie will es nicht.

Ich rauche nicht. Vielen Dank.

Die zweite Ablehnung. Harrys Mund steht offen.

Nagt an der Lippe. Harry:

Ja was tu ich so, was jeder so tun. Ich versuche über die Runden zu kommen.

Sie:

Wünschen Sie sich nicht mehr, als nur das?

Er:

Wer nicht ?

Bildquelle und alle Bildrechte bei Castle Rock Entertainment, Columbia Pictures Corporation Rialto Film für Warner Home

Sie studiert ihn.

Ich wüßte da vielleicht etwas.
Das könnte ein Mann wie Sie reizen.

Er nimmt ihr die Zigarette weg. Bricht den Filter ab. Steckt die Zigarette zwischen die Lippen.

Harry:

Sie machen mich neugierig.

Die Frau:

Die Bezahlung ist gut.
Hervorragend sogar.
Aber das Honorar ist gerechtfertigt.

Die DuPónt Flamme springt auf…Risiko.

Risiko.

Das DuPont Gatsby hat eine fast unsichtbare Flamme. Harry weiß das nicht, zündet - und versengt sich Augenbraue.

Sie:

Beunruhigt sie das?

Er:

Die Frage ist, ob es Sie beunruhigt.


Bildquelle und alle Bildrechte bei Castle Rock Entertainment, Columbia Pictures Corporation Rialto Film für Warner Home




Die Getränke kommen.

Sie:

Wenn ich könnte würde ich den Job selbst erledigen.

Er:

Was ist denn das für ein Job?

Wir blicken auf den Tisch. Harry rollt sein klitzekleines Glas Bourbon in der Hand hin und her. Dahinter sehen wir die Zeitung mit den Stellenanzeigen auf dem Tisch liegen. Viele sind schon durchgestrichen. Harry hat wirklich hart gesucht.

Seine Hand zieht er zurück.

Schnitt.

Ihr Blick, sie sieht in an, nimmt scheinbar etwas in die Hand.

Schnitt.

Seine Hand schwebt offen über der Tischfläche, die Innenseite nach oben.
Sie schreibt eine Telefonnummer hinein.

Bildquelle und alle Bildrechte bei Castle Rock Entertainment, Columbia Pictures Corporation Rialto Film für Warner Home



Wir hören, sie:

Ruf´n Sie mich morgen an, dann können wir alles weiter besprechen.
Die Rechnung übernehme ich.

Sucht ihr Geld. Ist keins da. Sie zu ihm:

Beinahe hätte ich vergessen….

Harry:

Ja… ich nicht.

Schiebt ihr das Geldbündel zu. Sie nimmt es, ihre Fingerspitzen berühren seine Fingerspitzen.

Sie wirft eine Fünfdollarnote hin:

Dann bis morgen also.

Geht.

Schnitt.

1997-98 Woody Harrelson– Harry Barber. Deutsche Stimme: Heino Ferch. (Wie müssen wir uns die Stimme vorstellen? Hören Sie sich „Der Schutzengel“ an. So ähnlich wie Marc Bittner, nur ohne Psychose), Elisabeth Shue - Rhea Malroux, - Nina, Harrys Freundin, die Bildhauerin - Gina Gershon

- -

Kommentar 1:

s.a. Mord am Meer Paula Reinhardt und Anton Glauberg vor der Kneipe. Paula schreibt Anton die wichtige Telefonnummer in die Handfläche.

Kommentar 2:

Nachtrag Interpretation:
Vom Suchen und Finden der Liebe. Hermes schläft in Gestalt von Venus mit Mimi. Dieses Thema paraphrasiert: Heinrich von Kleist:
Amphitryon. Jupiter schläft in Gestalt von Amphitryon mit Alkmene. In beiden Fällen muss der Gott erkennen, dass Alkmene/Mimí ihm nur solange den Vorzug gegeüber dem Partner einräumt, als er ihr /ihm in dessen Gestalt erscheint und insofern als vollkommene Version des wirklichen Amphitryon/ der wirklichen Venus.

semi-offtopic

1. Theorie: Die Ware des Schauspielers - Star und Charakterdarsteller - Emotion und Genre - Der Beruf des Filmschauspielers

2. Theorie: (.pdf-Dokument) Joseph Campbells Monomythos-Erzählmodell: Die Reise des Helden. Applikationsbeispiel: Der geheimnisvolle Schatz von Troja. TV-Zweiteiler, 2002-2007


Labels:

Sonntag, Juli 13, 2008

Filmszenen I ...ich rette Dich!... in: Koma - lebendig begraben. Teil 2.

