Sonntag, Juni 28, 2009

Filmszenen I …Endlich amoi a bissl a Ruah!…in: Schloss Koenigswald. Heino Ferch – Obergefreiter, Funker Regie: Peter Schamoni 1987-88

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…Endlich amoi a bissl a Ruah!…in: Schloss Koenigswald. Heino Ferch – Obergefreiter der Deutschen Wehrmacht (Funker). Regie: Peter Schamoni 1987-88

Trailer Schloß Königswald->

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Vor der Szene.

Zeit:

Die letzten Kriegstage, besser, Kriegsstunden des zweiten Weltkrieges. Nein, nicht an der Front, wir sind in einer Komödie.

Ort:

Weitab vom Schuß, auf einem Weser-Renaissance-Schloß in Deutschland, irgendwo bei Bremen, Lemgo oder Osnabrück. Die Schloßherrin Fürstin Wetterstein und ihre Schwiegertochter Fürstin Ursela haben seit geraumer Zeit sechs Ost-Flüchtlinge aufgenommen, Damen von Stand, wie sie: Gräfin Huberta von Dohna aus Schlesien, Gräfin Eleonora Posadowsky aus Polen, Gräfin Woronzow aus Russland, Baronin Schweinitz, Gräfin Hohenlohe und die angeheiratete Freifrau von Boehme, eigentlich ein ehemaliger Operettenstar. Keine der hochwohlgeborenen Damen – ausser Fürstin Ursela – ist jünger als fünfundsiebzig, der einzige Mann auf dem Schloß ist der Diener Karl, selbst schon grauhaarig. Alle wehrfähigen Männer sind im Krieg.

Erste Szene

In einem Salon des Schlosses. Die Damen eilen zu den Fenstern:

Die Russen kommen! Die Russen kommen!

Blick in den Hof. Durch das Haupttor unten rollt ein durch und durch schmutzgrau verschlammter Militär-Konvoi aus Jeeps und Lastwagen herein.

Schnitt.

Nah ein Militär-Motorrad. Die beiden Gestalten in deutschen Wehrmachtsmänteln sehen aus wie getöpfert, so vollständig sind sie mit Schlamm und Schmutz überkrustet.

Oben im Salon. Die Damen eilen im Laufschritt zum nächsten Fenster.

Alle quaken durcheinander.

Freifrau von Boehme:

Nu seid doch mal alle still!

Im Hof unten tut Bello, der Bernhardiner, seine verdammte Pflicht und verbellt die Eindringlinge.

Die Damen quaken immer noch durcheinander.

Vielleicht sind es ja doch die Amerikaner?

Fürstin Ursela übertönt das Gequakele:

Es sind Deutsche!

Voice over Männerstimme

Das sieht ja nicht schlecht aus!

Wir sehen, was der Mann bewundert. Ein hübsches Weserrenaissance-Schlößchen mit Giebelchen, geschweifter Turmhaube, hoher Aufgangstreppe, Rustikatorbau mit Schießscharten, Pechnasen und Figurenschmuck, behauener Naturstein.

Schnitt auf die Sprecher.

Ein offener Jeep, voll besetzt mit vier Soldaten. Der Jeep ist mindestens einen Zentimeter dick mit Schlamm überkrustet, die Herren bespritzt, ihre Gesichter vom Straßenstaub geschwärzt, die Staubbrillen hochgeschoben, weisse Ringe um die Augen wie Skifahrer mit Sonnenbrand.

Von der Rückbank:

S´gibt hier ne Menge Proviant und auch vielleicht n bisschen Sprit.

Vor allem diesen da.

Der Sprecher nimmt ein paar Schluck aus einer imaginierten Schnapsflasche.

Der Beifahrer vorne, er scheint der Boss zu sein. Gleich erfahren wir, es ist der Hauptmann, Hauptmann Kolk. Nomen est omen. Kolk. Rabe. So sieht er auch aus mit seinem Führerwirfolgendir-Seitenscheitel und seinen Kolkrabenschwarz glühend irren Augen. – Was wir im Moment allerdings noch nicht erkennen können unter der Schlammkruste.

Hauptmann Kolk:

Wir besetzen das Schloß und warten erstmal ab.

Der Fahrer (Wolfgang Fierek):

Endlich amoi a bissl a Ruah!

Der Hauptmann (Jockel Tschiersch):

Was?

Ich meine:

Fahrer:

Endlich ein bisschen Ruhe!

Hauptmann.

Vielleicht bekommen wir ja auch Funkkontakt zur Heeresleitung. Unteroffizier Pfeiffer! (mit drei efff)

Von der Rückbank ein zaghaftes:

Jawohl!

Kolk:

Sie verteilen die Posten und sichern die Zufahrtswege!

Kolk will aussteigen. Wird angebellt. Entsichert nervös seine Feu er wa ffe

Sch…Köter!

Der Sch..Köter wird von weit her zurückgerufen.

Schnitt.

(…)

Die zweite Szene

Etwas später.

Die Männer packen das Funker-Geraffel aus, der Hauptmann studiert die Karte. Hauptgefreiter Hallhuber (Wolfgang Fierek) kommt von einem ersten Wortwechsel mit dem Diener Karl. Karl begibt sich gerade ins Schloß zurück.

Hallhuber:

Herr Hauptmann.

Kolk:

Was?

Hallhuber:

Der Kerl dort behauptet, das Schloß sei voller Flüchtlinge.

Alles Frauen .. und uralter Adel..

Und ihre Durchlaucht, diese Fürstin von Wetterstein empfängt erst um fünf Uhr. Zum Tee.

Kolk, ironisch amüsiert:

Fürstin Wetterstein?

Zum Tee?

Hähä

Dann machen se sich mal hoffähig, Hallhuber!

Schnitt auf Hallhuber. Tja. Viel ist da nicht zu retten. An ihm ist nicht ein sauberer Knopf. Er blickt an sich herab, klopft sein Halstuch aus. Wolken von Staub steigen gen Himmel. Hallhuber scheint mit seinen Bemühungen zufrieden. Er grinst, als wäre er jetzt blitzeblank.

Kolk:

Wir machen auf jeden Fall im Schloß hier Quartier. Hier.

Obergefreiter!

Obergefreiter (Heino Ferch):

Herr Hauptmann?

Kolk:

Sie richten sich im Schloß ein und stellen Funkkontakt zum Batallion her.

Obergefreiter:

Jawoll Herr Hauptmann.

Kolk:

Ich will Oberstleutnant Dörr sprechen.

Obergefreiter:

Oberstleutnant Dörr, jawoll.

Der Obergefreite schleppt sein Funkergeraffel Richtung Schloßtreppe.

Inzwischen beschwert sich die junge Fürstin in Marienbad bei der Heeresleitung. Das heißt, sie will sich beschweren. Leider ist keiner mehr da. Der Stab hat sich komplett abgesetzt.

