Freitag, November 18, 2005

Filmszenen Heino Ferch - Wer hat Angst vor RotGelbBlau? Schluss Porträt Müller ( Heino Ferch ) Regie: Heiko Schier 1990

Wer hat Angst vor RotGelbBlau? Schluss Porträt Müller ( Heino Ferch ) Regie: Heiko Schier 1990

Schlußszene

Vespa: die zweite.

Francis steht im dunkelblauen Business-Kostüm und mit Handtasche an der Uferbalustrade. Wir blicken mit ihr über den glitzernden Fluß auf die Stadtsilhouette am jenseitigen Ufer.

Von hinten tritt jetzt Banuscher an sie heran, im schwarzen Schniegelanzug.

Er sagt: Es tut mir leid.

Francis: Lieber Gott, schick ihn weg.

Banuscher schnippt seine allfällige Zigarette weg, sieht nach Fancis.

Sie geht weg, Stechschritt, straffes Tempo.

Er sagt ihr hinterher: Ich will Dich malen.

Dieser Satz hält sie ruckartig an.

Sie dreht sich um, geht zu ihm zurück und knallt ihm ordentlich eine.
Sein Kopf fliegt zur Seite.

Sie dreht sich sofort wieder in ihre Richtung, läuft die Uferstraße entlang.

Da rattata-töfftöfftöfft Müller auf seiner Vespa heran, Jeansjacke und –hose in in sorglos hell- und himmelblau, bleibt neben ihr stehen.

Francis schreit ihn an: Du auch noch!!

Stiefelt wütend weiter. Er guckt ihr nach.

Sie fährt herum:

Haut doch endlich ab!!!! Verschwindet aus meinem Leben!!! schreit sie und rennt weiter.

Müller bleibt auf seinem Töfftöff sitzen, sieht ihr nach, dann sucht er - Verständnis heischend – Blickkontakt zu Banuscher.

Schnitt.

An der Balustrade. Banuscher steht da und raucht.

Mit einem Ruck steht Müller vor ihm. Mit dem Rücken zu uns.

Plötzlich Gary Cooper Stimmung: High Noon.

(Song….Rattatam-rattatam..
Do not forsake me, oh my darling (…)-
I do not know what fate awaits me,
I only know I must be brave
And I must face a man who hates me,
a lying coward, a grieving coward….)

Banuscher merkt, dass Müller ihn aggressiv fixiert. Sowas kennt er von ihm nicht.

Banuscher lächelt süffisant: Glaub´ mir Müller, sich wegen einer Frau schlagen lohnt nicht.

Er zündet sich die Zigarette an und wendet sich cool ab.

Close up Müller.

Müller, angefressen: Warum eigentlich nicht?

Huch - auf einmal hat er suppentassengroße schwarze Augen. Auch ein Lieblingshund kann beißen.

Schnitt.

Wir begleiten Francis, die langsam und ausgepowert dahingeht, dahinwankt.

Da, auf einmal, zack!- Müller schießt von links ins Bild, schiebt die Vespa, läuft wieder neben ihr her, wie damals.

Francis starrt beim Vorwärtsschwanken geradeaus, nutzt ihn sofort als Plauderwand, als kathartischen Resonanzboden, wie immer. Sie sieht ihn nicht an. Deshalb bemerkt sie nicht, was wir sehen.
Müller hat eine Platzwunde an der Lippe.

Francis: Hat zu Dir schon mal n´ Hase gesprochen?

Müller antwortet sofort, obwohl er noch leicht außer Atem ist:

Nein, nur ein Mops.

Lächelt sie an: Was hat er denn gesagt?

Francis: Geh´ nach Hause, die haben Dich reingelegt.

Bleibt stehen, schaut immer noch geradeaus. Eigentlich ist alles Deine Schuld!

Müller: Wieso meine Schuld?

Durch Dich hatten wir diese Ostausstellung, dann kam der Erfolg, ohne Dich wären wir heute noch zusammen.

Müller fällt ihr ins Wort: Ich war dagegen! Ich hab´s für Dich getan.

Francis: Sag´ ich doch, alles Deine Schuld.

Müller Du wolltest mir nicht glauben.

Francis Nein.

Müller: Und… glaubst Du mir jetzt ?

Sie sieht ihn an.

Du blutest ja.

Greift ihm an den Mund, um das Blut abzuwischen. Prüft die Verletzung. Ihre Hand liegt auf seiner Wange, die Berührung ist halb medizinisch, halb tröstend.

Er steht immer noch da mit den Händen am Lenker der Vespa, dreht den Kopf ganz zu ihr hin, in ihre prüfende Hand hinein.

Francis Was hast Du hier überhaupt verloren?

Müller lächelt süffisant, beugt sich ein wenig zu ihr.

Mit mir muß man immer rechnen ! [ha!]

Sie geht weiter, er lächelt ihr nach. Es sieht aus, als zöge sie ihn an einem unsichtbaren Faden hinter sich her.

Sie geht wieder weiter. Ich lieb Dich nich. Starr, trotzig.

Er, sofort: Wie lange?

Sie wendet sich ihm zu, er beugt sich ein wenig über den Lenker, sieht aus wie ein fluffiger junger Hund, ein erwartungsfroher Welpe.

Wie lange wirst Du mich nicht lieben, zwei Tage, drei Jahre oder überhaupt nich?

Francis: Das ´s doch egal! Geht weiter.

Müller: Nein.

Schiebt seine Vespa wieder an, gibt ihr einen Drive nach vorne, holt auf.

Es is wichtich.

Also.


Hat sie überholt, guckt ihr ins Gesicht.

Wie lang?

Wartet fröhlich, froh, hundertprozentig sicher, dass er geliebt werden wird, unverbrüchlich.

Francis: Ich weiß es nich.

Er hört ihre Worte, kleine Pause, guckt. Dann wirft er den Kopf .

Gut.

Sagt er

Ich warte. Deutet sofort mit dem Kopf auf den Sozius seiner Vespa. Steig auf.

Francis Du bist verrückt.

Nein! sagt er und gibt seiner Vespa wieder einen heftigen Vorwärtsstoß. Beide im Profil, sie steht ganz locker, er hält noch immer seine Vespa.