Buch und Regie: Uwe Janson 1996-97

Teaser Film Koma-lebendig begraben. Heino Ferch - Franky Esche. Regie: Uwe Janson 1996-97

Bildquelle und Bildrechte bei SAT.1 und ndf Neue Deutsche Filmgesellschaft

...ich rette Dich!... in: Koma - lebendig begraben. Teil 2. Heino Ferch - Franky Esche. Buch und Regie: Uwe Janson 1996-97

Rückblende: alles in Blautönen.

Das kleine Mädchen schaukelt im Garten auf einer Schaukel. die Schaukel ist am Ast eines großen alten Baumes befestigt.

Es springt ab, läuft den Gartenweg entlang, singt vor sich hin.

Dann blickt es in das Wohnzimmerfenster hinein.

Uns irritiert ein schwer saugendes Atemgeräusch.

Schnitt.

Zwei Menschen, n a. k t, jung, schön, geschmeidig, in einem Liebesakt auf dem weichen Teppich des Wohnzimmers.

Schnitt auf das Kind. Es steht außen vor den wandhohen Glasfenstern des Wohnzimmers, eine Hand am Glas der Scheibe und blickt auf das Liebespaar.

Die Frau, mitten im Akt, wirft einen Blick nach dem Wohnzimmerfenster, sieht das Kind.

Schnitt auf das Mädchen, es blickt immer noch auf die beiden, wir hören das schwere Atmen der Frau, erregt, sie stöhnt im Rhythmus der Stöße des Mannes über ihr.

Schnitt.

In Farben.

Lisa ohne Kleidung sitzt zu Hause in ihrem Haus auf dem WC-Sitz.

Sie bedeckt ihr Gesicht mit den Händen. Blickt vor sich hin. Wir verstehen, sie erinnert sich. Das Mädchen ist sie selbst.

Lisa !

hören wir

Schnitt.

Alles in Blau.

Lisa!

Ein Mann Mitte dreissig, kariertes Hemd, Schiebermütze, schwarzes Bauernwestchen, wohl ein Arbeiter oder Bauer, läuft durch den Garten. Im Hintergrund am Schopf sehen wir Feuerholz aufgestapelt, Fahrräder, Mopeds: ein Haus auf dem Land.

Der Mann bückt sich.

Hopp!

Als er wieder aufsteht, ist ihm sein Töchterchen in den Arm geflogen, er hebt sie hoch, lacht vergnügt.

Augen zu!

Die beiden gehen einige Schritte am Schuppen vorbei, sind jetzt vor der Wohnzimmerfront.

Er stellt sie wieder auf den Boden.

Guck mal, was ich Dir mitgebracht hab!

Das Kind:

Komm Papa, spiel mit mir!

Plötzlich dreht sich der Mann vom Kind weg, lässt es hinter sich. Aus dem Augenwinkel hatte er im Wohnzimmer etwas wahrgenommen. Er geht von uns weg, näher an das Fenster heran. Wir sehen gerade noch seine ruckhafte Bewegung, als würde er erschrecken.

Schnitt.

Zwei Hände laden eine Flinte durch. Wir sehen sofort am karierten Hemd und der Weste, dass es Lisas Vater ist.

Sein Gesicht nah: verhärmt, verarbeitet, Bartstoppeln, ein Mann, der offensichtlich kein leichtes Leben geführt hat. Er ist atemlos erregt, der Mund geöffnet.

Schnitt.

Die Beine des Mannes. Er geht schnell, wir sehen den Lauf des Gewehrs. Er stößt eine Tür auf. Die Terrassentür.

Wir draussen, beim Kind, es ist seinem Vater hinterher gegangen.

