Montag, Mai 31, 2010

Filmszenen I ...Dein Geist wird Dich leiten, nicht Dein Körper... in: Vision. Teil 1. Heino Ferch - Mönch Volmar. Regie: Margarethe von Trotta 2008-09



Bildquelle und Bildrechte: Concorde Filmverleih


Vor der Szene


Als Kind tritt Hildegard von Bingen ins Kloster ein. Dort wird sie von Jutta von Sponheim erzogen und umfassend unterrichtet. Wir treten herzu, als Hildegard erwachsen und Jutta von Sponheim am Ende ihres Lebens angelangt ist.

Die Szene

Jutta von Sponheim liegt auf ihrem Sterbebett in ihrer Zelle. Sie hat sich gerade von Hildegard verabschiedet. Die Tür geht auf.

Der Priester tritt ein: Volmar (Heino Ferch). In der Linken hält er ein Salbgefäß auf einer Messingschale.

Jutta blickt nach ihm. Sie hat keine Angst.

Schnitt auf Volmar. Er trägt die offizielle offizielle Kasel und Stola über seinem Mönchsgewand, Zeichen für eine priesterliche Amtshandlung.

Volmar nimmt das Salbgefäß und gießt klares Chrisam
in die Schale. Beide, Priester und Sterbende, sind ruhig gefasst, fast glauben wir, Freude zu sehen.

Beide wissen, dass Jutta eine Reise zum Ziel ihres Lebens antritt.


Schnitt.

In einem größeren Raum des Klosters. Meterdicke Wände, alles karg und kahl. Es ist dunkel. Nur eine Stundenkerze beleuchtet schwach ein wertvolles Standkreuz.

Hildegard steht aus knieender Haltung auf, bekreuzigt sich und tritt vor. Ihr Gesicht, eng umwunden von der schweren weissen Falten-Haube und dem hüftlangen schwarzen Schleier der Nonnen, die das ewige Gelübde abgelegt haben, leuchtet im Licht von Kerzen auf, die wir nicht sehen.

Schnitt auf die Gegenseite.

Dort sitzt an einem schweren Holztisch im schwarzen Mönchshabit der Benediktiner Abt Kuno. Neben ihm steht, ebenfalls in schwarzem Benediktinerhabit, Volmar. Er hat die Hände in den weiten Ärmeln der Kutte verborgen.

Der Abt richtet das Wort an Hildegard:



Seit Jutta von Sponheim zu Gott gerufen wurde,

ist niemand da, der sich um das geistliche und körperliche Wohl der Schwestern kümmert.


Wir sollten diesen Zustand baldmöglichst beenden und eine neue Magistra bestimmen.

Ich habe an Dich gedacht.


Hildegard blickt nicht hoch. Der gesenkte Blick ist Notwendigkeit. Er bestätigt ihre Demut und Unterwerfung unter den Abt. Darüber hinaus herrscht im Kloster ein Verbot für die Nonnen, den Mönchen ins Gesicht zu sehen.


Trotzdem:


Oh, nein.

Bitte nicht, ehrwürdiger Vater.


Abt Kuno, geduldig:


Das wäre sicher auch der Wunsch der verstorbenen Magistra. Du warst ihre Vertraute. Sie hat all ihr Wissen, das Geistliche, und Menschliche an Dich weiter gegeben.


Hildegard weigert sich:


Ich bin unwürdig.


Abt Kuno bleibt unbewegt. Dennoch, jetzt ein wenig strenger:


Das habe ich zu entscheiden, ob Du würdig für ein solches Amt bist.


Hildegard blickt Abt Kuno ins Gesicht. Eine Insubordination. Auch ihre Worte kommen einer offensiven Insubordination gleich:


Nein, ehrwürdiger Vater. Das haben meine Mitschwestern zu entscheiden.


Schnitt auf Volmar. Er versteht die Protokoll – Verletzung Hildegards. Seinem Lächeln entnehmen wir, dass er sie Hildegards flammend leidenschaftlichem Temperament zuordnet. Er senkt den Blick und lächelt.


Hildegard, mit großen runden Augen:


In der Regel heißt es, dass die Schwestern selber wählen wer sie leitet.


Abt Kuno bricht das Gespräch nicht ab. Er argumentiert:


Das gilt für ein Frauenkloster. Ihr lebt hier in einem Gemeinschaftskloster und hier habe ich zu bestimmen.


Hildegard weicht kein Jota. Sie schüttelt leicht den Kopf:


Ich kann die Wahl nur annehmen, wenn meine Schwestern mich wählen.


Schnitt auf Abt Kuno. Kuno scheint verärgert, lässt seinem Unmut jedoch nicht freien Lauf.

Hildegard:


Ich müsste Sie allerdings bitten zu bedenken, dass ich oft – sehr krank bin. Ich bin nur eine schwache Frau.


Wir blicken noch einmal in Volmars Gesicht. Volmar ist ganz offensichtlich Hildegard´s Temperament sehr gewogen. Noch immer lächelt er leicht.


Schnitt


In einer Zelle. Die Farbe ist in großen Stücken von den Wänden abgefallen. In einer Wandnische Kerzenleuchter und Kruzifix. Der kahle Raum ist nur mit einer Gebetsbank möbliert, auf der Hildegard kniet. Sie hält die Hände gefaltet. Eine Demutshaltung während eines Beichtgespräches.


Ihr Beichtvater ist Volmar. Er steht einige Schritte entfernt vor der Kniebank. Wieder erzählt uns die Stola um seinen Hals, dass er in priesterlicher Funktion mit Hildegard spricht.


Die beiden diskutieren offenbar schon länger Hildegards Bestimmung zur künftigen Oberin des Frauentraktes des Klosters.


Hildegard, in vorwurfsvollem Ton:


Du hast seit vielen Jahren mit angesehen, wie oft ich unsere Regel nicht habe erfüllen können, weil ich krank war. – oder zu geschwächt.


Volmar, ruhig, zugewandt, sachlich, freundlich:


Unsere großen Heiligen waren sehr oft von Krankheiten befallen.


Dein Geist wird Dich leiten. - Nicht Dein Körper.


Pause. Volmar wartet. Hildegard hat die Augen niedergeschlagen. Wir verstehen, dass sie sich weigert.

Volmar gibt jetzt seiner Meinung doch noch Nachdruck. Er tritt zwei Schritte näher. Streng:


Du weißt, dass Du unserem Abt zu absolutem Gehorsam verpflichtet bist.


Hildegard hält den Kopf zwar vorschriftsmäßig gesenkt, hebt jedoch trotzdem die Augen und blickt ihrem Beichtvater ins Gesicht. Trotzig:


Es ist unser göttliches Recht, dass wir über uns selbst bestimmen.


Heino Ferch (im Alter von 45) – Mönch Volmar, Barbara Sukowa – Hildegard von Bingen, Alexander Held – Abt Kuno


Sonntag, Mai 16, 2010

Filmszenen I ...so benutzt... Teil 8 Schluss. in: Die Toten vom Schwarzwald. Heino Ferch - Matthias Auerbach. B. und R.: Thorsten Näter, 2009-10

Bildquelle und Bildrechte bei Studio Hamburg für ZDF Zweites Deutsches Fernsehen 2009-2010

"...es tut mir leid, dass ich Dich so benutzt habe..." Teil 8 Schluss. in: Die Toten vom Schwarzwald. Heino Ferch - Matthias Auerbach. B. und R.: Thorsten Näter, 2009-10


Vor der Szene

Wieder hatte jemand einen Kartenausschnitt mit Ortsangabe unter den Scheibenwischer von Matthias´Auto geklemmt. Offenbar eine Aufforderung, zu einer bestimmten Stelle im Wald zu kommen. Matthias und Inka fahren dorthin. Plötzlich steht Matthias´totgeglaubte Frau Katharina vor ihm. Sie will sich erklären...

Die Szene

Matthias ist dem Zettel gefolgt. Er ist im Wald, an der Stelle der beiden Steine, die die Sage für die versteinerten Zwillinge hält. Er sucht.


Nah bei uns Roswitha. Sie presst ihren Rücken gegen einen Baum. Sie blickt nach Matthias,. Der sieht sie nicht.

Roswitha trägt eigenartig hässliche graue Kleidung, eine altmodische graue Strickjacke, graue Bluse, dunkelblaues Halstuch. Ihr strahlend blondes Haar scheint grau überfärbt. Sie hat es zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden.


Eine Krähe schreit.


Schnitt.


Wir bei Matthias. Wir sehen, wie Roswitha hinter dem Baum hervortritt. Jetzt will sie, dass Matthias sie bemerkt.


Hallo, Matthias.


Matthias sieht sich um.