(…)


Das Militär besetzt das Schloß. Wie die wilden Affen schnüffeln sie überall herum, fassen alles an, machen sich breit, glotzen in der Hauskapelle in den Tabernakel, begutachten in der Küche die Ostarbeiterinnen auf Beischlaftauglichkeit. Ganina und Jadwiga dürfen ihre Ehre vorerst behalten – vielleicht gibt’s Disziplinarstrafe vom Hauptmann. Aber Eier trinken die Soldaten augenblicklich roh aus, dass ihnen das Eiklar vom Maule rinnt und sich mit dem Dreck auf ihren Uniformen zu einem ekligen Vernis mischt.

Die Funker verzwirbeln inzwischen Kilometer von Funkkabel in den hochherrschaftlichen Jagdtrophäen vulgo Hirschgeweihen, deren Stangenwälder die Flure schmücken.

Hauptmann Kolk und Hallhuber endlich werden bei unseren Damen vorstellig. Pünktlich zum Five o clock Tea.

Kaffee mögen die Damen nicht. Keine einzige. Man umgeht stilvoll das Nichtvorhandensein von Kaffee. Aus silberner Queen Anne Zuckerdose gibt Diener Karl formvollendet Luftzucker in die Teetassen. Luftzucker? Luftzucker ist aus Luft. Die Damen denken gar nicht daran, materiellen Mangel zuzulassen, sie ignorieren ihn einfach. Mit Contenance. – und guten Manieren. Grafin Posadowsky erhellt die Runde mit ihrem zauberhaften Klavierkaraoke-Chopin.

Die dritte Szene

Die Herren Kolk und Hallhuber stampfen in grüner Wehrmachtsuniform in den Salon, reissen die Mützen von den Köpfen.

Kolk: Hauptmann Kolk.

Deutet auf Hallhuber:

Mein Adjutnant, Oberfeldwebel Hallhuber.

Hallhuber korrigiert:

Hauptfeldwebel Hallhuber.

Kolk:

Bitte um Entschuldigung für diese Ruhestörung. Der Krieg – meine Damen.

Die Damen sind indigniert.

Fürstin Ursela:

Ihre Leute machen sich im ganzen Schloß breit, stöbern überall herum. (…)

Gräfin Hohenlohe:

Was wollen sie eigentlich hier sie wollen doch nicht etwa das Schloß verteidigen?

Die Schweinitz:

Wir wollen nämlich gar nicht verteidigt werden. (…)

Hauptmann Kolk übt hier die oberste Polizei- und Militärgewalt aus. Beschwerde nützt nix.

Kaffee oder Tee werden angeboten, Luftkaffee und Luftzucker. Der Hauptmann glaubt, er sei unter Irre geraten. Bleich, mit dunklen Schatten um die Augen, rabenschwarzem Fü hre r scheitel und glühenden Kohlenaugen sieht er selbst aus wie ein Irrer. Eine der Damen will schlesische Lotterie mit ihm spielen. Ne. Er will nicht

Er stolpert davon.

Hallhuber vermittelt. Er ist ja auch viel charmanter als der Hauptmann. Ausserdem hat er sich soeben in die Krankenschwester Milka Piontek und die Milka Piontek in ihn verguckt. Er is aber auch ein fesches Mannsbild mit seinem bayerischen Charme und der gänzlichen Abwesenheit von kruppstählerner Na z iverbohrtheit.

Es handelt sich ja nur um ein Paar Tage Quartier, sie verstehen, die Leute brauchen einfach ein bisschen Ruhe.

Wissen´s einfach: Ruhe.

Bitte nehmen Sie Platz- er darf sich setzen. (…)

Fürstin Ursela:

Was wollen Sie mit den vielen Waffen? Damit riskieren sie doch nur die Zerstörung des Schlosses.

Baronin Schweinítz

Wenn ich wüsste, dass alle Opfer nicht sinnlos wären.

Hauptmann Kolk nimmt unaufgefordert ebenfalls Platz:

Unsere Feinde haben das ganze Reich zerstört. Duzende, ach was, hunderte solcher Schloesser undzwar schönere und kostbarere als dieses….

Gräfin Hohenlohe:

Schöne Logik, dann kommt s auf dieses hier wohl auch nicht mehr an.

Hallhuber vermittelt wieder:

Wir ziehen ja sowieso weiter, in die Alpenfestung.

Jo und wie g´s agt es is nur zwengs der Ruhe.

Hohenlohe:

Aber die Russen stehen doch schon vor der Tür.

Hallhuber beugt sich vor. Hinter vorgehaltener Hand:

Bitte sangs des nicht so laut.

Die Fürstin:

Ich hab´s doch gesagt. Es geht dem Ende zu.

Mesdames et Messieurs - heute Abend feiere ich meinen achtzigsten Geburtstag und Sie alle sind dazu herzlich eingeladen.

Schnitt.

1988 – 89 Heino Ferch (im Alter von 25) – Obergefreiter (Funker), Wolfgang Fierek – Franz Hallhuber (der Fahrer), Wolfgang Greese – Diener Karl, Jockel Tschiersch … Hauptmann Kolk, Camilla Horn – Fürstin Großmutter von Wetterstein , Dietlinde Turban (die nachmalige Gattin von Lorin Mazeel) - Fürstin Ursela von Wetterstein, Marianne Hoppe – Gräfin Hohenlohe , Carola Höhn – Gräfin Dohna , Rose Renée Roth – Gräfin Posadowsky , Ortrud von der Recke – Gräfin Woronzow , Fee von Reichlin – Baronin Schweinitz , Marika Rökk – Freifrau von Boehme , Anja Kruse … Milka Piontek

Wolfgang Fierek bei Thorsten Otto Audiofeature->

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Kommentar 1:

Ja, so hat er angefangen, unser Hauptdarsteller. Er besetzt den vierten Platz im Jeep. Der Funker. Noch hat er ja keinen Text. Aber er darf noch. Jawoll! zum Beispiel oder : Hier ist eine wichtige Nachricht für... ja, ja, tatsächlich, da wird nichts geschenkt. Noch kein Close up. Nix. In zähem Ringen dient man sich über die Jahre durch alle Film-Militärränge hoch bis zum Dreisterne-General (Philipp Turner) und Reichsminister (Speer).

Kommentar 2:

Die Rolle unseres Helden ist hier noch klein, die Wirkung der Projektteilnahme u.E. groß. Es sieht so aus, als wären hier Bilder verinnerlicht worden, die sich in späteren Rollen wieder finden.

Zuuum Beispiel: 1. Das Hauptfigurenduo hier ist ein Hauptmann und sein Adjutant, zwei Militärpersonen. Dieselbe Konstellation finden wir wieder in Napoléon, ein paar Ränge höher. Hier Hauptmann, dort Napoléon, militärischer Staatsführer und sein Adjutant, hier Hallhuber, dort der Großstallmeister Caulaincourt.