Ich liebe Dich.

sagt er und versucht sie anzusaugen. Sie gibt dem scheinbar nach, beugt sich vor, sagt mit aufreizendem Lächeln:

Ich werde Dich nie lieben.

Die Luft flickert (was? Nein, nicht fickert - flickert) , überall Funken, alles sprüht, glitzert, man könnte mit dem Strom zwischen den beiden ein Radio betreiben.

Mindestens einen Moment lang.

Ende des Films.

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Kommentar 1:
Der Darstellungsstil erinnert irgendwie an expressionistisches Improtheater.
Der Schlußdialog ist so deklamiert, als würden die Textteile der Akteure gar nicht zusammengehören. Text1. Lücke. Text2. Lücke. Text3. War 3 jetzt eine Antwort auf 2 oder wie oder was?
Die Figuren wirken wie mit der Schere ausgeschnitten und dann zu einer Szene zusammengeklebt, wie eine Collage mit Kleberändern.
Ist das Dada oder expressionistisches Sprechtheater oder.. oder…oder wie?
Wie, was, was meinen Sie?
Ach so.
Jungschauspieler. Nachwuchs!
Na, dann…

Kommentar 2:

Wäre das Thema Liebes- und Beziehungsdrama ein fünfzehn Jahre großer Palast mit einer langen Enfilade von Räumen, -Tür nach Tür, Raum nach Raum, -wären wir in RotGelbBlau im ersten Saal und würden mit Winterschläfer, Spiel um Dein Leben, Grüne Wüste, Marlene, Todfeinde, Nachts im Park, Der Anwalt und sein Gast und zuletzt Hölle im Kopf Saal um Saal, Szenerie nach Szenerie durchschreiten, bis wir im Heute angekommen sind.

Wir stehen vor der letzten Tür.

Legen neugierig die Hand auf die vergoldete Klinke.

Unser Blick schweift hoch zur Supraporte.

Was steht da?

....Vom ...Finden der Liebe.....
.
.

Donnerstag, November 17, 2005

Wer hat Angst vor RotGelbBlau? Teil 1a Portät Müller ( Heino Ferch ) Regie: Heiko Schier, Buch: Heiko Schier 1990

13.11.2005 um 06:00 Uhr
Wer hat Angst vor RotGelbBlau? Teil 1a Portät Müller ( Heino Ferch ) Regie: Heiko Schier, Buch: Heiko Schier 1990
Text: ignazwrobel

„Es wächst doch jetzt alles wieder zusammen, auch die Kunst.“
Produktion 1990, Heino Ferch ist 27 zarte Lenze jung.

Situation:
Junge Maler aus Ost- und Westdeutschland in Berlin ganz kurz nach dem Mauerfall –also 1990.
Der Film war zu seiner Zeit ein Kultfim, wie später z.B. Lola rennt.
Die gezeigten Gemälde sind alle von Rainer Fetting, der damals zum Kern der Avantgarde „Junge Wilde“ gehörte.
Die Malerei der Jungen Wilden brachte in den Neunzigern ein Aufatmen in die festgefahrene Malerei-Szene.
Fetting gehört heute zur allerersten Garde deutscher Maler des 20./21. Jh.s. Seinen Durchbruch hatte er zwei Jahre nach diesem Film, 1992.


Die jungen Akademieabsolventen Müller (Heino Ferch) und Banuscher Foto Banuscher (Max Tidof ) malen und leben in einer umfunktionierten großen Garage. Francis Foto Francis ist Banuschers Modell und Geliebte, eine junge Frau, die fest an Banuschers Genialität glaubt und durch Fließbandarbeit bei Osram für den gemeinsamen Lebensunterhalt sorgt. Solange, bis Banuscher reich und berühmt ist, meint sie. Dann wird er dran sein mit Lebensunterhalt.

Banuscher wird nichts von alledem tun. Sofort nach seinem ersten Galeristenvertrag und seiner ersten Solo-Ausstellung, die ein paar Tausend Mark gebracht hat, wirft er Francis weg.

Er will „ganz neu“ anfangen.

Müller, -er kommt aus dem Osten-, arbeitet als Daytimejob, (bis auch er berühmt und reich ist) - als Assi für den arrivierten Maler Stargard Foto Stargard. Seine vorherigen Daytime-Jobs waren Schlachthaus und Straßenbau gewesen, also gaaanz unten. Müller hat Stargard jeden Wunsch von den Augen abzulesen und tut dies mit perfekter Devotion.
Museumsdirektoren geben sich in Stargards Atelier die Klinke in die Hand, um einen der fast unbezahlbaren Stargards für ihre Sammlung zu erwerben.

Exposition. (wie isser denn so, unser Müller?) Szene in Stargards Luxusatelier:

Ein Ankäufer, den Stargard absichtlich allein mit Müller warten lässt, sagt zu Müller:

Sie haben eine privilegierte Position, junger Mann. Sie sind der erste, der seine Bilder sieht. Pause, dann, neugierig:
Wie sind sie denn so? Seine letzten?

Müller sitzt in `Arbeitskleidung`, das heißt, in Malerhose und Unterhemd, aktmodellmäßig dekorativ hingegossen auf einem Stuhl und reagiert nicht.
Der Ankäufer ärgerlich:

Ich rede mit Ihnen!

Müller räkelt sich gelangweilt. Dann, endlich, gibt er dem Herrn Museumsdirektor die Ehre einer Antwort:

Meine privilegierte Postion, ….Doktor Lisser,…. untersagt mir leider, mit Kunden zu reden.
Süffisant pseudoverbindlich freches Grinsen.
Unverschämt. Man möchte ihm eins in seine überhebliche Fresse hauen.

Die Überheblichkeit ist Auftrag. Sie erhöht Stargards Wichtigkeit.

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Es ist Sommer. Die jungen Leute tragen Klamotten, das sie mehr ent- als bekleiden, die Männer körperenge Trägershirts mit Ausschnitt bis unters Brustbein, nackte Schultern und Oberarme, Müller in weiß, ein Hauch von kurzämeligem Hemd mit halbmetertiefem V-Ausschnitt... die Mädchen Minis und durchsichtige Blusen, Badeanzüge oder einfach nur Unterwäsche oder – beim Modellsitzen oder Vögeln - gar nichts.