Ein Mann schreit:

Lass sie los!

Eine Frauenstimme kreischt, überschlägt sich:

Lass ihn in Ruhe, verschwinde!

Die Frau gibt einen Schrei von sich. Das Mädchen ist an der offenen Terrassentür angekommen, es hat einen Plüschdelfin in den Armen.

Wir stehen mit dem Kind an der Terrassentür, blicken hinein.

Ein Knall.

Dem Mädchen fliegt etwas ins Haar, ein Luftstoß, und: Blut.

Ein na . k ter Mann fällt direkt auf uns zu, vor unseren Füßen schlägt sein Kopf am Boden auf.

Schnitt.

Wir sehen, wie das Mädchen am Schuppen vorbei vom Haus zu Wiese und Waldrand wegrennt.

Schnitt.

Die na . kt e Frau hat sich eine Decke vor den Leib gezogen, versucht, durch die Terrassentür nach draussen zu fliehen.

Der Vater steht immer noch mit dem Gewehr im Anschlag vor seinem toten Opfer.

Schnitt.

Das Kind im Keller. Es hat sich dort hinter den Kartoffelsäcken versteckt.

Der Vater nah. Er öffnet die Tür, kommt herein, erregt, immer noch offener Mund.

Er setzt sich. Wir wissen, er hat sein Töchterchen nicht bemerkt.

Ohne zu zögern beugt er sich über den Gewehrlauf, langt nach dem Abzug und drückt ab.

Mit dem Knall kehren wir in die Gegenwart zurück. Alles wieder in Farbe.

Lisa als erwachsene Frau, heute, unter der Dusche. Sie steht mit dem Rücken zu uns unter den Wasserstrahlen, wir haben den Eindruck, sie will sich das Erlebte vom Leibe spülen lassen vom Wasser, das wärmt und reinigt.

Lisa nah. Sie dreht ihr Gesicht in den Wasserschwall. Wischt sich über die Haare, dann die Wangen, schließt die Augen, - öffnet sie wieder.

Rückblende. Alles in Blau.

Eine blonde Frau im Schlangendruck-Twiggy-Minikleid mit Flower-Power-Halsketten zerrt das Mädchen herunter zu uns. Die Kellertreppe herunter.

Jetzt wirst Du sehn, was Du Deinem Vater angetan hast.

Das Kind wehrt sich, versucht, sich am Handlauf festzuhalten:

Nein, Mama! Es tut mir…

...wir verstehen kaum...

weh…

Du Miststück!

schreit die Frau

Du falsches Luder!

Sie stößt das Kind in einen Vorratsraum. Eine na c kt e Glühbirne hängt von der Decke.

Hasserfüllt:

So hat´s Dein Vater jetzt. So ist es, wenn man tot ist!

Sie starrt zu uns nach unten, packt die Kellertür, schlägt sie zu.

Schnitt. Heute.

Lisa nah. Sie hat sich zur Wand gedreht, fährt sich unter dem Rieseln, dem Wasserstrom durch das Haar. Senkt den Kopf.

Etwas Dunkles bewegt sich durchs Bild. Ein Arm. Eine Sekunde später verstellt ein zweiter Kopf und Rücken den Blick auf Lisa.

Franky ist zu ihr in die Dusche gekommen, schmiegt sich von hinten an sie und führt ihre Arme um seinen Hals.

You are my lucky star

hören wir seinen weichen Bariton.

Lisa erwacht. Küßt ihn.

Du siehst aus wie ein Engel!

sagt sie.

Du rettest mich!

Franky nimmt ihre Worte auf:

…ich rette Dich…

sagt er, verliebt, verspielt.

Beide wissen noch nicht, dass aus dem Spiel bald mehr als ernst wird. -

Ein Engagement bis an die Grenze des Erträglichen.

Schnitt.

Hören statt Lesen: Audio.mp3-> zum Soforthören

1996-97 Heino Ferch (im Alter von 33) – Franky Esche, Lisas Lebenspartner seit zehn Jahren, Antje Schmidt – Lisa Tannert, Franky´s Lebenspartnerin und Mutter der beiden gemeinsamen Kinder, Jochen Nickel – Lisas Vater, der Selbstmörder.