2. Die Damen sind alle uralter Adel und ihr Benehmen ist entsprechend. Hauptmaximen sind Stil und gute Manieren. Genau diese beiden Eigenschaften reklamiert Caulaincourt für sein Vorgehen, als er – in identischer Situation wie das Militär hier in Schloß Königswald – das Schloß des Dauphin entern soll. ..und, fragt man ihn, und wie wollen Sie das machen? Antwort: Mit Stil und guten Manieren. Imaginieren wir ein Fortschreiben der Figuren über die Projekte hinweg, könnte man sagen, die Figur hat die in Schloß Königswald beobachteten Eigenschaften adliger Tugenden Stil und gutes Benehmen in die Figur Caulaincourt hineingetragen.

3. Eigener Aussage nach studierte hf das Benehmen einer Grande Dame, einer Diva für seine Rolle des Hermes Aphroditus an … einer der Grand Dames der Schauspielkunst, die hier in Schloß Königswald dabei ist: an Marianne Hoppe.

4. Die junge Fürstin Ursela ist, wie wir sofort am Anfang sehen, eine hervorragende Jagdreiterin, ein Sport des Adels und der oberen Gesellschaftsschichten. Einen ähnlichen Ritt im Jagdgalopp – sogar ebenfalls auf einem Schimmel – finden wir wieder in: Marlene. Carl von Seidlitz, Marlenes Geliebter, ist bei der Kavallerie. Und – sein Haus, ein Palast, ähnelt sehr Schloß Wetterstein. Imaginieren wir wieder über die Projektgrenzen weiter eine figurenübergreifende Erzählung: ist unser Held (hf ) hier Gast, dort bereits Besitzer.

5. Der Krieg ist aus – die Amerikaner kommen, mit Schokolade, Kaugummi und Jazzmusik. Diesen ganzen Handlungsblock finden wir wieder in Deutschlandlied.

6. Hauptmann Kolk möchte doch so gerne noch im letzten Moment seinen Orden, das Ri tt er kreuz, der Funker soll danach fragen. Heute läßt er unseren Funker danach bei der Heeresleitung nachfragen, viel später erhält eine andere Figur, die unser Hauptdarsteller verkörpern wird, tatsächlich einen Orden: General Philipp Turner darf den Orden aus der Hand des Präsidenten entgegennehmen.

7. Der Adjutant in Königswald verliebt sich in die Polin Milka, eine kleine, leichte Liebesgeschichte.. Der Adjutant in Napoléon verliebt sich auch in eine Polin, in die Gräfin Maria Walewska, hier ist das Handlungsmotiv Verliebtheit ganz zart im Subtext angedeutet.

8. Vergleicht man nur die Bilder und Situationen und läßt den Genrewechsel Komödie- Tragödie einen Moment hintan stehen, so finden sich tatsächlich auch Parallelen zu Der Untergang. Zeit: in beiden Fällen die letzten Stunden des zweiten Weltkrieges. Situation: In beiden Fällen sind die Russen bereits ganz nah. In beiden Fällen sind die Protagonisten in einer "Burg" hier Schloß , dort Bunker, eingeschlossen. In beiden Fällen ist der Rangoberste der Situation H itl e r, hier eine Hi tl erparodie,- Hauptmann Kolk sieht Hi tle r, besonders dessen irrsinnigem Wüten, sehr ähnlich.


9. Tja, und sogar bis ins Jahr 2009 zu unserer Krupp-Familie führt eine (DNS-) Spur. Die Fürstin Wetterstein äußert sich reichlich indigniert von den Ereignissen darüber, wen sie aufgrund ihrer hohen gesellschaftlichen Stellung auf ihrem Schloß schon alles an Fürsten und Hoheiten und Würdenträgern begrüßt hat. ...und Krupp? Bertha Krupp, die Stahlfürstin äußert sich an ihrem Stammort, einem Gebäude, das jedem Großschloß die Ehre geben könnte, sehr verärgert und indigniert darüber, welche Fürsten, Hoheiten, Kardinäle und sonstige Würdenträger sie schon alle hier augrund ihrer hohen gesellschaftlichen Stellung begrüßt hatte...Übereinstimmungen: Ort (Stammsitz) , Seelenlage (Verärgerung), Position der Sprecherin (Fürstin, Stahlfürstin) Alter der Sprecherin (alt, am Lebensabend) und Text. (Begrüßung hoher Würdenträger in der Vergangenheit aufgrund ihrer wichtigen Stellung in der Gesellschaft). ..ja, das ist ja... das hieße doch....ja, ja, das hieße doch, dass der Drehbuchautor von Krupp ...sehr genau über hfs Projekte Bescheid weiss. ... oder....alles nur ein schier unglaublicher Zufall ist.....???

10. Gleich am Anfang des Films sehen wir fünf der Damen im Nonnenschleier. (Grund: Man überlegt sich, ob man sich vor den Russen als Nonnen verkleiden soll. ) ..den Nonnen im Schleier werden wir wiederbegegnen. 2010 in Vision – aus dem Leben der Heiligen Hildegard von Bingen.

11. Die wichtige Nachricht. Die wichtige Nachricht, die Obergefreiter Funker hier überbringen muss, enthält nichts Gutes. In seiner Rolle als Adjutant des Kaisers Napoléon hat hf wieder eine wichtige Nachricht zu überbringen, und auch dieses Mal enthält sie nichts Gutes. Der Bruder des Kaisers hat seinen Platz im Kampf verlassen und ist geflohen. Der Vergleich dieser beiden Szenen zeigt eine schauspielerische learning curve, die so steil ist, dass man beim Hochsehen eine Nackenstarre bekommt.

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..sehen Sie unsere Damen im Dienste der Berichterstattung zum Film, wie immer dicht hinter den Helden her...




Donnerstag, Juni 25, 2009

Filmszenen I … wir fahr´n ja…in: Neues Deutschland (1993): Heilige Kühe. Allegorische Groteske Teil 1B. R: Uwe Janson 1992-93 nach Theaterstück

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…die Strafe ist: Der Tod!…in: Neues Deutschland (1993): Heilige Kühe – Allegorische Politgroteske. Teil 1B. Regie: Uwe Janson 1992-93

Der Kurzfilm Heilige Kühe ist die Filmversion des Theaterstückes Die Heiligen Kühe von Oliver Czeslik.

Foto Oliver Czeslik und Uwe Janson (rechts) im Jahr 2009

Verschlüsselung:

Im folgenden werden viele problematische Begriffe genannt werden. Über Google Suchanfragen würde die Nennung dieser Begriffe zu Besuchen einer Klientel bei uns führen, die wir hier nicht begrüßen wollen. Wir verschlüsseln die Begriffe, damit der Google Crawler sie nicht katalogisiert. Die Verschlüsselung ist einfach. Das problematische Wort wird jeweils rückwärts - sträwkcür geschrieben.