Francis sucht einen Weg, die Aufmerksamkeit der Sammler und Galeristen auf Banuscher zu ziehen, sie organisiert eine Gemeinschaftsausstellung von Banuscher und Müller.

Bei der Vorbesichtigung der Ausstellungsräume treffen sie auf eine junge Malerin aus der Ex-DDR: Clarissa.

(Die junge Malerin ist niemand anderes als - Claudia Michelsen, noch so unbekannt, dass sie nicht mal in der Casting-Liste erscheint. D.h. die beiden Schauspieler Ferch/Michelsen kennen sich sozusagen seit ihrer Studentenzeit. 2002 zur Zeit von „Der Anwalt“ also seit mindestens zwölf Jahren, zur Zeit von „Hölle“ seit eineinhalb Jahrzehnten. Deshalb vielleicht diese auffällig fließend ungekünstelte Vertrautheit in der Darstellung von Körperlichkeit. )

Szene im Strandkorb.

Francis sitzt in einem Strandkorb, Müller davor am Boden.

Müller Diese Woche entscheiden sie über mein Stipendium [für New York, dem Brennpunkt avantagardistischer Malerei. Anm. d. Red.], ich kann vielleicht sogar jemand mitnehmen.
Francis Wen willst´ n Du mitnehmen?
Müller Vielleicht ´ne Frau.
Francis Haste eine?
Müller Nee……. Hälst Du das für ausgeschlossen?
Francis Man soll die Hoffnung nie aufgeben, hier laufen doch genuch rum..
Müller „- - -“

Müller schiebt sich auf die Sitzfläche des Korbs, legt sich genüßlich zurück, die Arme über dem Kopf verschränkt, schlägt ein Bein über, - von Francis weg.

Müller wirkt fast immer sorgenfrei, fröhlich fast, ausgeglichen, Ironie hilft ihm, Anwürfe abzupuffern, nichts kratzt ihn wirklich.
Ganz, ganz hinten allerdings fühlt man manchmal ein pudriges Flackern, eine leise Neugier, die mit offenem Mund beobachtet, ohne sich gehen zu lassen, ohne sich dazu verleiten zu lassen, vorzupreschen, sich eine Blöße zu geben. Er ist entschlossen, eine stützende Säule zu sein, oder er ist so von Natur. Er wirkt zugewandt gutmütig, lässt sich oft am Kopf und Nacken knuddeln, stübern oder streicheln, wie man ein Haustier knuddelt.
Müller Wovon träumst Du, wenn Du bei Osram aufhörst?
Francis Weiss nich.
Müller Wovon träumst Du?
Francis Ach, Müller, mein Traum sitzt da vorn und redet dummes Zeug.
Der Traum, ihr Macker Banuscher, reißt gerade Clarissa auf. Kein großes Problem bei Banuschers Aussehen. Ein bißchen cooles Getue und die Festung fällt.

Francis muß laut werden, um den Aufriß zu unterbrechen, „DDR-Zicke“ schreit sie Clarissa an. Abgang Banuscher, Francis und Müller.


Szene Vernissage-Nachfeier bei Stargard.

Stargard (betrunken): Müller war eine faule Sau, der is heute noch eine faule Sau.

Stargard knuddelt seinen Assi am Kopf und schmatzt ihn auf die Stirn. Müller genießt bei Stargard Welpenschutz.

Banuscher will ganz nach oben. Ich wette: Müller schafft es [hört hört, wie wahr, wie wahr!] Banuscher schafft es nicht. Zu ehrgeizig….

Banuscher bekommt seinen ersten Vertrag mit einem Galeristen.
Er Warum glauben Sie an mich
Galerist Ich bin jetzt ihr Galerist, ich muß doch an Sie glauben.

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Über den Film auf FIlmportal

Biographie Rainer Fetting

Khist. Würdigung Rainer Fetting auf Focus

Rainer Fetting bei Andreas Baumgartl

13.11.2005 um 05:54 Uhr
Wer hat Angst vor RotGelbBlau? Teil 1b Portät Müller ( Heino Ferch ) Regie: Heiko Schier, Buch: Heiko Schier 1990
von: ignazwrobel

Szene in Müllers Atelier.

Man feiert in Müllers Atelier, einer umfunktionierten Riesengarage.

Müller hat die Beine auf den Tisch gelegt. Francis sitzt auf dem Tischrand und stützt ihre Füße auf Müllers Beinen ab. Als Müller aufsteht, bricht die ganze Konstruktion zusammen.

Francis benimmt sich Müller gegenüber, als wäre er ein Haustier oder ein Einrichtungsgegenstand oder ein kleiner Bruder, der umschmeichelt wird, wenn sie etwas von ihm braucht. Dann setzt sie ihren Körper ein, um ihn weich zu klopfen. Geht auch ganz leicht.

Ein bisschen über den Kopf gekrault, den Arm um seinen Nacken gelegt, den Körper an ihn gedrückt, … und er tut alles für sie.
Müller: „Für Dich würd´ich ´s machen..“ (Die Ausstellung organisieren…)

Müller gibt sich völlig cool, neutral, so neutral wie seine weißen Klamotten. Er wirkt ein bisschen wie eine Jungfrau, er macht keine Vorstöße, auch dann nicht, wenn er betrunken ist und betrunken sind die Jungs in jeder zweiten Szene. Sie saufen sich von Vernissage zu Vernissage, von Anlaß zu Anlaß.

Banuscher fährt seine knatternde Vespa im Kreis herum.

Francis zu Müller: Wir werden Dich besuchen, wir kommen nach New York!

Francis hopst auf Müllers Schoß, umarmt ihn und schmatzt ihn ab. Er hält sie auf dem Schoß fast vorsichtig um die Taille und redet Blödsinn, säuft Sekt und spuckt ihn in hohem Bogen aus. Entzückend. Bä. Er ist der gute Freund, das Knuddeltier.

Francis liebt ihren Banuscher leidenschaftlich, hingebungsvoll.