Kommentar 1:

Das Lied You are my lucky starist ein Song aus dem Film "Singin´in the rain mit Gene Kelly . Look & Listen auf youtube.de-> und führt weiter: you are my lucky charm (Glücksbringer). Dieses Lied kündigt Lisas Hoffnung während ihres kommenden Kampfes an.

Kommentar 2:

Lisa ohne Kleidung sitzt zu Hause in ihrem Haus auf dem WC-Sitz und erinnert ihr Kindheitstrauma von Vater und Mutter. (s.a. Auf ewig und einen Tag:. Na . kt auf dem WC Sitz erfährt Gregor traumatisierende Zusammenhänge über seine Eltern, seinen Vater)

Kommentar 3:

Das Kind schaukelt, Symbol für Sorglosigkeit. s.a. Es geschah am hellichten Tag (kurz zuvor, 1996-97) : Das potentielle Opfer, das kleine Mädchen Annemarie, schaukelt im Garten: ebenfalls Symbol von Sorglosigkeit und Ahnungslosigkeit.

Kommentar 4:

Die Zuflucht zum Wasser in seiner reinigenden und wärmenden Kraft nach verstörenden Erlebnissen in der visuellen Umsetzung als Dusch- oder Waschszene bleibt in HF-Filmen, m.E. ein Topos. (z.B.: Gefährliche Verbindung, Deutschlandlied, Der Tunnel, Le Lion, Das Konto, Die Mauer-Berlin 61)

offtopic

Porträt Fotografin GABO auf arte.tv bis 19.7. Heino Ferch in Ausstellung BIG SHOTS Sept. 2007 im Ritz Carlton in Cannes: Min 39:00

Labels:

Montag, Juli 07, 2008

Filmszenen I ..mögen Sie Kinder?...in: Koma - lebendig begraben. Teil 1. Heino Ferch - Franky. Regie: Uwe Janson 1996-97

Teaser Film Koma-lebendig begraben. Heino Ferch - Franky Esche. Regie: Uwe Janson 1996-97

Bildquelle und Bildrechte bei SAT.1 und ndf Neue Deutsche Filmgeselschaft

Um das Bild in groß zu sehen, mit der rechten Maustaste auf das Bild clicken, Grafik anzeigen wählen. (Gilt für firefox)

..mögen Sie Kinder?...in: Koma - lebendig begraben. Teil 1. Heino Ferch - Franky. Regie: Uwe Janson 1996-97

Lisa Tannert (Antje Schmidt) und Claire Wischewski (Juliane Köhler) sind Zivilbeamtinnen im Polizeipsychologischen Dienst.

Wir treten an ihre Seite, als die beiden unterwegs zu einem nächtlichen Einsatz sind. Sie sitzen im Fond eines Polizeiautos, Blaulicht blinkt, wir hören die Sirene.

Die beiden indeß sind gut gelaunt, offensichtlich an die schwere und gefährliche Arbeit bei Einsätzen gewohnt. Sie essen noch schnell ein chinesisches To-Go. Man plaudert. Lisa hat bald zehnjähriges mit ihrem Freund Franky – allerdings noch immer keinen Heiratsantrag. Modern eben.

Heute Nacht ist es wieder einmal eine Selbstmordkandidatin. Eine junge Frau, Kindergärtnerin. Name: Mika. Ihr Macker hat sie verlassen. Jetzt will sie nicht mehr. Sie hat sich auf das Flachdach eines Hochhauses gesetzt, ihre Beine baumeln bereits ins Leere. Unter ihren Füßen dreissig Meter Luft. Unten Polizei, Feuerwehr, Schaulustige, ein Sprungtuch ist aufgespannt.

Film Koma-lebendig begraben. Lebensmüde. Blick in die Tiefe

Bildquelle und Bildrechte bei SAT.1 und ndf Neue Deutsche Filmgesellschaft

Im Aufzug nach oben sprechen Lisa und Claire das Zeichen zum Wechseln ab. Durchs Haar streichen bedeutet Platzwechsel Zielperson – Hintergrund.