Die Szene – Fortsetzung

Sie richtet sich auf, ihre blonde Haarflut fliegt hinter ihren Kopf. Sie lacht übermütig.

Blick durch die Videokamera.

Ulli im Fadenkreuz. Carl Clementi verfolgt ihre Bewegungen.

Lautes Klicken hinter Clementi. Klingt wie das Entsichern einer Waffe. Clementi reisst die Kamera herum und richtet sie auf den Hunter.

Blick durch die Optik. Hunter hat sich die M ünd un g einer Pi sto le in den Mund geschoben und glotzt mit großen irren Augen in die Kameralinse.

Schnitt.

Clementi´s Fuß. Eine Fuß –lessef schließt sich gerade um den Knöchel. Clementi nimmt die Kamera vom Auge. Er ist verwundert, aber noch immer unbesorgt. Lächelt Ulli an.

Was ist denn das?

Ulli:

Du willst doch ne elieg Story?

Schnitt auf den Hunter. Der hat bereits eine Kamera auf einem Stativ montiert. Ohne Baseball-Cap in seiner schwarzen Jacke mit dem akkurat zurückgekämmten Haar sieht er plötzlich halbwegs zivilisiert aus.












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Er blickt durch das Okular auf Clementi.

Hebt den Daumen:

O.K.!

Clementi setzt sich ganz entspannt auf irgendwelchen Krempel am Boden. Er trägt immer noch Mütze, offenen Mantel, darunter eine Fotoreporter-Weste mit tausend aufgesetzten Taschen (für Filmmaterial). Rollkragenpullover. Es ist kalt. So kalt, dass man den Atem sieht.

Ulli flätzt sich neben ihn. Clementi denkt kurz, dann fängt er an. Selbstvorstellung für die Kamera:

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Ich bin … Dokumentarfilmer.

Schnitt auf den Hunter – Gero von Wilfenstein, wie wir später erfahren.

Von Wilfenstein sieht in die Kamaraoptik, hebt dann den Kopf und blickt zu Clementi hinüber. Aufmunterung, Interesse: Clementi soll weiter reden.

Irgendwie wirkt von Wilfenstein auf den zweiten Blick wie ein paranoider wilder Irrer. Sein Gesichtsausdruck lässt hinter dem Lächeln so etwas wie fühlen wie Tsul, zuzubeissen. Vorfreude auf den Biss. Wenn er die Zähne zeigt, hat er etwas Hai-artiges.

Clementi:

Ich bin als Linker bekannt. …ich weiss allerdings nicht mehr, was das ist, ein Linker.

Von Wilfenstein, lächelt sein Hai-Lächeln:

Was für Filme machst Du denn?

Clementi.

Ich habe Filme über Arbeiter, Ausländer, Ausbeuter, SDIA-Kranke gemacht.

Ulli zückt ein Feuerzeug und lässt die Flamme hinter Clementis Kopf mit der bekannten wie all love you- Geste hin- und herwandern.

Ich habe allerdings beinahe aufgegeben, als ich einen Film über junge Unternehmer recherchierte.

Ulli:

Und warum?

Clementi

Ach…er zögert….die konsumierten, als gelte es, die Bedürfnisse nicht nur zu befriedigen, sondern sie auszurotten.

Schitt auf Wilfenstein. Der lässt die Kamera laufen, ohne durch die Optik zu sehen: Beobachtet Clementi interessiert. Wilfensteins bläulich weissbleiches Gesicht, die Art, wie er kurz schnieft, die scheinbar leicht schielenden Augen, die Zornfalte zwischen den Brauen, seine Adlernase – Gesichtszüge, die alle irgendwie nicht richtig zusammenstimmen, all das wirkt beunruhigend gefährlich.

Clementi:

…trotzdem… kann ich den Gedanken der menschlichen Emanzipation nicht aufgeben.

Clementi lächelt, als wäre er sicher, verstanden worden zu sein. Unter Gleichgesinnten zu sein. Er wartet ein wenig auf die Wirkung seiner Worte.

Ulli zündet sich eine Zigarette an.

Plötzlich ein dumpfes Krachen, ein Stoß. Der Stoß wiederholt sich. Clement nah. Er lauscht. Versteht:

Wir fahren ja!

Er ist leicht überrascht, ein wenig ängstlich. Jetzt fragt er doch nach:

Wieso fahrn wir denn?

Keine Antwort.

Eine Fahrt in die Hölle beginnt.

Schnitt.

1992 – 1993 – Heino Ferch (im Alter von 29) – ( Der Hunter) Gero von Wilfenstein, Ulrich Mühe – Carl Clementi (Der Filmer), die nachmalige Gertrud-Eysoldt-Ringträgerin Dörte Lyssewski – Ulli.

Kommentar:

Der Film enthält auf die Zeit um 1993 bezogene Anspielungen, die heute, 2009, bereits erklärt werden müssen.

Mit Neues Deutschland ist eine Anspielung auf die ehcsitsinummok Tageszeitung gemeint, die sich selbst als anti- hcsitsihcsaf sieht. Ulli enthüllt Clementi gegenüber ihre Identität als Mitarbeiterin der Zeitschrift Rempo. Gemeint ist damit die Zeitschrift Tempo. Großes Aufsehen erregte die Zeitschrift Tempo mit einer gefälschten Ausgabe der Zeitung Neues Deutschland, die 1988 in Ost-Berlin kostenlos verteilt wurde.

- -

offtopic

Wir wissen nicht, welchen Charakter HF in der Jerry Cotton Verfilmung mit Christian Tramitz und Christian Ulmen spielen wird. Was wir wissen, ist der Name der Figur. Klaus Schmidt. Na und? Klaus Schmidt. Giepswahrscheinlichnemillion. Vielleich. Aber wer kennen ja die Vorliebe für sprechende Namen. hf war Heinrich Schliemann , hf ist Klaus Schmidt. Klaus Schmidt ist der Ausgrabungsleiter der Goebekli Tepe Grabung in der Türkei, die seit 1995 die ältesten Mauern, Großskulpturen und Bilderfriese der Welt ausgräbt..... (;-))

Sonntag, Juni 21, 2009

Filmszenen I ...die Strafe ist: Der Tod. ... in: Neues Deutschland (1993): Heilige Kühe. Allegorische Politgroteske Teil 1. Regie: Uwe Janson 1992-93



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...die Strafe ist: Der Tod!...in: Neues Deutschland (1993): Heilige Kühe - Allegorische Politgroteske. Teil 1. Regie: Uwe Janson 1992-93

Neues Deutschland (1993) ist eine Kompilation von Kurzfilmen, Short Cuts, die mit unterschiedlichsten stilistischen Ansätzen Anmerkungen zur Lage der Nation Deutschland im Jahr 1993 machen.

Ein Vorgängerprojekt ist Deutschland im Herbst (1978), ebenfalls eine gesellschaftskritische Momentaufnahme. Die (Autoren-/)Regisseure damals waren u.a.:

Heinrich Böll, Rainer Werner Fassbinder , Alexander Kluge, Bernhard Sinkel, Edgar Reitz und Volker Schlöndorff.

Auch im Jahr 2009 entstand eine Kompilation von Short Cuts unter dem Namen:

Deutschland 09 - 13 kurze Filme zur Lage der Nation

Die homepage des Films: http://deutschland09-der-film.de/landingpage/

Auch dieses Mal melden sich stil- und themenführende Regisseure zu Wort, u. a.

Tom Tykwer (Segment "Feierlich reist") , Fatih Akin (Segment "Der Name Murat Kurnaz") Wolfgang Becker (Segment "Krankes Haus") Dominik Graf (Segment "Der Weg, den wir nicht zusammen gehen") Nicolette Krebitz (Segment "Die Unvollendete") Dani Levy (Segment "Joshua") Angela Schanelec (Segment "Erster Tag") Hans Steinbichler (Segment "Fraktur")

Dany Levi steuerte 1993 und 2009 je einen Short Cut bei.

Stilistisch am ähnlichsten, also Grotesken, sind in Deutschland 09 die Beiträge von Dani Levy und vor allem der Beitrag von Wolfgang Becker. Dessen Eröffnungsbild mit einer Paraphrase auf Rembrandts Bild aus dem 17. Jh. „Die Anatomie des Doktor Tulp“ bereits darauf hinweist, dass metaphorisch zu interpretieren ist. Auch die Operationssituation ähnelt am stärksten dem Segment Heilige Kühe aus Neues Deutschland. (1993)

Segment Heilige Kühe:

Unter der Regie von Uwe Janson vor der Kamera von Jürgen Jürges und Hagen Bogdanski spielen Ulrich Muehe, Dörte Lyssewski und Heino Ferch eine allegorisch zu verstehende Politgroteske namens Heilige Kühe. Die Handlungen der Figuren sind metaphorisch-allegorisch als gesellschaftskritische Aussagen zu interpretieren.

Die grotesk krass satirisch überzogenen szenarischen Demonstrationen faschistischer Verhaltensweisen (durch die Karikaturen eines Neonazi-Parteigründers, Naziarztes, Naziobersts, Nazi-Volksgerichtshof-Vorsitzenden) in der Täter-Opfer-Konfrontation (Ulrich Muehe als das Opfer, der Dokumentarfilmer Carl Clementi) ist durch schockierende Demonstration Fas ch ism us- und Rechts ra dikal ismuskritik.



Neues Deutschland Heilige Kühe Teil 1A

Die Szene

Fadenkreuz. Subjektive Kamera. Jemand blickt durch ein Okular. Wir sehen, was er sieht. Ein Bahngleis. Einen Verlassener Bahnhof.

Schnitt. Eine junge Frau mit raspelkurz geschnittenem braunem Haar, Rockerlederjacke und fetten schwarzen Lederhandschuhen liegt irgendwo erhöht auf Ausguck, sie hat ein Fernglas visierbereit in den Händen.

Schnitt.

Blick vom Standpunkt der Frau aus. Wir sehen Teile eines Waggondaches, die Position der jungen Frau ist also auf einem Zug.

Unten laufen zwei Männer auf einem Gleis. Der erste geht rückwärts, der zweite filmt ihn offensichtlich. Der Rückwärtsgeher stolpert über etwas, geht dennoch weiter. Er trägt einen Metallkoffer und ein Stativ.

Blick durch die Kamera des zweiten Mannes. Schwenk auf das Gleis. Der Anlaß des Stolperns: in den Gleisen liegt eine zerbrochene n a ck te Kinderpuppe. Sie streckt uns ihren einzigen Arm entgegen. Das Fadenkreuz im Bildausschnitt der subjektiven Kamera schwenkt auf die verlassenen Gebäude. Station Börnicke lesen wir.

Schnitt. Die beiden Männer nah. Der erste wirkt wie ein amerikanischer Hunter. Baseball-Cap, Pilotensonnenbrille, enges Hawaiihemd, darunter langärmeliges T-Shirt, paramilitärische Outdoor-Hosen, Stiefel, ebenfalls schwarze Handschuhe. Zum Filmer:

Hier treffen wir uns immer. Eine ideale Stellung.

Die beiden haben einen Güterwaggon erreicht. Die Tür steht offen. Der Hunter platziert den Metallkoffer im Waggon.

Was von Land gegen uns vorrückt, wird be-feuert.

Schnitt auf den Filmer. Der ist unauffällig zurückhaltend angezogen, dunkle Mütze, langer dunkler Mantel, er hält eine Videokamera ans Auge gepresst.

Wer soll da komm`?

Na der Feind!

Ironisch…natürlich.

Schnitt.

Im Waggon.

Der Filmer:

Ich arbeite gern mit Video. Is unkompliziert, man kann improvisieren.

Der Hunter:

Mach doch ma an, das Ding.

Er gibt dem Filmer seine Videokamera.

Wir blicken durch die Optik, die Kamera schwenkt über Müll im Waggon.

Der Hunter holt die Aufmerksamkeit zu sich. Er trägt auf einmal eine Baseballjacke über seinem Hemd. Hinter ihm eine riesige Tafel, wir entziffern

Von Osten ..Wehrmachtsangehör… den sich …

Hey hierhier!

Der Hunter deutet auf sich.

Der Sucher folgt der Aufforderung.

Der Filmer:

Jetzt biste drin…

Der Hunter nah. Er holt Luft.

Kamerad!

Brüllt er unvermittelt.

Sofort droppt ein paar Sprin gerst ie fe l mit weissen Schn ü rs enk el n von der Decke.

Der Hunter ist entzückt. Von den St ie feln.

(…)

Blick nach oben zur Besitzerin der S t ie fe l . Oben ist eine kreisrunde Öffnung im Waggondach.

….die Sti ef el i d yll e.

(…)

Die junge Frau, Motorrad le d e rj ack e, Sch ott en ro ck, lässt sich in den Waggon herunterschwingen.

Nach einiger Schaukelei springt sie herunter. Ihre Stiefel knallen auf dem Waggonboden.

Hunter sofort: Das is Ulli.

Wir sehen den Hunter und Ulli durch die Filmeroptik.

Der Hunter und Ulli gehen auf Schulterschluss.

Hunter:

Ein tr euer Ka me r ad.

Der Filmer zu beiden

Hallo.