Nah. Er sieht kalt aus. Er scheint nicht zu verstehen, was hier vor sich geht.


Roswitha nah. Man sieht ihre hohen Wangenknochen und ihre steil angeschnittene Oberlippe. Die stumpfe Nasenspitze. Die dunklen Augen. Den Seitenscheitel.


Sie schüttelt den Kopf.


Es tut mir leid.


Sieht eigenartig grau und alt aus. Hässlich.


…dass ich Dich so benutzt habe.


Pause.


Es tut mir wirklich leid.


Ihm scheint das nicht zu gefallen.


Ich musste das alles so inszenieren, es war die einzige Möglichkeit, meinen Vater zu bestrafen.


Wir hinter ihr, gehen mit ihr auf Matthias zu.


Am Ende wars einfach.

Seine Fingerabdrücke waren ja schon auf der angeblichen Tatwaffe.


– Wir erinnern uns: im Keller hatte Roswitha zu einem alten rostigen Messer gegriffen, es ihrem Vater in die Hand gedrückt und ihm bedeutet, er solle sie jetzt einfach auch noch umbringen. So kamen seine Fingerabdrücke auf das Messer, das im Wald gefunden wurde. -


Brauchte ich nur noch genug Blut.


Sie setzt sich auf einen Stein.


..um Euch alle zu überzeugen.


- Die Polizei hatte Roswitha nicht mehr in ihrem Gefängnis im Keller von Beierles Glashütte vorgefunden. Am Boden war nur eine große frische Blutlache.


Matthias hat inzwischen die Hände in die Jackentaschen gesteckt. Er sieht ziemlich ärgerlich aus. Trotzdem hört er sich alles an. Roswitha:


Es war doch spannend, es hat nämlich gar nicht mehr aufgehört zu bluten.

Und für´n Moment hab ich gedacht: lass doch einfach laufen. Dann isses vorbei.


So blass und ausgehöhlt, wie sie ist, hat das auch beinahe funktioniert.


Aber dann wär er ja freigesprochen worden.


Matthias verärgert und leise:


Warum.

Warum das alles.


Roswitha


Ich hatte schon immer das Gefühl, dass irgendwas nicht stimmt. ..dass ich nich´vollständig bin.


Matthias Ärger scheint nachzulassen. Er hört zu.


Rowitha


Schon als kleines Kind.


Sie lacht:


..und dann hab´ich plötzlich Katharina getroffen. Das war vielleicht ´n Schock, das kannst Du Dir gar nich´vorstellen.


Matthias kommt ihr nicht mit einer Reaktion entgegen. Er hört einfach weiter zu.


Aber es war auch das größte Glück, was ich jemals erlebt habe. Endlich hatt´ich das Gefüh, ich bin ganz.


Jetzt endlich erfahren wir, wie die Dinge zusammenhängen. Roswitha.


Die Hebamme, bei der Katharina aufgewachsen ist, hat uns erzählt was in der Nacht unserer Geburt passiert is.


Roswithas Augen werden schwarz.


Ich war so unglaublich zornig auf unseren Vater…und da hab´ich den größten Fehler meines Lebens gemacht: ich hab´ihm von Katharina erzählt. Er ist fasst durchgedreht.


Roswitha ist jetzt nachdenklich. Dann sucht sie Blickkontakt zu Matthias.


Er ist uns gefolgt.


Matthias wird unruhig.


Roswitha


Als er uns getroffen hat hier oben, als Katharina ihn gesehen hat, da…

…da ist sie auf ihn los, hat ihn beschimpft, hat ihmgedroht…


Roswitha schließt einen Moment die Augen.

.

.. und da hat er sich in seiner Wut einen Ast genommen.. und hat auf sie eingeschlagen. Zwei Mal..


Mathhias sieht weg, er atmet ein, scheinbar möchte er etwas sagen. Wir hören nichts.


Roswitha, traurig, leise


…drei Mal.


Sie ist ganz ruhig,. Sie sieht offenbar die Szene noch einmal vor ihrem inneren Auge. Schmerzlich:


…bis sie sich nich´mehr gerührt hat.


Dann hat er mich weggeschleppt.. Hat mir gedroht, dass er mich in die Irrenanstalt schickt, wenn ich irgendwelche Geschichten über eine angebliche Schwester erzähle.


Sobald ich konnte bin ich wieder zurück in den Wald aber die Leiche war verschwunden und ich wusste, dass mir nie jemand glauben würde. Offiziell hatte ich ja keine Schwester.