Banuscher ist smart, groß, schön, markant, cool, hohl, gemartert von Selbstzweifeln – ob seine Bilder nun Scheiß sind oder genial? Francis stärkt ihm ununterbrochen den Rücken. Müller über Banuscher: Das erste Arschloch, das malen kann.

Szene in der Kneipe.

Am Bartresen, Müller und Frances an der Tresenecke, daneben Banuscher.

Müller Zu mir kam eines Nachts ein Außerirdischer in Gestalt eines Mops. Er setze sich und sprach: Müller! -ich komme von einem fernen Stern wo Möpse wohnen. Sie sitzen an Radioteleskopen und schauen jeden Samstag die Sportschau. Wir haben eine kleine Welt. Der Mops hat einen scharfen Blick und liebt das große im Kleinen, denn der Mops ist selber klein. Aber unter allen Außerirdischen der Klügste.

Hinter diesem ablenkenden Dada-Wortschwall hat er sich immer näher an Francis herangeredet, bis auf wenige Zentimeter vor ihrem Gesicht.

Schnitt.

Banuscher Aus dem wird nie ein Deutscher Schäferhund.

Francis ignoriert Banuscher, antwortet Müller interessiert vorgebeugt und ganz bei der Sache:

Vielleicht ist er längst von Außeriridschen umgeben.

Müller Das is wahr

Nur der Tresen stützt Müllers Brustkorb, sonst würde er nach vorne auf Francis kippen.

Müller Ich hab oft geglaubt, dass das kein Bier is, sondern ein Außeridischer. Aber weil ich ihn nich verstehn´ kann, trink ich ihn einfach aus.

Schluckt das Bier runter.

Francis legt den Arm um Müllers Nacken. Wir kommen ja ein paar von ihnen auf unsere nächste Ausstellung einladen.

Müller, bedauernd Extraterresten gehen nich auf Ausstellungen.

Francis gibt ihm einen ihrer vielen freundschaftlichen Kopfstüber, wie ihrem Lieblingshund.
Banuscher ist das zu nah, er zieht Francis weg vom Tresen. Komm wir gehen.

Francis geht weg, lässt sich wegziehen.

Müller: Francis?

Francis Ja?

Müller Hast Du ´ne Sonn´brille?
Müller sitzt da, guckt vor sich hin und wartet auf das, was da kommen könnte.

Francis Gegen Möpse.

Niemand lacht.

Müller Nee

Francis holt eine nachtschwarze Vollverdunkelungs-Sonnenbrille aus ihrer Handtasche und setzt sie ihm auf.

Kosmische Strahlung sagt er. Francis knuddelt und kopfstübert ihn noch mal.

Sauf nich soviel. Schwesterlich gutmütig.

Er kann das Maul nicht halten, lallt höchstens noch zwei drei Außerirdische.

Francis ist weg. Er trinkt, setzt ab, murmelt schwarzbebrillt vor sich hin,

sonst verpaß´ ich mein Raumschiff…

So skurril sein Verhalten ist, es zeugt von Phantasie und einer gewissen Art von Esprit. Esprit hat eine nicht unerhebliche Wirkung auf Frauen, seit Jahrhunderten, man denke nur an Cyrano von Bergerac.

Frauen wollen zum Lachen gebracht werden. Das wollen sie. Das kitzelt im Magen. Und von dort ist der Weg nicht weit ein Stockwerk tiefer. ..

13.11.2005 um 05:50 Uhr
Wer hat Angst vor RotGelbBlau? Teil 1c Portät Müller ( Heino Ferch ) Regie: Heiko Schier, Buch: Heiko Schier, 1990
von: ignazwrobel

Szene Vespa

Banuscher hat Francis fallen lassen. Mensch, hau ab! hat er geschrien, Ich liebe Dich nicht mehr. .. hat sie einfach stehen lassen, auf der Straße.Francis weint.

Am Abend ist Vernissage.
Man steht herum, trinkt Sekt, guckt Bilder an. Müller ist gebügelt, gekämmt, gegeelt, geschniegelt, mit Jackett, adrett.
Fragt Wo is Francis.
Antwort Banuscher: (deutet mit dem Kopf auf eines der Bilder) :

da.

Anderntags.

Müller schiebt die hellblaue Vespa von Banuscher, neben ihm geht Francis. Jetzt trägt Müller zum ersten Mal ein langärmeliges Sweatshirt, so ein mittelgraublaugraunichtssagendes, das seinen muskulösen Luxuskörper völlig verhüllt.

Müller S´ist schon ein Arschloch, unser Freund.

Schaut sie prüfend an.

Schaust gut aus!

Francis blickt weiter geradeaus, läuft so dahin.

Ja. Laß ma.

Müller schaut auch geradeaus, schiebt weiter die Vespa neben ihr her.

Francis Haste was von ihm gehört.

Müller Er hat mir zwei Mieten für die Garage gegeben und die Vespa und ist ausgezogen. Jetzt wohnt er im Esplanade.

Francis Interessiert mich nich.

Sie geht voraus. Er bleib ein wenig zurück, sieht ihr nach.

Beide waren an einem Geländer entlang gegangen, das jetzt eine Lücke hat. Francis wechselt auf die andere Seite des Geländers, das beide jetzt, zusätzlich zur Vespa, trennt. Müller läuft drüben, Francis herüben.

Müller Wirklich nich?

Schnitt.

Nächster Straßenabschnitt. Beide kommen auf uns zu.

Müller New York hat auch nich geklappt. Sie ham mich nich genomm´.

Müller stützt sich hart mit beiden Händen und hochgezogenen Schultern auf den Lenker, während er Schritt vor Schritt setzt, so, als fiele ihm das Gehen schwer, als hätte er die Vespa als Stütze bitter nötig. Er wirkt lieb.

Francis: …und Robert de Niro im Aufzug.

Müller Gestern hab´ich versucht, ihn zu zeichnen. Er ist mir entwischt. Er sah immer aus, wie diese deutschen Schauspieler.

Francis Zwei Wochen tut´s weh. Dann wachst Du auf und ärgerst Dich. Das war´s dann.

Müller sieht sie fragend und besorgt an.

Kann ich Dir helfen? […ups…!]

Francis: Du stehst auf, gehst zur Arbeit. Gehst wieder nach Hause, wie all die Jahre davor. Merk Dir das.