Die Szene

Lisa, sie hat sich in einigen Metern Entfernung auch auf die Brüstung gesetzt:

Kühl hier oben.

Sie erfühlt den Zustand der Zielperson.

Lisa:

N´Wunder, dass wir nicht besser gegen Kälte gerüstet sind.

Wartet. Beobachtet.

Würd´n wir auf´m Mond leben, würd´n wir jede Nacht erfrier´n.

Mika reagiert, sieht zu Lisa:

Würden wir auf´m Mond leben, wärst Du jez´ nich´ hier, denn dann würde ich springen und davon schweben.

Die Gesprächseröffnung ist geschafft. Ein erster Schritt, Mikas Aufmerksamkeit vom Tiefensog wegzuziehen.

Lisa:

Stimmt. Dann würd´ich sogar mit Dir schweb´n.

Lisa hat eine kleine Schneekugel hervorgeholt. Schüttelt sie. Drin zwei Pinguine.

Sie stellt die Schneekugel auf die Brüstung in die Nähe der Lebensmüden. Ein weiterer Meter näher an die Zielperson.

Lisa:

Das is´ von meiner Tochter.

Mika nimmt das Thema an:

Du hast ´ne Tochter?

Lisa:

Mm.

Wartet.

Zwei. Die eine is neun und die andre sieben.

Sie wartet wieder. Dann, ein Versuch, der schief gehen könnte:

Magst Du Kinder?

Mika sieht über die Stadtsilhouette. Tief unten hören wir den Autoverkehr. Eine Trambahn bimmelt, fährt an. Lisa streckt Mika die Schneekugel auf geöffneter Hand hin.
Lisa streckt Mika a helping hand hin, die Schneekugel ist Tarnung der Geste, die Hilfe bietet.

Mika äugt nach der Kugel.

Sie nimmt sie. Wir sehen, dass Lisa sich freut. Die Zielperson hat etwas von ihr angenommen. Sehr gutes Zeichen.

Sie nutzt den Erfolg für den lebensrettenden Vorschlag:

Was solln wer jez mach´n soll´n wer woanders hingehn und dort weiter red´n?

Bei Dir zu Hause?

Mika wendet sich wieder ab, sieht geradeaus. Leise.

´ch kann nich´mehr. Ich halt´des nich ´mehr aus. Ich hab´Angst, nach Hause zu komm´.

Wenn ich nach Hause komm´dann is´alles.. niemand da.

Er is ´abgehaun. Was soll ich bloß mach´n ohne ihn.

Lisa´s Gesichtsausdruck wird ernst, starr.

Mika:

Keiner der mich umarmt. Kein Kuss.

Wir sehen Lisa aus nächster Nähe. Mika´s Worte scheinen etwas Ungutes bei ihr auszulösen. Sie wirkt abwesend, wie unter einem lähmenden Druck.

Mika:

Allein aufwachen…

Schnitt.

Alles in Blau.

Wir sehen ein vielleicht siebenjähriges Mädchen, blond, schmächtig, ihr dünnes Hälschen ragt aus einem zu großen Pulli, sie lauscht. Sie steht in einem Raum, in dem eine nackte Glühbirne von der Decke baumelt. In Wandregalen stehen gefüllte Einmachgläser.

Eine berserkerhaft wütende Frauenstimme aus dem off:

Du verdammtes Luder!

Wir sehen wieder Lisa.

Blaue Baumkronen kreiseln um ein Zentrum, ein Mensch scheint sich schnell zu drehen und nach oben zu blicken.

Die wütende Frauenstimme:

So ist das, wenn man tot ist!

Dicht vor uns, die Stirn eines Mannes. Er senkt den Kopf, drückt die Augen zu. Unser Blick senkt sich mit dem seinen schnell einen Gewehrlauf entlang. Die Mündung des Gewehres steckt im Mund des Mannes. Er langt nach dem Abzug, drückt ab.

Wir hören einen Knall.

Sehen wieder Lisas Gesicht. Ernst und erstarrt...

Schnitt. Blaulicht-Rückblende.