Ulli drückt dem Mann die Kamera weg.

Erst die Kohle..

Hunter, er lehnt an der Waggonwand:

Fünf Blaue.

Der Filmer muss lachen. Ist doch ein wenig teuer.

Ulli, aggressiv:

Nawasisss?

Der Filmer gräbt in seiner Westentasche, findet Scheine:

Also..etwa zweihundert, mehr hab´ich nich´dabei..

Ulli beisst sich ihren schwarzen Mö rd er ha ndsch uh von den Fingern, grabscht das Geld.

Knurrt

Mhm.

Auf einmal hat sie eine offene Bierdose in der Hand.

Sie steckt das Geld weg. Militärisch:

Auf ..gute. – Zusammenarbeit.

Sie streckt dem Filmer die Dose hin.

Der nimmt sie mit leise ironischem Unterton an.

Prost.

Er nimmt einen wönzigen Schlock.

Hunter, lacht: Krieg verbindet eben.

Ulli:

Und jetzt – spielen wir – INTERVIEW.

Sie stemmt die Fäuste in die Taille.

Der Filmer filmt. Fragt:

Wieso spielen?

Ulli im Fadenkreuz, grinst breit:

Keine Angst!

Fletscht die Zähne.

..wirkt ganz authentisch.

Wir sehen durch die Optik, dass sie sich vor uns zu verbeugen scheint.

Der Filmer senkt die Kamera, behält Ulli im Ausschnitt.

Ulli greift sich in ihr raspelkurzes braunes Igelstachelhaar, zieht –

Ihre Haare vom Kopf, darunter quillt ein Wasserfall dicken blonden Langhaares aus der Perücke. Ulli richtet sich wieder auf –

Und ist ein entzückendes junges Mädchen. Charmant und unschuldig.

t.b.c. soon

1992 – 1993 – Heino Ferch (im Alter von 29) – ( Der Hunter) Gero von Wilfenstein, Ulrich Mühe – Carl Clementi (Der Filmer), die nachmalige Gertrud-Eysoldt-Ringträgerin Dörte Lyssewski – Ulli.


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offtopic : Schliemänner in Tunneln - Lengede live - noch 1 Woche auf arte.tv:

http://plus7.arte.tv/de/detailPage/1697660,CmC=2705552,scheduleId=2665888.html

Der Gotthart-Tunnel.

http://plus7.arte.tv/de/detailPage/1697660,CmC=2707840,scheduleId=2665966.html

Hochalpenbahn Kleine Scheidegg und Tunnel durch Eiger und Jungfrau. Unglaublich. Sehenswert.


Filmszenen I ...Man hat halt oft so eine Sehnsucht in sich ..in: Kasimir und Karoline. Teil 3 Schluss. Autor: Ödön von Horváth, 1929-32



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Vor der Szene


Der Merkl Franz ist auf dem Parkplatz in ein Auto eingebrochen. Kasimir hat sich inzwischen dem Franz seiner Erna angenähert. Speer und Schürzinger mussten dem Kommerzienrat Rauch bei der Karoline das Feld räumen. Rauch ist der Mächtigste, deswegen bekommt er das Fräulein. Die anderen beiden haben das Nachsehen. Rauch lädt Karoline zu einer Spazierfahrt nach Altötting mit seinem Automobil ein.

Die Szene

95. Szene

Karoline Das ist doch da ein Austro-Daimler?

Rauch Erraten! Bravo!

Karoline Mein ehemaliger Bräutigam hat auch einen Austro-Daimler gefahren. Er war nämlich ein Chauffeur. Ein komischer Mensch. Zum Beispiel vor drei Monaten da wollten wir zwei eine Spritztour machen hinaus in das Grüne – und da hat er einen Riesenkrach mit einem Kutscher bekommen, weil der seinen Gaul geprügelt hat. Denkens, wegen einem Gaul! Und dabei ist er selbst doch ein Chauffeur. Man muß das schon zu würdigen wissen.

Rauch hatte endlich seinen Schlüssel gefunden und öffnet nun die Wagentüre: Darf man bitten, Gnädigste –

96. Szene

Kasimir kommt mit Erna wieder vorbei; er erblickt Karoline – sie erkennen und fixieren sich.

97. Szene

Karoline läßt Rauch stehen und hält dicht vor Kasimir: Lebe wohl, Kasimir.

Kasimir Lebe wohl.

Karoline Ja. Und viel Glück.

Kasimir Prost.

Stille.

Karoline Ich fahre jetzt nach Altötting.

Kasimir Mahlzeit.

Stille.

Das ist ein schönes Kabriolet dort. Akkurat so ein ähnliches bin ich auch einmal gefahren. Noch vorgestern.

Rauch Darf man bitten, Gnädigste! Karoline läßt Kasimir langsam stehen und steigt mit Rauch ein – und bald ist kein Kabriolet mehr zu sehen.

98. Szene

Kasimir sieht dem verschwundenen Kabriolet nach; er imitiert Rauch: Darf man bitten, GnädigsteDunkel.

(…)

109. Szene

Neuer Schauplatz: Wieder auf dem Parkplatz, aber an einer anderen Stelle, dort wo die Fahnen der Ausstellung schon sichtbar werden.

Kasimir und Erna gehen noch immer auf und ab – plötzlich hält Kasimir. Und Erna auch.

110. Szene

Kasimir Wo steckt denn Der Merkl?

Erna Der wird schon irgendwo stecken.

Stille.

Kasimir Und wo das Fräulein Karoline jetzt steckt, das ist mir wurscht.

Erna Nein das wäre keine Frau für Sie. Ich habe mir dafür einen Blick erworben.

Kasimir So ein Weib ist ein Auto, bei dem nichts richtig funktioniert – immer gehört es repariert. Das Benzin ist das Blut und der Magnet das Herz – und wenn der Funke zu schwach ist, entsteht eine Fehlzündung – und wenn zuviel Öl drin ist, dann raucht er und stinkt er –

Erna Was Sie für eine Phantasie haben. Das haben nämlich nur wenige Männer. Zum Beispiel Der Merkl hat keine. Überhaupt haben Sie schon sehr recht, wenn Sie das sagen, daß Der Merkl mich ungerecht behandelt – Nein! Das laß ich mir auch nicht weiter bieten

Sie schreit plötzlich unterdrückt auf. Jesus Maria Josef! Merkl! Franz! Jesus Maria – Sie hält sich selbst den Mund zu und wimmert.

Kasimir Was ist denn los?

Erna Dort – sie haben ihn. Franz! Sehens die beiden Kriminaler – Verzeih mir das, Franz! – Nein, ich schimpfe nicht, ich schimpfe nicht –

Stille.

Kasimir An allem ist nur dieses Luder schuld. Diese Schnallen. Dieses Fräulein Karoline!