Das trennende Geländer ist zu Ende. Beide bleiben stehen. Die Vespa ist zwischen ihnen.

Müller Laß uns was zusammen machen, ins Kino gehn´.

Francis, verächtlich: Was sollen wir denn im Kino??

Müller Film sehn.

Francis Quatsch. Wenn der Aufzug unten is, steigen sie aus und gehn weg – Beide sehen sich frontal an. Er fragend, besorgt.

Francis: Wie Dein deNiro.

sagt sie und verschwindet aus dem Bild.

Wir sehen Müller allein.

Er sieht ihr nach. Immer noch besorgt, mit seinen schwarzen Punktaugen.

Und dem Goldflaum auf seinem Kopf.

Sieht aus wie ein besorgtes Fragezeichen.

Sie ist weg.

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1989-1990 Heino Ferch (im Alter von 27) – Müller, Max Tidof – Banuscher Filmografie Max Tidof
, Stephanie Philipp – Francis Filmografie Stephanie Philipp
, Gunter Berger – Stargard Filmografie Gunter Berger, Clarissa – Claudia Michelsen Filmografie Claudia Michelsen Interview von 2005 zu „Hölle“
Interview Claudia Michelsen

Mittwoch, November 16, 2005

"...Willst Du´s mir heimzahlen...?? in : Hölle im Kopf. Teil 1 ( Heino Ferch - Marc Hoffmann ) Regie: Johannes Grieser, Buch: Holger Joos. 2004-2005

"...Willst Du´s mir heimzahlen...?? in : Hölle im Kopf. Teil 1 ( Heino Ferch - Marc Hoffmann ) Regie: Johannes Grieser, Buch: Holger Joos. 2004-2005

Text: ignazwrobel

Zur Orientierung: Filmhandlung/Storyline Hölle im Kopf
Fotostrecke: Fotostrecke Hölle im Kopf

Zur Architektur:

Die Handlung spielt auf drei architektonischen Ebenen:
Der Galerie oben. Dort befindet sich die Kommandoeinheit der Video-Überwachungsanlage mit dem Beobachtungsmonitor. Dem Untergeschoß. Dort findet Sarah ein Lebenszeichen von Marc. Dem Wohnzimmer im Erdgeschoß. Dort treffen Marc und Sarah aufeinander.----------------------------------------------------------------------------------------------------------------

„…bis dass der Tod Euch scheidet…“

Sarah hat sich die Pistole aus dem Schrank im ersten Stock geholt.

Sie erschrickt. Die gesamte Wand dem Schrank gegenüber ist mit orangefarbenen Zetteln beklebt. Zettel von genau der Sorte und Machart, wie sie von Marc selbst, das heißt, einem schizophren abgespaltenen Ich-Anteil von Marcs Persönlichkeit, zu stammen schienen.

Die orangefarbenen Zettel tauchten immer wieder, immer häufiger, im Haus auf.

Sie enthielten zunehmend bösartige Botschaften und hatten Marc in eine selbstmordgefährdete Extremlage manövriert. Er glaubte, schizophren zu werden oder zu sein.

Jetzt muss solche Zettel Sarah entdecken. Die Zettel enthalten keine Botschaften, sie sind die Botschaft.

Als sie sie sieht, weiß Sarah, dass ihr Mann nicht tot ist, sondern im Haus.

Sie hat verstanden, dass er ihr Vorgehen durchblickt hat und sie jetzt die Konsequenzen spüren lassen wird.

Sie vermutet sich in akuter Lebensgefahr. Sie muss annehmen, dass er Rache nehmen wird für ihren Versuch, ihn psychisch so zu martern, dass er sich selbst töten werde.

Totale. Wohnzimmer von schräg oben aus dem ersten Stock, von der Galerie herab.

Die Perspektive suggeriert den Blick durch Marcs Augen, so als stünde er oben und sehe auf seine Frau hinunter.

Wir beobachten Sarah, wie sie angstvoll und aufgehetzt sich im Wohnzimmer hin- und herbewegt und nach Marc sucht.

Wo bist Du?

flüstert sie

Wo bist Du?

Was willst Du?

Sie irrt im Zimmer herum, läuft zur Raumgrenze, korrigiert, zur nächsten Raumgrenze. …unsicher, wütend, angsterfüllt. Sie wirkt wie ein Tier in einer Versuchsanordnung, dessen Trial and Error, die gestellte Aufgabe zu lösen, wir kalt beobachten.

WO BIST DU?

schreit sie jetzt, explodierend.

Was willst Du von mir?

Im Hintergrund ein einzelner schlagend hallender Ton, sie fährt herum, als hätte sie ihn gehört. Sie geht in den Keller.

Dort läuft die Waschmaschine. Jemand muß sie angeschaltet haben. Wer anderes als Marc?

Sie steht unschlüssig lauernd da, flüstert

Was willst Du?

Ihre Aufmerksamkeit wird zu einer Stimme gerissen, die aus dem Erdgeschoß von einem Tonband kommt.

…frage ich Sie, Marc Hofmann, wollen Sie sie zu ihrer rechtmäßigen Ehefrau nehmen….

Schnitt.

Sarah im Erdgeschoß, wir sehen sie von der Küche aus, sie ist im Gang, gerade die Treppen heraufgekommen…

Stimme vom Band:

…sie lieben und ehren……………….. in schlechten Zeiten….sagt der Pastor.

Marcs Stimme wiederholt: … Dich lieben und ehren in guten wie in schlechten Zeiten.

Pastor: ..bis dass der Tod uns scheidet.

Schnitt.

Wir stehen oben an der Treppe, sehen hinunter zu Sarah, die vorsichtig dort am Treppenfuß zur Galerie lauscht und zu uns heraufblickt.

Marcs Stimme: …bis dass der Tod uns scheidet.

Sarahs Stimme: … ich will Dich, Marc Hofmann. …

Pastor: …zu meinem rechtmäßigen Ehemann nehmen…
Sarah: …zu meinem rechtmäßigen Ehemann nehmen…ich will Dich lieben und ehren, bis dass der Tod uns scheidet.

Schnitt.

Sarah ist am oberen Ende der Treppe direkt neben dem Monitor angekommen, blickt entsetzt auf das Bild, das dort zu sehen ist.

Die Kamera fährt auf den Schirm.

Dort sehen wir in Nahaufnahme Marc und Sarah vor dem Pastor – Was hier läuft, ist die Videoaufzeichnung ihrer kirchlichen Trauung. Marc im schwarzen Anzug, Sarah mit Hochfrisur, Flower-power-pop-op-Blumen im Haar. Sie lächelt glücklich.

Schnitt auf Sarah von heute.
Die verfolgt die Szene entsetzt, auch verbittert, so als fühle sie resignierten Hass.

Wir sehen ihren vom Sturz in den Spiegel zerschnittenen Arm, wie der den Aus-Knopf des Geräts betätigt.

Kaum klickt das Band in Off-Position, reißt Marcs Stimme aus dem Wohnzimmer Sarahs und unsere Aufmerksamkeit an sich.

Amerkanische Marc. Da steht er. Foto

Sein Gesicht ist aschfahl.

Fleckiges Licht-Schattenspiel der halboffenen Jalousien zerreißt die Physiognomie, die Augenhöhlen sind grau unterlaufen, glänzen ölig.

Sein Blick sticht, böse und hart, hart wie Stahl.

Die Brauen - scharf zusammengezogen, Zornfalte zwischen den Augen, - die rabenschwarzen Pupillen sind so erschreckend eisig, dass wir kaum Luft bekommen.

Schwarze Schatten an der Innenseite der Augenhöhlen geben dem Gesicht etwas mephistophelisch Lauerndes.

Der Mund ist ein schmaler harter Strich, ein bitter stahlkalt unnachgiebiger Zug um die Mundwinkel, auf den Wangen.
Diese Seele ist zu Stahl, zu Titan, geworden.

Die verfluchte ruhige Starre lässt ihn Abscheu erregend gefährlich erscheinen. Der Anblick löst ein Gefühl aus, als ob wir uns plötzlich übergeben müssten vor Abneigung und Angst.

Die einzige und letzte Spur von Menschlichkeit ist seine Stimme. Sie ist leise, fast sanft, ohne Druck, der Hass oder Wut spiegeln würde, eigentlich ist sie trauernd, traurig.

Schnitt. Totale.

Wir blicken auf die Wand der Galerie, über ihr fährt ruckartig Sarahs Kopf hoch, sie schaut hinunter zu ihrem Mann, wir mit ihr.

Unten steht Marc. Fest in den Boden gestemmt, wie eine Wand. Er trägt nicht mehr die hochelegante Baldessarini-Kleidung des Herrn Architekten, er trägt einfache Jeans, Jacke, schwarzes T-Shirt, schwarzblaues Hemd, auf das Licht und Schatten der herabgelassenen Jalousie ein Muster zeichnen als wäre es blau kariert.

Sie flüstert ihn aggressiv an, bleckt die Zähne Was willst Du?

Erinnerst Du Dich? fragt er, nicht laut, nicht lauernd, einfach so.

Langsam kommt sie die Treppe herunter.

Willst Du´s mir heimzahlen, Marc? Ist es das? Das schaffst Du nicht.

Hochaggressiv ratternd, als er sich bewegt:

Was-machst-du-da, was-machst-Du-da?

Wir sehen jetzt, dass er ein Stück Papier in den Händen hält. Er sagt:

Du hast mich belogen.

(…..)

Leise, würgend: Ich hab´ Dir vertraut, Sarah.

Er ist grau, versteinert, seine Haut scheint aus Stein zu sein. Letzendlich heißt das: auch sein Herz ist zu Stein geworden, er ist kein lebender Mensch mehr, oder er fühlt das Leben nicht mehr.

Sie schreit extrem aggressiv:

Verdammte Scheiße, weißt Du, was, ich hab´ Dir auch vertraut.

Sie fängt an zu weinen, in einem hohen wimmernd hysterischen Ton

Das hättest Du Dir vorher überlegen müssen, bevor Du es mit dieser Schlampe getrieben hast!!

Er sagt leise ohne seelische Bewegung, hebt dabei kurz anmahnend die Brauen:

Du wolltest mich umbringen.

Ihre weinerliche Stimme kippt in hohen Diskant:

Du wolltest mich verlassen.

Wegen dieser Frau.

Jetzt ist ihre Stimme ein infantil hohes Winseln.

Das hättest Du nicht tun dürfen. So was macht man nicht! Das macht man nicht!

Ihre Arme hängen brettsteif herab, die Hände zu Fäusten geballt.

Marc´s Blick sackt kurz ab. Während ihrer Anklage geht ein nervös zuckender Lidschlag über seine Augen. In diesem Punkt muss er ihr Recht geben. Dann blickt er sie sofort wieder hart und starr an.

Sie ist in völliges, totales, hoch winselndes Weinen übergegangen. Ihr Gesicht ist tränenverschmiert, die Haare wirr, ihre Haltung die eines steif weinenden Kindes.

Er, leise:

Sarah..

Sie äfft ihn nach:

Saraaah!

Hebt die Pistole gegen ihn,- zielt.


Sie weint trotzig infantil weiter:

Du wolltest mich lieben und ehren. Bis dass der Tod uns scheidet.

Ihr Gesicht verzerrt sich zu einer weinenden Grimasse.

Klack.

Ihre Züge sind ruckartig ruhig, kalt, offen – entladen; zeitgleich mit dem klackenden Geräusch.

Sie hatte abgedrückt.

Gott sei Dank waren Lauf und Magazin der Pistole leer.

Marc sieht sie weiter unverwandt an.
Seine Rechte greift in die Tasche seiner Hose und holt eine Handvoll Patronen heraus.

Sarah ist ungläubig überrascht, zielt weiter auf ihn.

Marc sagt leise, ohne Veränderung des Ausdrucks:

Reicht das?

Sie weiß damit nichts anzufangen, starrt ihn fragend an:

Was--?

Reicht das?

wiederholt er. Sie folgt seinem Blick, an ihr vorbei nach hinten.
Schräg hinter ihr steht der Kommissar. Er war Zeuge der gesamten Szene.


Die Polizei führt Sarah ab.