Und dann bin ich nach Stuttgart gefahren, um mit Dir zu reden. Ich wusste ja, dass mein Vater mich überall suchen würde. Und da kam mir die Idee:


Das perfekte Versteck – wo mich nie jemand finden würde.


Bei Dir.


Matthias, leise, sehr belegt:


..DU hast Katharina´s Platz eingenommen…..


Roswitha beschloss, dass ihr Vater Hans Beierle seine Strafe bekommen muss. Wenn nicht für den Mord an Katharina, dann doch zumindest für den angeblichen Mord an ihr, an dem Kind Roswitha.


Rache. Roswitha hatte tatsächlich ihre Rache.


Die beiden gehen auseinander.


Matthias lässt sie stehen.


Roswitha sieht ihm nicht nach.


2009-2010 Heino Ferch – Matthias Auerbach, Nadja Uhl – Inka Frank, Anna Schudt - Katharina Auerbach / Roswitha Beierle



s.a.: Koma. Die Erinnerung des Kindes/der erwachsenen Frau, als der Vater die Mutter in rasender Wut erschoss.



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Semi - offtopic

Eine Stimme weniger, ein Universum weniger. Peer Schmidt, die Stimme Jean-Paul Belmondo und von Marlon Brando in A Streetcar named Desire, ist verstorben, im Alter von 86.

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Kommentar:

Siehe zu diesem Film auch den brillanten TV-Thriller unter der Regie von Peter Keglevic
Das Geheimnis im Wald, 2007-2008, mit dem großartigen Christoph Waltz, damals noch nicht Oscarpreisträger (Inglourious Basterds) der hier seine Rolle des hochintelligenten Verdächtigen aus Tanz mit dem Teufel (Produzenten: Nico Hofmann, Ariane Krampe) variiert.

Tanz mit dem Teufel: Waltz, Moretti. Click auf das Bild, um es im Originalzusammenhang auf kino.de zu betrachten. Bildquelle und Bildrechte ZDF





Das Geheimnis im Wald.: Waltz, Besson. Click auf das Bild, um es im Originalzusammenhang auf kino.de zu betrachten. Bildquelle und Bildrechte ZDF 2007


Ähnlich Die Toten vom Schwarzwald-Das Geheimnis im Wald: Hauptfigur sucht nach einer verschollenen Person, viele Polizeisuchszenen im Wald, Inspektor und Hauptkommissar im ständigen Dialog, dörfliche Umgebung, der Fund im Wald, der nicht die direkte Lösung ist.

Bildliche Inszenierung, Kamera, Spannungsaufbau, Figurenzeichnung, auch aufgrund der exzellenten Leistungen von Waltz / Pierre Besson, deren Charaktere sich durch Gegensatz steigern (ähnlich s.a. American Gangster Richie Roberts- Frank Lucas) und Sophie von Kessel sehr farbig und plastisch. Spannungsbogen hängt keine Sekunde durch, Faktenerzählung durch Worte und Subtexterzählung durch Darstellung und bildliche Andeutungen rhythmisch und quantitativ in glasklarem Aufbau, Sprache unprätentiös und modern. Toll.




Thread RC

Auch für Gladiatoren und Freiheitskämpfer kommt irgendwann der Tag, an dem sie…..

eine Lesebrille brauchen. (Foto 21. Mai 2010. Gala: Artists for Peace and Justice) Website Artists for Peace and Justice.

Szene aus dem Film:


2 Männer, 2 Frauen, 4 Probleme



Eva, die Kinder und Nick in der Gemäldegalerie vor Caravaggio´s Madonna di Loreto:


Florian:


Du, Mama, warum hat der so dreckige Füße..?


Nick:


…weil die Armen…


Eva:


Weil die Armen Leute dreckige Füße haben. Genauso, wie sie abends müde werden und morgens mit verstrubbeltem Haar aufwachen.


Caravaggio war der erste Maler, der die Menschen so gemalt hat, wie sie wirklich sind.


Und er hat deswegen große Schwierigkeiten bekommen mit seinem Auftraggeber.


Eva betrachtet das Gemälde. Dann:


Alles ist von diesem wunderbaren Licht durchflutet. ..von Wärme.


Er sagt damit, dass alle, auch die Armen, einen Zugang zur Sphäre des Göttlichen haben...


tbc.