Erna Er wehrt sich garnicht – geht einfach mit – Sie setzt sich auf die Bank. Den seh ich nimmer.

Kasimir Geh den werdens doch nicht gleich hinrichten!

Erna Das kommt auf dasselbe hinaus. Weil er doch schon oft vorbestraft ist – da hauns ihm jetzt fünf Jahr Zuchthaus hinauf wie nichts – und dann kommt er nicht mehr heraus, weil er sich ja während seiner Vorstrafen schon längst eine Tuberkulose geholt hat – Der kommt nicht mehr heraus!

Stille.

Kasimir Sind Sie auch vorbestraft?

Erna Ja.

Kasimir setzt sich neben Erna.

Stille.

Was glauben Sie, wie alt daß ich bin?

Kasimir Fünfundzwanzig.

Erna Zwanzig.

Kasimir Wir sind halt heutzutag alle älter als wie wir sind.

(…)

114. Szene

Karoline vor sich hin:

Man hat halt oft so eine Sehnsucht in sich – aber dann kehrt man zurück mit gebrochenen Flügeln und das Leben geht weiter, als war man nie dabei gewesen –

(…)

117. Szene – Schluß:

Erna singt leise – und auch Kasimir singt allmählich mit:

Und blühen einmal die Rosen
Wird das Herz nicht mehr trüb
Denn die Rosenzeit ist ja
Die Zeit für die Lieb

Jedes Jahr kommt der Frühling
Ist der Winter vorbei
Nur der Mensch hat alleinig
Einen einzigen Mai.

Zit. n. http://gutenberg.spiegel.de/?id=5&xid=4981&kapitel=2&cHash=2cddbe6a0a2#gb_found

1992 - Heino Ferch - Kasimir (ungesichert), - Erna. Inszenierung: Lore Stefanek

Der Autor des Stückes:

Ödön von Horváth: Edmund Joseph von Horváth

Edmund Josef von Horváth wurde am 9. Dezember 1901 in Fiume (Rijeka) geboren; er starb am 1. Juni 1938 in Paris.

Der Vater stammt aus Slavonien, die Mutter kommt aus einer ungarisch-deutschen k.u.k. Militärarztfamilie. 1902 zieht die Familie nach Belgrad um, 1908 nach Budapest, wo Ödön von einem Hauslehrer in ungarischer Sprache unterrichtet wird. Als sein Vater 1909 nach München versetzt wird, bleibt Ödön in Budapest und besucht dort das erzbischöfliche Internat. 1913 zieht er zu seinen Eltern und lernt erstmals die deutsche Sprache. Er siedelt dann mit der Familie nach Pressburg, später nach Budapest um und kommt schließlich nach Wien in die Obhut seines Onkels. Dort macht er 1919 an einem Privatgymnasium Abitur und schreibt sich noch im selben Jahr an der Universität München ein, wo er bis zum Wintersemester 1921/22 psychologische, literatur-, theater- und kunstwissenschaftliche Seminare besucht.

Horváth beginnt 1920 zu schreiben. Ab 1923 lebt er vor allem in Berlin, Salzburg und bei seinen Eltern im oberbayrischen Murnau.

Im März 1938 fährt Horvath nach Budapest und Fiume, bereist einige andere Städte und kommt Ende Mai nach Paris, wo er am 1. Juni an den Folgen eines Unfalls [– ein herabfallender Ast eines Chausseebaums erschlägt ihn -] stirbt.

Quelle: das Gutenberg-Projekt auf Spiegel-online.de

Sonntag, Juni 14, 2009

Filmszenen I …Waidmanns Dank, Alfried!..in: Krupp – eine Deutsche Familie. Teil 3 Heino Ferch – Gustav Krupp von Bohlen und Halbach. R.: C. Rola, 2008


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…Waidmanns Dank, Alfried!..in: Krupp – eine Deutsche Familie. Teil 3 Heino Ferch – Gustav Krupp von Bohlen und Halbach. Buch: Christian Schnalke. Regie: Carlo Rola, 2008-09

Die Szene


Sommerfrische Schloß Blühnbach.


Sommer, Bergwald, Sonne. Zwei Männer und ein Knabe in österreichischem Jägerloden, Kniebundhosen, Wanderstöcke, Jagdgewehre, ein Vorstehhund. Man ist auf Pirschjagd.


Die Leute nah.


Wir erkennen Gustav und seinen Sohn Alfried. Alfried dürfte etwa fünfzehn Jahre alt sein.


Schnitt. Eine Bergwiese, darüber der Bergwald, ganz oben steiler Fels, Dolomit, Zweieinhalbtausender, man ist am Hochkönig, im Salzburger Land, blitzblauer Himmel.


Auf der Bergwiese steht ein großer Hirsch, mindestens Sechzehnender.


Schnitt.


Wir bei den Jägern. Direkt vor uns Gustav. Er ist dabei, den Hirsch anzuvisieren. Den Wanderstock nutzt er als Anlegestock für ruhiges Zielen.


Er legt an, spannt den Hahn der doppelläufigen Flinte und visiert über Kimme und Korn an.


Sein Sohn steht neben ihm. Wir sehen die fast atemlose Anspannung des Knaben, das ruhig konzentrierte Visieren des Vaters kurz vor dem Schuß.


Gustav hält inne, wirft einen Blick zu seinem Sohn, Aufforderung, die Waffe zu übernehmen. Alfried setzt sich an die Stelle seines Vaters, in genau derselben Position, wie sie der Vater eingerichtet hatte, zielt, Schuß.


Schnitt.


Blick auf die Waldlichtung.


Der Hirsch stand ruhig. Jetzt bricht er wie vom Blitz getroffen zusammen. Die Wucht des Treffers schleudert ihn noch einmal hoch, dann liegt er unbeweglich.


Gustav tritt an seinen Sohn heran, legt ihm die Hand auf die Schulter. Immer noch leise, als wäre die Pirsch noch nicht vorbei:


Sehr gut Alfried.


Gustav übernimmt die Flinte wieder selbst.


Schnitt Totale. Die Jäger begeben sich zur Beute.


Schnitt. Nah. Wir sehen vor uns das Geweih des toten Tieres aufragen. Neuen Enden, also ein Achtzehnender.


Der zweite Jäger, es ist der Chauffeur der Familie, steckt dem toten Tier einen grünen Zweig ins Geäs, Gustav zieht den Hut – eine hergebrachte waidmännische Geste der Ehrerbietung, die den Schöpfer im Geschöpfe ehrt.


Ein zweiter Zweig wird mit dem Schweiß der Trefferstelle benetzt – das Tier ist in die Schulter getroffen: ein Blattschuss.


Der Mann bietet dem Schützen – Alfried – den Zweig am Hut an.


Waidmanns Heil, Alfried!


sagt er.


Der Junge kennt noch nicht die korrekte Antwort. Er sagt


Danke!


Sein Vater souffliert ihm die richtige Grusserwiderung:


Waidmanns Dank!, Alfried.


Die Blicke von Sohn und Vater treffen sich. Wir sehen, dass Gustav stolz und sehr sehr wohlwollend seinem Sohn gegenüber ist. Der Knabe hat zum ersten Mal in seinem Leben als Jäger ein Tier erlegt.


Alfried nimmt nach dem Dank den schweißbenetzten Zweig vom Hut des Jägers. Er darf das Zeichen selbst am Hut tragen.


Der Vater nickt seinem Sohn noch einmal zu, dann setzt auch er seinen Hut wieder auf.


Jetzt ist Alfried kein unschuldiges Kind mehr, jetzt ist er erwachsen, fast ein Mann.


2008 - 2009 Heino Ferch (im Alter von 45) - Gustav Krupp von Bohlen und Halbach, Theo Trebs - Alfried von Bohlen und Halbach


Kommentar:


Die Szene ist dicht mit Symbolik angereichert, angefüllt. Auf der allgemeinen Verständnisebene handelt es sich um eine geglückte Hirschjagd-Szene. Auf der Subtextebene der Figuren Vater – Sohn Krupp handelt es sich um eine symbolische Andeutung von Verantwortungsübergabe und –übernahme des Vaters an den Sohn, zu beziehen auf den Familienkonzern.


Der Vater richtet genau den Schuß ein. - Der Vater hat die Firma in den gegenwärtigen Stand gebracht. Er holt den Sohn heran, damit er den eingerichteten Schuß übernimmt – Der Firmeninhaben holt den Sohn heran, damit er an seine Stelle tritt. Alfried übernimmt Gewehr und Schießstock, zielt – und trifft. Der Firmennachfolger tritt an die Stelle des Firmenvorgängers – und macht seine Aufgabe gut.


Der Junge setzt einen perfekten Schuß, er übernimmt anschließend das Ehrensymbol des grünen Zweiges – er ist initiiert, erwachsen.


Der Firmennachfolger Alfried wird initiiert, eingeweiht. Er lernt den Waidmannsgruß – er lernt den Firmencodex. Zuerst setzt sich der Junge den Hut mit dem Zweig wieder auf - dann erst der Vater. Den Hut tragen bedeutet im symbolischen Sinn, die Führung innehaben. Der Vater bestätigt die Führungsposition des Sohnes für einen Moment, dann übernimmt er selbst wieder, der Junge hat noch zu lernen.



Auf einer weiteren Verständnisebene ergänzt die Szene unser Wissen über die Vater – Sohn – Beziehung. Bisher haben wir nur erfahren, dass Gustav Krupp zeitgemäß streng und autoritär seinem Sohn gegenübertritt. Die Jagdszene entfernt von der Firma in Essen, im Freizeitbereich in Tirol zeigt sozuagen privatere Gefühle des Vaters für seinen Sohn. Stolz, Wohlwollen, wohlwollendes Lehren und schrittweises Einbeziehen in die Welt der Erwachsenen.


Auf einer dritten Mitteilungsebene erzählt die Szene in der symbolischen Übertragung auf die Firmenführung, der Alfried entgegensieht, etwas über den Code of Conduct eines Firmenleiters. Die Jagd wurde sportlich und waidmännisch korrekt durchgeführt, das Tier nicht stumpfsinnig abgeschlachtet. Ehrenhaft und korrekt soll auch Alfrieds Firmenführung werden, wie die des Vaters.

” Handlungskorrekturen” : Vergleich der Jagdszenen in Krupp – eine Deutsche Familie (Regie: Carlo Rola. Rolle Heino Ferch: Gustav Krupp 2008-09) und in Der Unhold (Regie: Volker Schlöndorff, Rolle Heino Ferch: Napolakommandant Raufeisen. 1995-96)

Kommentar:

Produzent Oliver Berben über den dramaturgischen Ansatz von Krupp - eine Deutsche Familie (.mp3)-> Tonquelle: Auszug aus WDR2 Radio zum Mitnehmen Interview mit Oliver Berben (03.03.2009) Moderation: Gisela Steinhauer

Der Blickwinkel "Aus der Familie in die Welt" beinhaltet ein Motto, einen Leitsatz, ein Credo, das von Generation zu Generation weitergegeben wird. Die Dramaturgie des Films hat dafür ein Credo des Deutschen Psychoanalytikers Carl Gustav Jung ausgesucht. Dessen zentraler Leitsatz lautet: Werde, der Du bist!

Im Film wird dieser Satz als Lebensleitsatz in den vier vorgestellten Generationen Fritz-Bertha-Alfried-Arndt paraphrasiert:

Fritz zur jungen Bertha: Mein Vater hat mich als Schwächling verschrien. Wenn ich versucht hätte, die Firma auf seine Weise zu leiten, wäre ich gescheitert. Aber ich habe es auf meine Weise gemacht. (Übersetzt: ich wurde, der ich bin). Bertha zu ihrem erwachsenen Sohn Alfried (Szene, in der das Pferd im Wasserbecken trainiert wird). Du bist kein Lebemann, in dieser Rolle wirst Du versagen. Alfried, Du bist als Krupp perfekt. Dein Blut ist Krupp..(...) Sei, der Du bist! (Übersetzt sagt Bertha zu Alfried: Werde, der Du bist.) Alfried zu seinem Sohn Arndt: Bau Dir Deine eigene Welt, in der DU erfolgreich sein kannst. (Übersetzt: Werde, der Du bist.)

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Nachtrag zu Der Anwalt und sein Gast: Kommentar Christian - a christian. Erst jetzt - Jahre nach der Besprechung - fällt uns auf, dass wir eine wichtige Subtext-Story in Der Anwalt und sein Gast komplett übersehen hatten: Der Anwalt, bzw. sein Schicksal, dass ihm alles, was er liebt, genommen wird, ist eine Paraphrase auf das Buch HIOB des ALTEN TESTAMENTS.

Hiob:

Hiob ist ein verheirateter, wohlhabender Mann, gesegnet mit Kindern und Gesundheit. Da wird er mit Zustimmung von Gott vom Satan geprüft. Hiob wird alles genommen: Besitz, Ansehen, Gesundheit und gar seine Kinder. Hiob hadert mit Gott - wird er trotz dieser scheinbar sinnlosen Ungerechtigkeit an Gott festhalten oder wird er sich von ihm abwenden?

Die Story um Christian Weller ist identisch und läuft auf die identische Frage hinaus: wird er seinen Grundsätzen in Bezug auf seinen Klienten Karmann treu bleiben, oder wird er sich abwenden, wird er schwach? Weller wurde schwach. Die Staatsanwältin am Schluß zu ihm: Jetzt sind Sie kein Guter mehr.



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