Draußen, vor beider Haus, wartet der Polizeiwagen im Hof.
Marc steht dabei, vor seiner offenen Haustüre, als Sarah in den Wagen einsteigen muss.
Während sie zum Wagen geführt wird, blickt er zu Boden.

Kurz, bevor sie einsteigt, ein steinharter Blick von ihm zu ihr.

Sarah erwidert den Blick, steinern, voller Abscheu, latent hassend.

Er weicht ihrem Hassblick aus, blickt weg, zu Boden.

Das Polizeiauto fährt weg. Zurück bleibt die weiße Wand der Gartenmauer. Sie ist kahl, leer. Marcs und unser Blick fällt darauf. (Wir erinnern uns an das Symbol der Wand im Schlußbild von „Der Anwalt und sein Gast“ Dort nahm die Wand den sprachlosen Schmerz des Mannes auf. Hier nimmt sie seinen Blick auf und zeigt uns -- nichts, Leere, tabula rasa. )

Schnitt.

Schlußbild:

Marc steht da, vor seinem Haus, vor der offenen Haustür.
Kalt hart, versteinert, dunkel, grau - allein.

Direkt hinter ihm bemerken wir das schwarze Relief eines japanischen Schriftzeichens an der Wand seines Hauses.

Es hat die Form eines Kreuzes.
Davor ein schwarzes Geländer aus einem Rechtkantträger.

Diese Schlußeinstellung ist ein Symbolbild.

Wir, die wir in der christlich geprägten Kultur Deutschlands assimiliert sind, erkennen in Relief und Geländer nicht dessen japanische Bedeutung.

Wir vergleichen mit unseren traditionellen Symbolbildern und erkennen:

Ein schwarzes Kreuz, ein Karfreitagskreuz
- und davor: eine Betbank, ein Altartisch.

Das ganze: ein Altar, ein Karfreitagsaltar.

Davor steht Marc; wie ein Priester beim Altar steht.

Das ist das Bild eines Gerichtstands, einer Richtstatt.
Am Karfreitag wurde Gericht gehalten und verurteilt.

Reicht das? hatte Marc den Vertreter des Gesetzes gefragt.
(Wir meinen: Es reicht.)

Die Kamera verlässt den Mann und seine Gefühlswelt, sie fährt nach oben, in die Überblicksperspektive. Dort unten sehen wir jemanden stehen, vor seinem Haus, allein. Er wird kleiner, es ist irgendein Haus, irgendein Mensch steht davor.



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2004-2005 Heino Ferch – Marc Hoffmann, Claudia Michelsen – Sarah Hoffmann, Michael Gwisdek Filmographie Michael Gwisdek - Inspektor Galleo.

Kommentar 1:

Der eiskalt bohrende Blick, das stur erstarrte, zu unnachgiebiger Härte geronnene Schmerz des Verlassen-Worden-Seins - dieses Herz, es will nicht verzeihen. Es schließt sich selbst in einen bleiernen Kerker der Unnachgiebigkeit ein.

Montag, November 07, 2005

"...always and forever - you and me...." in: Der Anwalt und sein Gast Teill 8a. Porträt Christian Weller ( Heino Ferch ) 2

"...always and forever - you and me...." in: Der Anwalt und sein Gast Teill 8a. Porträt Christian Weller ( Heino Ferch ) Regie: Thorsten C. Fischer, 2002-2003

Text: ignazwrobel


Vor der Szene:

Christian nächtigte nach der Vertreibung aus seinem Haus in der Kanzlei.
Karmann rief ihn dort an. Er begann sofort, das Rilke-Herbstgedicht vorzutragen, von dem wir die Teile hören:

…wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr…

..wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben…

Karmanns Stimme klang so, als wäre er in einem psychischen Ausnahmezustand, unberechenbar, gefährlich, atemlos.

Als Christian nach dem Anruf die Taste „letzter Anruf“ drückt, muss er sehen, dass Karmann ihn von seiner eigenen Villa aus angerufen hatte.

In großer Sorge um Frau und Kind fährt Christian zu seinem Anwesen.

Seine Befürchtungen bewahrheiten sich nicht.

Karmann hat sich freiwillig entschlossen, zu gehen.

Er hinterläßt Katja einen Dankes- und Abschiedsbrief.

Katja weiß jetzt, dass Karmann nicht mehr zurückkehren wird.


Die Szene.

„..always and forever…you and me…..“

Stunden sind vergangen.

Schwache erste Dämmerung.

Christian steht am Fenster des Wohnzimmers.

Wir sehen ihn, wie er bewegungslos nach draußen blickt, auf die Frauenstatue im Garten, eine lebensgroße Figur, statisch, ernst und dunkel.

Schnitt auf Katja.

Wir sehen aus dem Garten zu ihr hinauf. Sie steht am Fenster des Schlafraumes. Die Ähnlichkeit ihrer Gestalt mit der der dunklen Statue ist offenbar.
Sie blickt hinaus in die Weite, in die Ferne, ist erstarrt traurig.

Schnitt.

Später. Morgendämmerung.

Christian hatte sich in einen der würfelförmigen schwarzen Ledersessel niedergelassen und war eingeschlafen.

Wir sehen sein Profil über die Kontur des Sessels hinausragen, hören den regelmäßigen Atem eines Schlafenden.

Es ist kein vollständiger Mensch, den die Kamera uns zeigt.

Wir sehen nur Rudimente, die Kamera blickt kühl und distanziert auf dieses Leben - wie auf ein Objekt.

Katja betritt das Wohnzimmer.

Sie bleibt an der Tür stehen und sieht intensiv ihren Gatten an.

Christians Unterbewusstsein fühlt, dass er nicht mehr allein im Raum ist. Er wacht auf.

Totale. Ganzer Wohnraum.

Dort hinten ist ein Mann unbequem in einem schwarzen Sessel hintenüber gesunken, er ist im Mantel. Sein Kopf liegt auf der Kante der Lehne auf.

Aus der kompakten Silhouette des Sessels ragen zwei Beine heraus. Der Sessel ist so hoch, dass die Füße keinen richtigen Bodenkontakt haben.

Die Beine lassen uns irgendwie erschrecken.

Sie hängen wie leblos, einwärts gedreht, ohne Kraft, so, wie die Beine eines alten Mannes aussehen würden.

Wir sehen nicht mehr Christian Weller, nicht unseren Anwalt, den kühlen klaren souveränen Denker, den überaus eleganten Mann, kein Individuum.
Da liegt nicht viel mehr als ein schwarzgrauer Haufen, - der sich jetzt schwerfällig langsam ein wenig bewegt.

Christian erwacht, richtet sich auf.

Dies geschieht in so kleinen Schritten, dass wir beinahe fürchten, der Mann im Sessel wird nicht die Kraft haben, sich vollständig zu erheben.

Er wirkt alt, uralt, bleiern, schwach, schwer.

Wir sehen seine Arme nicht. Er benutzt seine Arme, seine Hände nicht, um sich aufzurichten. Vielleicht hat er sie in den Manteltaschen, wir wissen es nicht.

Er wirkt, als wäre er irgendwie versehrt. Wenn wir ihn nicht kennen würden, müssten wir denken, da sitzt ein körperlich behinderter Mann.

Very Close up auf Christians Gesicht.

Er blickt zu seiner Frau hinüber. Sein Gesichtsausdruck ist bitter, verbittert, angespannt, zerfurcht.

Er wartet, sieht seine Frau unverwandt an,…

…eine Sekunde,

zwei Sekunden,

drei Sekunden….

Nichts bewegt sich.

Eine Folge hallender Schläge im Hintergrund lässt uns unwillkürlich mitzählen, wie wir die Schläge einer Kirchturmuhr mitzählen würden.

Der Mann wartet auf ein Zeichen seiner Frau.

Very Close Up Katja.

Ihr Blick ist so statisch wie der seinige. Sie ist verweint, das ganze Gesicht tränennass, ihr dunkel entschlossener Blick ändert sich kein Jota.


Das hallende Schlagen zerhackt die Minuten, Katja blickt zu Boden, wieder zu Christian, wartet.

Zeit vergeht...

Irgendwann beginnt Christians angespannter Blick zu flackern, sinkt ab.

Die Erwartung verlischt.

Very Close Up Christian.

In diesem Gesicht scheint alle Bewegung ausgelöscht; Null-Linie.

Ein Übriges tut die Dunkelheit, die das Gesicht bedeckt, verdeckt, die Augenhöhlen bedeckt, so dass wir nur ahnen können: es gibt keinen konkreten Blick mehr. Die Augen sind offen, blicklos, willenlos, stumpf.

Totale.
Christian erhebt sich, der Sessel knirscht leise, sonst ist es still.

Der Mantel sinkt von seinen Schultern, er steht im Hemd.
Das ist aus der Hose gezogen, derangiert, die Manschetten offen, die edlen goldenen Knöpfe verschwunden.

Wir sehen ihn von vorne bei uns zu Katja hinten an der Tür gehen.

Er bewegt sich schwer, langsam, unsicher wankend. Wir hören, wie sein Schritt über den Boden schleift. Im Hintergrund immer wieder der schlagend hallende Ton, Schicksals-Schläge, die die letzten Minuten abzählen.

Christian ist an Katja vorbeigegangen.

Sie hat nichts getan, nicht reagiert, keine versöhnliche Geste hat ihn aufgehalten.

Katjas Blick bleibt starr, verbittert, hart. Wir hören, wie Christian die Haustür öffnet.

Musik setzt ein. Eine Frauenstimme:

…always and forever…
…..will be…..

Katja schießt die Augen, verzagt, trauernd.

Schnitt. Totale. Draussen. Tag.

Wir sehen Christian in vollem Lauf rennen, nur in Hemd und Hose, er rennt auf sein Gartentor zu… springt auf. Als er sich aufstützt, blitzt der Ehering an seiner Rechten auf, er springt drüben ab, spurtet den Gehsteig entlang.

Schnitt. Very Close. Up auf Katja, immer noch steht sie da, traurig, tränenüberströmt.

Ein trauriges Madonnengesicht. Ratlos. Trostlos.
Zukunftslos.

Christian läuft. Er läuft in maximalem Tempo, die Straße entlang, beginnt durch die Anstrengung heftiger zu atmen.

…always and forever…

…believe me….

..singt die Stimme.

Schmerz und Anstrengung pressen ihm Tränen ab.

Christians Gesicht verzerrt sich zu einer extremen Grimasse von Weh und Leid.

Es wirkt, als wäre er nur noch Schmerz.

Das fortgesetzte Rennen, so scheint es, brennt durch seinen Leib, durch alle Muskeln.

Er rennt mit schmerzvoll aufgerissenem Mund, maximaler Kraftanstrengung, er zerrt Atem ein, dabei schließen sich seine Augen.

Sie öffnen sich nicht mehr.

Plötzlich: Aus.

Schwärze.


Er ist frontal ungebremst gegen eine übermannshohe Steinmauer gelaufen.

Die Wucht des Aufpralls schleudert ihn einen Schritt zurück, er steht noch einen Augenblick lang schwankend, bevor er plötzlich zusammmenbricht und fällt, wie ein erschossenes Tier.

….always and forever..

…you and me…..

Totale.

Wir sehen einen Mann auf der Straße liegen, seine Muskeln krampfen zitternd vor Schock und Schmerz, wir hören ihn keuchen.

Very Close up.

Der Mann zittert, wie man vom Nacken aus krampfend zittert, um unerträglichen Schmerz niederzupressen.

Sein Gesicht ist blutüberströmt, die Nase eine blutige Wunde, aus den Mundwinkeln läuft Blut quer über die Wangen.
Blutspritzer auf dem weißen Hemd, auf der Stirn eine kopfbreite Platzwunde. Das Gesicht zittert.

Das Blut aus der Stirnwunde ist an den äußeren Augenwinkeln entlang in zwei Strömen über die Wangen hinab bis zum Kinn gelaufen. Es scheint aus den Augen zu rinnen.

der Mann weint
Tränen

aus
Blut

hell
rotem


Herz

blut

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2002 – 2003 Heino Ferch – Christian Weller, Götz George – Frank Karmann, Claudia Michelsen – Katja Weller. http://www.filmszenen.info/