Ein Kellerraum. Vollgestopft mit Stellagen, Kommoden, Flaschen, Gläsern, Schuhe auf Gestellen. Betonwände. Eine schmale Lichtbahn fällt durch eine Ritze eines geschlossenen Fensterladens vorbei auf den Boden des Kellers.

Der Lichtstrahl trifft das Gesicht des blonden Kindes von vorhin. Es sitzt da, einen Plüschdelfin in den Armen und blickt ins Licht. Seine Haare sind schmutzig und wirr, sein Gesicht dreckverschmiert.

Das Kind ist offensichtlich dort unten eingesperrt.

Wir hören:

Keiner holt mich hier raus.

Wir sehen die Kellertür. Dort steht eine wütende Frau und schlägt uns die Tür vor der Nase zu.

Wieder Lisas Gesicht. Sie ist ganz erstarrt. Kann nicht mehr weiter reden. Sie steht irritiert auf. Weicht zurück. Mika sieht verwundert nach ihr.

Lisa merkt, dass sie einen Ausfall hat. Ihr Blick irrt nach links, nach rechts:

Entschuldigung, ich…

Sie fährt sich durchs Haar. Zeichen für die Ablösung.

Claire erhebt sich.

Mika, völlig aufgeregt, atemlos:

Was will die denn, die soll nich´näher komm´ Die soll abhaun.

Lisa kommt zurück, fasst Tritt. Zu Mika.

Sie kommt nicht. Sie winkt Claire nach hinten.

Ich schick´sie weg.

Wir folgen Mikas Blick in die Tiefe.

Hören Lisas Stimme:

Es ist alles in Ordnung.

Sie geht weg.

Ich bleib´ bei Dir.

Sie sieht sich noch einmal nach Claire um.

Wendet sich wieder zu Mika.

Ruhig:

Es ist alles in Ordnung.

Ein Polizeihubschrauber schießt über die beiden hinweg, bleibt über ihnen in der Luft stehen. Irritation. Beide blicken nach oben. Mika entgleitet die Schneekugel, das Spielzeug fällt in die Tiefe. Zeitlupe. Wir sehen, wie Mika auf den Dachrand zuläuft. Die Laute der Rotorblätter klingen wie schneller Herzschlag.

Plötzlich fasst eine Hand Mika von hinten am Hals, zieht sie zurück. Lisa hat reagiert. Zieht Mika rückwärts. Dort warten Feuerwehrleute.

Aktion beendet.

Hören statt Lesen Audio.mp3->

1996-97 Heino Ferch (im Alter von 33) – Franky Esche, der Falkner, Lisas Lebenspartner; Antje Schmidt – Lisa Tannert, Franky´s Lebenspartnerin, Juliane Köhler – Claire Wischewski, Lisas beste Freundin und Kollegin im Sondereinsatzkommando, Michael Mendl – Arzt in der Universitäts-Poliklinik Nussbaumstrasse München.

Kommentar 1:

a. Situation nächtl. Polizei-Sondereinsatz gute Laune, die anderen Polizisten holen die beiden als letzte Lösung: s.a. Todfeinde. Max (Heino Ferch ) und Nico (Tobias Moretti) bei ihrem nächtlichen Einsatz, ebenfalls am Anfang des Films.

b. Lebensmüder auf dem Dach, Freund redet ihn weg: s.a. Auf ewig und einen Tag . Gregor steht mit Selbstmordabsicht auf dem Flachdach des Hochhauses, Jan sitzt bei ihm, wird ihn davon abhalten. Ähnlich auch die visuelle Umsetzung: Hochhaus, Flachdach, die rote Beleuchtung des Helfers.



Auf ewig und einen Tag Jan rettet Gregor vom Selbstmord

Koma - lebendig begraben. Lisa rettet Mika vor dem Selbstmord


Bildquelle und Bildrechte bei d.i.e. Film GmbH für arte ZDF und

Bildquelle und Bildrechte bei SAT.1 und ndf Neue Deutsche Filmgeselschaft

c. Die Situation des eingesperrten Menschen, der ins Licht als Hoffnung blickt s.a. Der Schutzengel. Marc Bittner in der Zelle. „Licht!

Labels: