Sonntag, März 30, 2008

Filmszenen I ...hier mein Geheimnis - es ist ganz einfach: in: Das Wunder von Berlin. Teil 3.

Heino Ferch - Jürgen Kaiser. Regie: Roland Suso Richter, 2007-2008

ZDF Trailer Das Wunder von Berlin

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...hier mein Geheimnis.. sagte der Fuchs. ...Es ist ganz einfach:
in: Das Wunder von Berlin. Teil 3. Heino Ferch - Jürgen Kaiser. Regie: Roland Suso Richter, 2007-2008

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Anja, die Freundin von Marco, erlebt Familienalltag bei den Kaisers.

Der Opa lebt noch in der Vergangenheit, Stalingrad und Sibirien sind präsent in seinem Kopf.

Marco, Anja´s Freund, ehemals im nationalen Schwimmkader der DDR, ist jetzt richtungslos und weiß nicht, wo er seine Zukunft sehen soll.

Marcos Mutter Hanna, die in einem Buchladen arbeitet und dort die geistigen Aktivisten des Landes trifft, möchte an einer friedlichen Staatsreform mitarbeiten.

Marco´s Vater Oberstleutnant Jürgen Kaiser verteidigt verbittert den real existierenden Sozialismus bzw. dessen Staatsorgan: die Partei, die Partei, die Partei hat immer recht.

Ein Nachmittagsgrillfest endet im Streit, Marco und Anja ziehen sich auf Marcos Zimmer zurück und genießen ihr kleines junges Liebesglück. Das gehört ganz ihnen.

Schnitt.

Oberstleutnant Jürgen Kaiser im Büro, mit Oberleutnant Marion Niemann.

Wir werden Zeugen eines kruden armseligen F ic ks am Aktenschrank.

Jürgens zu seinen Knien herabgelassene weiße altmodische Männerunterhose erzählt in abscheu- und mitleiderregender Weise von emotionalem Elend, von einem atemlosen, einem hastigen Versuch, sich einen kleinen kleinen Zipfel vom Hungertuch des Glücks zu nehmen.

Nach dem F i ck. Marion ruht auf der Couch, zündet sich die obligate Zigarette danach an. Sie wäre gerne Jürgens offizielle Frau, seine Gattin.

Jürgen, er ordnet seine Kleidung:

Eine Scheidung in meiner Position- Auseinandersetzung in der Parteigruppe…kommt ga´ nich´ in Frage..

Jürgens Puls hat sich noch nicht beruhigt. Wir hören ihn atmen.

…vergiß es…

Er zieht die Krawatte eng, nimmt sein Jacket von der Stuhllehne…

Schnitt auf Marion.

Sie hat eine Hand unter den Kopf gelegt, blickt ins Nichts, in eine gemeinsame Zukunft, die es für sie nicht geben wird…

In ihren traurigen Blick hinein hören wir Marcos Stimme. Er liest etwas vor.

…und er kam zum Fuchs zurück.

Schnitt.

Insert auf einen Buchcover. Unser wohlbekannter, unser geliebter

Kleiner Prinz

von Antoine de Saint Exupéry

Marco blättert um.

Wir sehen, dass er liegt. Er hält Anja in seiner Armbeuge, sie hat sich an ihn geschmiegt und hört zu, mit geschlossenen Augen.

..Adieu sagte der Fuchs.

hören wir Marco.

Schnitt.

Abend. Ein Schreibtisch. Wir sehen den Großvater. Unter dem warmgoldenen Lichtkegel einer alten Schreibtischlampe betrachtet er Fotos in einem Album.

Das Licht macht den Platz zu einer kleinen erleuchteten Höhle. Alles andere liegt im Dunkeln.

Der Großvater zündet sich eine Zigarette an.

Wir hören Marco:

… hier mein Geheimnis…

..es ist ganz einfach…

Wir blicken mit Großvater auf eine alte Abbildung, die ihn in Uniform zeigt, zusammen mit einer, wahrscheinlich seiner Frau. Die Beiden lachen sich an…

Marco:

…man sieht nur mit dem Herzen gut…

Der Großvater nickt in der Erinnerung an diesen Moment.

Marco:

..das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.

Schnitt.

Von der Treppe herab beobachten wir, wie Jürgen nach Hause kommt.

Schlafzimmer. Hanna hört ihn. Sie schaltet die Nachttischlampe aus.

Marco:

…aber Du darfst nicht vergessen…

Wir sehen Jürgen am Küchentisch. Er hat das „Neue Deutschland“ vor sich, will darin lesen.

..Du bist zeitlebens verantwortlich..

Halbnah. Die Kamera betrachtet Jürgen. Der sitzt mit der Lesebrille da blickt und auf die Titelseite der Zeitung hinunter.

...für das, was Du Dir vertraut gemacht hast.

Halbtotale. Wir sehen Jürgen allein in der – für uns – schäbigen Küche. Er nimmt einen Schluck Bier.

Er sitzt allein und er ist allein.

Wir wieder bei Marco und Anja. Anja schläft. Marco gibt ihr einen Gute-Nacht-Kuss.

Schnitt.

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2007-2008 Heino Ferch (im Alter von 44) – Genosse Oberstleutnant Jürgen Kaiser, Veronika Ferres – Hanna, Jürgens Ehefrau, Gesine Cukrowski – Oberleutnant Marion Niemann, Kaisers Geliebte, Kostja Ullmann – Marco, Jürgen´s Sohn, Caroline Herfurth – Anja, Marco´s Freundin, Michael Gwisdek – Opa, Jürgen´s Vater.

Kommentar 1.

Übergänge, Übergänge Übergänge. Schöne Übergänge Bild-Bild, Ton-Ton, Bild-Ton sind essenziell, sonst ist ein Film nur eine Serie nebeneinandergestellter Szenen. Diese kleine Serie von Übergängen erzählt mehr als tausend Worte. Eine kleine Perle. Regie: Roland Suso Richter.

(s.a. Field, Syd: Four Screenplays. Studies in the American Screenplay. Dell, NY, 1994 )

Kommentar 2:

Stalingrad, Sibirien: s.a. Alexander Solschenizyn: Ein Tag im Leben des Iwan Denissowitsch ; Archipel Gulag
Spielfilme:
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So weit die Füsse tragen (mit, Bernd Bettermann ("Straight Shooter", u. Michael Mendl ("Todfeinde"; "Es geschah am hellichten Tag", "Der Untergang")

"Stalingrad" von Josef Vilsmaier

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Montag, März 24, 2008

Filmszenen I ...es wird uns guttun, wieder in Athen zu sein...in: Der geheimnisvolle Schatz von Troja.

Regie: Dror Zahavi 2006-07. Heino Ferch - Heinrich Schliemann.

Teaser Der geheimnisvolle Schatz von Troja

Bildquelle und Bildrechte Stephan Rabold für teamworx / SAT.1

...es wird uns guttun, wieder in Athen zu sein...in: Der geheimnisvolle Schatz von Troja. Regie: Dror Zahavi 2006-07. Heino Ferch - Heinrich Schliemann.

Kaiser Wilhelm hat sich für eine Besichtigung des Ausgrabungslagers angekündigt.

Der Tag ist gekommen. Alle Arbeiter, Vorarbeiter, die Gruppe um Schliemann und der Archäologe selbst haben Aufstellung genommen, um Seine Kaiserliche Majestät willkommen zu heißen.

Eine schwarze Kutsche, eskortiert von berittenen türkischen Soldaten, fährt ein, hält direkt vor Schliemann und Sophia.


Hinterden beiden alle Gesichter, die wir bisher kennengelernt haben, Yannakis und Lydia, Bernsson, Demetrios.

Nur Theo Glauser ist nicht mehr dabei. Er war dem hohen Tempodruck zum Opfer gefallen, der die Sicherungsmaßnahmen unter das zulässige Minimalmaß absinken ließ. Ein Gerüst war eingestürzt und hatte den Stratografen erschlagen.

Opfer waren gebracht worden, um Seiner Kaiserlichen Hohheit am heutigen Tag Ergebnisse präsentieren zu können.

Schliemann, laut, offiziell:

Majestät – willkommen in Troja!

Der Wagen-Schlag öffnet sich. Alle verbeugen sich tief.

So tief, dass sie nicht sofort sehen, wer dem Wagen entsteigt.

Es ist nicht Seine Kaiserliche Hoheit, sondern-

der Archäologe Oskar Neumann, Schliemanns Widersacher.

Oskar Neumann:

Zuviel der Ehre Schliemann. -…obwohl ich mich daran gewöhnen könnte.

Der Türkische Handelsminister Safvet Pasha steigt ebenfalls aus.

Neumann:

Seine Majestät bedauert zutiefst, nicht an der Besichtigung teilnehmen zu können.

..aber er hat Informationen erhalten, die ihn das gesamte Unternehmen in einem völlig neuen Licht sehen lassen.

Ihr Firman ist hiermit ungültig.

Safvet Pasha:

Herr Schliemann, …

Er überreicht ein Dokument.

…Sie haben genau zwei Tage Zeit das Lager zu räumen und den Hügel zu verlassen.

Wenn Sie nicht freiwillig gehen, werden meine Soldaten gewaltsam das Lager räumen.

..undzwar mit Rückendeckung sowohl meiner…. Als auch Ihrer Regierung..—

Zwei Tage, Schliemann!

Oskar Neumann:

Sie haben hier wirklich Bemerkenswertes geleistet.

Wenn es Ihnen ein Trost ist – das viele Geld und die harte Arbeit, die Sie hier hineingesteckt haben…wird mir meine Aufgabe um vieles leichter machen.

Neumann zieht sich in die Kutsche zurück.

Safvet Pasha:

Also Schliemann.

Machen Sie es sich und uns nicht unnötig schwer.

Denken Sie an das Wohl Ihrer Mitarbeiter.

Pasha zieht sich ebenfalls in die Kutsche zurück.

Kutsche und Eskorte entfernen sich.

Schliemann wendet sich langsam um: Dann, zu seinen Leuten:

Morgen nach dem Frühstück – bezahle ich Euch für den Rest des Monats.

Nah. Seine Bewegungen sind bleiern.

Dann könnt ihr nach Hause gehen.

Yannakis:

..ja aber: wir sind so nah dran.

Sophia:

Wir haben noch zwei Tage – immerhin – Könnten wir nicht…

Schliemann unterbricht sie:

Nein.

Ich fürchte es ist vorbei.

Schliemann geht.

Sophia ruft ihm nach:

Heinrich…!

Die Arbeiter verlassen die Gerüstbrücke, auf der sie Aufstellung genommen hatten, um den Kaiser zu begrüßen.

Schnitt. Abend.

Eine Gruppe, Schliemanns engste Vertraute, sitzt an einem Holztisch. Wenige Laternen erhellen den Tisch nur schwach.

Kaum einer bewegt sich. Sophia steht auf.

Schnitt.

Im Zelt.

Schliemann auf seinem Feldstuhl. Er lehnt sich an, stützt die Arme auf die Armlehnen. Resigniert sieht er aus und traurig. Ein bisschen wie eingekerkert in sich selbst.

Wir treten langsam zurück, entfernen uns. Schliemann bewegt keinen Finger. Er scheint erstarrt.

In der Zelttüröffnung erscheint Sophia. Sie sieht nach ihm.

Kauert sich neben seinem Stuhl nieder und nimmt seine Hand.

Schliemann, er sieht sie nicht an. Bitter:

Es tut mir so unendlich leid.

Leise: Ich habe versagt.

Wieder lauter:

Ich habe Euch alle enttäuscht, vor allem Dich.

Sophia schüttelt den Kopf:

Du und ich, wir wissen beide, dass das Unsinn ist.

Schliemann nimmt seine Augengläser ab.

Er braucht sie jetzt nicht mehr.

Zu Sophia:

Morgen früh packen wir.

Es wird uns gut tun, wieder in Athen zu sein.

Sophia widerspricht nicht. Sie schmiegt ihren Kopf an seine Schulter. Sie will ihn trösten. Trotzdem: Die Würfel sind gefallen. Das Spiel ist

Aus.


Schnitt. Der andere Morgen.

Wir begleiten Schliemann ein letztes Mal bei seinem morgendlichen Bad in der Ägäis.

Als er ins Lager zurückkommt, ist er unerwarteterweise nicht allein. Überall Arbeiter, überall wird geschaufelt, gegraben. Frauen schieben Schubkarren voller Erde, tragen Steine in Körben weg. Mitten unter ihnen Sophia.

Yannakis zu Schliemann:

Deine Frau hat Lydia gebeten, sie zu holen. Ich hab´ ihnen gesagt, dass es kein Geld gibt, aber…sie haben trotzdem angefangen zu graben und seitdem…graben sie.

Schliemann blickt freudig überrascht auf das Leben in seiner Ausgrabungsstätte.

Yannakis:

Pasha wird uns von hier wegtragen müssen…

Er lacht. Beide lachen.

Schnitt.

2002 – 2007 Heino Ferch – der Archäologe Heinrich Schliemann, Merab Ninidze – Yannakis, Mélanie Doutey – Sophia Schliemann-Engastromenos, Justus von Dohnanyi – der Archäologe Oskar Neumann, Matthias Koeberlin – Lars Bernsson, Kostja Ullmann – Demetrios, Aykut Kayacik – Safvet Pasha, der türkische Handelsminister.

Kommentar 1:

Warum ist diese Szenenfolge eine Schlüsselszene? Weil.. weil dieser Moment den Tiefpunkt des Helden auf seiner Reise innerer und äußerer Transformation beschreibt. Der Held hat Prüfungen bestanden, Siege erfochten, doch nun ist er am Tiefpunkt, die gegnerischen Kräfte haben sich neu gesammelt, sind stärker als je zuvor und scheinen zu siegen. Der Held übertritt die zweite Schwelle der Transformation auf seiner Reise zu sich selbst. (zit. n. Hunt, Filmdramaturgie. Kapitel Monomythos)

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Sonntag, März 16, 2008

Filmszenen I ...ich versteh´ das nich´was geht da vor?...in: Das Wunder von Berlin. Teil 2. Heino Ferch - Oberstleutnant Jürgen Kaiser.

Teaser Film Das Wunder von Berlin. Heino Ferch - Jürgen Kaiser 2007-08

Bildquelle und alle Bildrechte bei teamworx für ZDF

...ich versteh´ das nich´, was geht da vor?...in: Das Wunder von Berlin Teil 2. Heino Ferch - Oberstleutnant Jürgen Kaiser. Regie: Roland Suso Richter 2007-2008

Die Szene.

Ein Büro.

Schreibtisch. Wir blicken einem Mann im grauen Anzug über die Schulter. Die Nähte des Anzugs sind nicht korrekt gesetzt. Die Jacke steht im Nacken ab. Die Ärmel wurden offensichtlich ausgelassen. Die Bügelfalte der vorher kürzeren Ärmellänge umläuft sein Handgelenk.

Vor ihm ein Telefon mit mehreren Reihen Kurzwahltasten, Gegensprechanlage im kantigen Design der siebziger Jahre. Wir sehen ein Stück Parkettboden, darauf in der Zimmermitte ein heller Teppich.

Der Mann studiert durch seine Brille mit brauem Plastikgestell – Hornimitat - eine offensichtlich häufig gebrauchte Liste, deren Seiten in Klarsichthüllen eingesteckt sind.

Wir hören eine Frauenstimme aus der Sprechanlage:

Genosse Oberstleutnant? Die Genossin Niemann von der Ha Vau eins ist hier.

Schnitt.

Halbtotale. Wir sehen mehr.

Trübe, trübe. Genosse Honegger im Bilderrahmen, der Blick aus dem Fenster zeigt weiße Backsteinmauern. Zimmergröße: fünf Schritte von Wand zu Wand, halbhohe braune Wandverkleidung aus furnierten Spanplatten.

Der Mann, sehen wir jetzt, ist Jürgen Kaiser. Er beugt sich vor, erhebt sich bei seiner Antwort schon halb aus dem Sitz, als er den Knopf der Gegensprechanlage drückt. Sehr wohlgelaunt:

Ja. Soll reinkomm´.

Er steht rasch auf.

Hinter der Tür schulterhoch ein weißer Panzerschrank, abgegriffen zerkratzt.

Kaiser versucht sein Schrittgeräusch zu dämpfen, als er schnell zum Schrank geht, die Tür öffnet. Wir können mit ihm in den Schrank sehen: Fachböden voller West-Spirituosen. Jim Beam, Campari, Whisky und… das sehen wir nicht genau. Er nimmt eine Flasche aus dem Schrank und drückt ihn leise wieder zu.

Im selben Moment öffnet sich die billige Sperrholz-Bürotür und…

..eine verdammt gut aussehende Frau Mitte Dreissig kommt herein.

Sie erwartet Kaiser am Tisch zu sehen. Kaiser tritt aus seiner Position hinter der Tür auf sie zu. Sie erschrickt ein wenig, schließt langsam die Tür.

Sie ist nicht nur sehr hübsch, sie trägt auch Kleidung, die wohl kaum in der DDR zu kaufen ist. Ein tailliertes „amerikanophiles“ Jeanskleid mit breitem Bandeau-Ledergürtel.

Kaiser freut sich. Marion ist seine Kollegin und Geliebte. Er schiebt sich an sie heran, lässt seine Körperlichkeit spielen, lächelt mit sehr männlicher Aura und raunt ihr zu:

Ich hab´ wat für Dich.

Marion nimmt die Aufforderung zum Mann-Frau Spiel nicht an:

Ick ooch.

Awa det wird dia nich jefalln.

Sie geht zur Couch, setzt sich. Kaiser schaltet den Tarzan in sich ab. Gibt ihr aber noch, was er hinter seinem Rücken in der Hand hält. Eigentlich hatte der die Flasche wohl präsentieren wollen und sich auf ihren überraschten Dank gefreut.

Er sieht ein bisschen verstört, beflissen und verloren aus, als er sich beeilt, die Flasche Chanel No. 5 jetzt auf den Couchtisch zu stellen.

Er setzt sich neben Marion auf die Armlehne der Couch, legt die Hände brav übereinander.

Marion lächelt ihn an. Das war schon das Dankeschön. Parfum hatte sie sich gewünscht und quasi indirekt bei ihm bestellt. Ein Herr, nein ein Geliebter, hat seine Freundin mit Geschenken zu verwöhnen. Immer schön daran denken, meine Herrn.

Marion greift das goldene Tischfeuerzeug und eine Zigarette.

Kaiser – ganz beflissener Gentleman – nimmt ihr das Feuerzeug so aus der Hand, dass seine Hand die ihre berührt – läßt die Flamme aufspringen und hält sie ihr hin. Das goldene Gliederband seiner Westuhr glänzt am Handgelenk.

Kaiser berührt Marion zwar nicht weiter, aber wir fühlen, dass er ihren intimen Körperabstand durchbricht, um sie seine Körperlichkeit fühlen zu lassen. Vielleicht bekommt sie ja Lust.

Marion:

Diese Anja hat ´ne Akte.

Er dreht sich weg, richtet sich auf. Anheizen ist vergessen. Frustiert:

Na das war ja zu erwarten.

Er steht auf, geht zum Fenster:

Mein Sohn lässt sich immer mit den falschen Leuten ein, das ist doch zum Kotzen.

Kaiser nah. Frustriert. Besorgt. Er dreht sich zu Marion:

Is sie O.V.?

Wir blicken mit ihm zu Marion. Sie fühlt sich offensichtlich sicher und wohl, hat ein Bein übergeschlagen. Ihr Rock ist zwar midi, aber ein schwarzer kniehoher Lederstiefel blitzt darunter hervor und macht es unserer Phantasie recht leicht, ihre Beine für kilometerlang zu halten.

Marion:

Ick hap die Akte nich jesehn, ick hap nua mit dem Aktenführa jesprochn.

Ick sach Dia nich wer et is, aba die Akte wird rejelmässich jesäubat.

Dea wees aba ooch nich, wea da die schützende Hand voahält.

Kaiser wieder nah. Er denkt. Pause. Dann, leise:

Warum macht die sich an mein Sohn ran?

Marion entknotet ihre Anita-Ekberg-La-dolce-vita -Beine, steht auf. Jetzt hat sie doch noch Lust bekommen. Sie tritt von hinten an Kaiser heran, schmiegt eine Hand auf seine Schulter und stützt ihr Kinn darauf:

Dat wees ick nich`

Wie hoch Kaisers ängstliche Spannung war, wird klar, als er explodiert. Er zischt sie böse an:

Dann krieg´s raus!

Böser Fehler. Marions Gesichtsausdruck zeigt ihre augenblickliche Distanzierung. Sie lässt ihn los. Ohne Wut oder Weinerlichkeit, sachlich:

Das Wunder von Berlin Jürgen Kaiser und seine Kollegin Marion Niemann (Heino Ferch Gesine Cukrowski)

Bildquelle und alle Bildrechte bei www.teamworx.de für ZDF

Ick bin nich mea Deine Untergebne.

Sie wendet sich schnell ab, drückt ihre Zigarette aus und geht zur Tür. So nicht, mein Herr. So nicht.

Kaiser hechtet ihr hinterher. Es tut ihm leid. Er hält sie vorsichtig am Ellbogen zurück, dreht sie zu sich.

Marion entschuldige bitte.

Es tut mir leid, ich bin..

Wir sehen, dass er verstört ist, sein Blick fasst keinen festen Punkt. Er atmet hörbar.

Ich bin heute etwas nervös.

Jetzt reißt er sich zusammen, das Ganze noch mal in sachlicher Form:

Warum sollte jemand einen Vorgang frisieren wollen, den man nur innerhalb des Ministeriums abfragen kann?

Dazu braucht man Decknamen..

..Anträge in der Registratur, ich….

…versteh das nich´ was geht da vor?

Marion, versöhnlich, sie scheint ihn am Arm zu knuddelpuffen:

Ick bleib´dran.

Will die Tür öffnen, um zu gehen.

Kaiser:

Marion?

Sie bleibt, sieht ihn an.

Kaiser nah. Sehr besorgt, ängstlich fast, mit intensivem Ernst:

Dank Dir.

Marion geht.

Schnitt.

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2007-2008 Heino Ferch (im Alter von 44) – Genosse Oberstleutnant Jürgen Kaiser, Gesine Cukrowski – Oberleutnant Marion Niemann, Kaisers Geliebte in der Hauptabteilung I der Staatssicherheitsbehörde der Deutschen Demokratischen Republik

Gesine Cukrowski unterstützt http://www.stiftung-findelbaby.de/

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(s.a. "Deutschlandlied" Buch: Peter Märthesheimer, Regie: Tom Toelle. Szene: Nylons. Hanno und Lisa.)

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Donnerstag, März 13, 2008

Filmszenen I Editorial zum Dritten Geburtstag von "Filmszenen-ignazwrobel"


Filmszenen ignazwrobel Gipfelfoto Winter 2007-08

Editorial zum Dritten Geburtstag von Filmszenen - ignazwrobel am 15. März 2008

Liebe Leserinnen und Leser,

Frau Dito:

Drei Jahre online!

Drei komplette Systemabstürze bei blogigo, ein Bannfluch von stopbadware.org,
den unser Robin Hood, Frau Glaser, persönlich bei Professor Palfrey in Hogwart, äh Harward kniefällig zu lösen erbat, mehrere Copyright-Bannflüche, inklusive herzschmerzlicher Nie-Wieder-Beteuerungen in rechtsverbindlicher Schriftform bei den zuständigen Rechtsabteilungen und beauftragten Anwälten, und doch

…will ich, ich ja muss ich…

Frau Ignaz:

..hey Frau Dito, falscher Text, das sagt Herr Schliemann in einem Brief an Virchow

Frau Dito:

..danke danke, Frau Ignaz. …Gelegenheit auf unser brillantes Archiv in den Köpfen meiner Kolleginnen zu verweisen und natürlich auf ihre Recherchestärke in der größten aller Enzyklopädien. Wikipedia . Quatsch, nein, Internet, dem Internet natürlich.

Drei Jahre. Fast vierhundert Einträge hat unser allzeit bereites Redaktionsteam in dieser Zeit produziert.

Badewannen voller Tränen sind geflossen über dem Mitleid an den Schicksalsschlägen unserer Helden.

Mit fast fünfzig Männern haben wir die Welt umreist, Deutschland, Frankreich, Algerien, Kenia, Belgien, Canada, die Türkei, Island, Californien, Griechenland, Litauen, West- und Ostdeutschland, von der Nordsee bis ins tiefste Berchtesgaden haben wir Deutschland durchquert.

Berge, Wüsten, Großstädte und Naturparks haben wir gesehen, waren unter Tage dabei, sind in Island Schlittschuh und in Bayern Ski gefahren und lagen in Schützengräben in der Bretagne und in Ostpreussen,
Nächte haben wir vergrübelt in einsamen Büros über der Frage, wie Berlin mit Lebensmitteln versorgt werden könnte,

…und Häuser, Paläste und Hütten haben wir besucht, mit kleinen Leuten um ihre Lieben gezittert und mit großen Männern staatstragende Probleme gewälzt.

Wir durften bei Napoléon zu Tische sitzen, Expeditionszelte am Hellespont von Innen besichtigen, wir knieten auf nassem Sand in der algerischen Wüste, zusammen mit unserem Hauptmann León..

Frau Glaser:

....na, na, nasser Sand in der Wüste, jez is aber gut, ..

Frau Dito:

.. unterbrechen Sie doch bitte nicht ……

…also, wo waren wir?

Ach ja! Und durch die Zeiten sind wir gereist.

Mit Vercingetorix waren wir im Gallien der Alten Römer, mit Rauffeisen, Barbie und Jacob Gens erlebten wir die Hölle des Dritten Reiches, der Ingenieur Björn Theodor hat uns in die fünfziger Jahre mitgenommen, Chubby Checker und die sechziger erlebten wir in dem einen oder anderen Tanzlokal zusammen mit Fritzi und Harry, und die Kälte der Nachkriegswinter in Berlin. Ja. Sogar in der Unterwelt waren wir und haben den Fluss zur Totenwelt überquert!

Abenteuer, Abenteuer….und dabei saßen wir die ganze Zeit nur in einem kleinen Ort am Rande der Alpen an unserem Schreibtisch - und starrten versonnen aus dem Fenster in die Wipfel des alten Baumbestandes

Frau Ignaz:

Aäh.. wir sollten doch vielleicht…

Frau Wrobel.

Was? Was sollten wir doch vielleicht?

Frau Ignaz:

Danke sagen.

Frau Wrobel:

Danke.

Frau Ignaz:

Das klingt – mit Verlaub – nicht sehr überzeugend.

Frau Dito:

Also: Danke Herr Ferch. – dass Sie uns klaglos all die Jahre mitgenommen haben. Und nun die schlechte Nachricht: Wir bleiben voraussichtlich noch eine kleines Weilchen in ihrem Reisegepäck. Ja.

Bis zum nächsten Geburtstag, Hals und Bein,

Euer Redaktionsteam

Das Redaktionsteam von filmszenen-ignazwrobel Frau Wrobel, Frau Ignaz, Frau Dito, Frau Glaser

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Donnerstag, März 06, 2008

Filmszenen I ..as a free man....in: Das Wunder von Berlin Teil 1. R.: Roland S. Richter 2007-08

Teaser Film Das Wunder von Berlin. Heino Ferch - Jürgen Kaiser 2007-08

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...Therefore, as a free man, I take pride in the words:
Ich bin ein Berliner.....

in: Das Wunder von Berlin. Teil 1. Heino Ferch - Jürgen Kaiser. Buch:
Thomas Kirchner Regie: Roland Suso Richter 2007 - 2008

von: ignazwrobel

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Dokumentarfilm-Dokumente

Impressionen vom Tag des Mauerfalls, Alltagsbilder von der Mauer, Luftaufnahmen des Brandenburger Tors, die breite Prachtstraße unter den Linden endet im Nichts, Bilder des Todesstreifens, patroullierende Grenzsoldaten, Wachtürme, Selbstschussanlagen

Film Das Wunder von Berlin. Brandenburger Tor und Mauer.

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O-Ton Staatsratsvorsitzender der DDR Erich Honegger:

Die Mauer wird in fünfzig und auch in hundert Jahren noch bestehen bleiben, wenn die dazu vorhandenen Gründe noch nicht beseitigt sind.

Die Sicherung der Grenze ist das souveräne Recht eines jeden Staates und so auch unserer Deutschen Demokratischen Republik

O-Ton Bundeskanzler der BRD Willy Brandt:

Ein Regime des Unrechts
hat ein neues Unrecht begangen,
das größer ist,
als alles zuvor…

O-Ton Der Amerikanische Präsident John F. Kennedy in Berlin:

Therefore, as a free man,
I take pride in the words:
"Ich bin ein Berliner".

Schnitt.

Die Szene

Achtziger Jahre. Berlin Ost.

Das Wunder von Berlin - Wohnhaus Kaiser

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Blassblauer Sommerhimmel, ruhiges Wohnviertel, alter hoher Baumbestand.

Ein großes Walmdachhaus versteckt sich hinter einer dicken Thujahecke. Graue Außenmauern, Fensterläden, geklinkerte Eingangstreppe.

Die Hecke gibt eine Lücke frei für ein Gartentor. Wenige Schritte zur Haustür, zu der drei geklinkerte Treppenstufen hinauf führen.

Nah.

Direkt vor der Tür hat eine schwarze Ost-Limousine gehalten. Der Kofferraum ist schon geöffnet, ein Mann im Anzug steckt mit dem Oberkörper im Kofferraum, um einen Getränkekasten herauszuwuchten.

Ein zweiter ist ebenfalls ausgestiegen. Er war wohl auf der Rückbank im Fond des Wagens gesessen. Weisses Hemd, Seitenscheitel, Krawatte, Anzug, Aktenkoffer, Tageszeitung gefaltet, Sommermantel über dem Arm.

Als der Kastenträger die Getränke zum Haus tragen will, nimmt der zweite ihm den Kasten ab.

In souverän freundlichem Ton:

Lass ma´ Günther ..ich mach das schon.

Der Mann antwortet korrekt:

Wie sie wünschen, Genosse Oberstleutnant.

Aha, Genosse Oberstleutnant, Limousine und Fahrer.

Genosse Oberstleutnant macht zwei Schritte Richtung Haus, da erscheint im Haustürausschnitt ein junger Mann.

Es ist der Sohn des Hauses, Marco, 18, in schwarzen Lederklamotten vollvernietet, blonde Strähnchenpunker-Frisur, Hundehalsband.

DAs Wunder von Berlin. 2008. Jürgen Kaiser - Heino Ferch

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Genosse Oberstleutnant und sein Fahrer starren den jungen Mann einen Moment wie eine üble Erscheinung an, der Junge starrt ebenfalls, versucht dann die beiden Männer zu umschlängeln.

Vater macht einen Abfangversuch. In strengem Ton, frustrierte Mine, Gesichtsausdruck wie ein zerknautschter Pullover:

Du wart´ma n Moment..

Marco, fluchtversuchend:

Keene Zeit

Wir erwarten Marco am Seitenweg zum Garagentor, er kommt auf uns zu. Hinter ihm Vater mit Aktenkoffer, Mantel und gelbem Getränkekasten: Schreit Marco und uns von hinten her nach:

Zum hundersten Mal: so gehste mir nich unter die Leute!!!

Marco dreht sich halb um, stiefelt weiter den Betonplattenweg zur Garage:

..ch bin achzehn! Du hast mir gahh nichts mehr zu sagen!

Dreht sich weg. Wir hören den Vater. Er schreit, völlig daneben weil völlig wirkungslos. Marco ist ihm, dem Genossen Oberstleutnant, nicht dienstunterstellt.

Ich befehle es Dir!

Schnitt.

Nah die Mutter.

Sie ist aus Haustür getreten. Anspannung im Gesicht. Vater und Sohn streiten.

Marco fährt aggressiv herum, geht rückwärts weiter

.. und zu befehlen schon gah nich!!

Schnitt ins Hausinnere.

Am Fenster hinter den Gardinen steht der Großvater. Verfolgt die Szene mit Interesse. Wir sehen durch seine Augen. Draussen der Genosse Oberstleutnant, stur, frustriert und hilflos, der Fahrer dahinter als unwillkommener Zeuge der väterlichen Machtlosigkeit.

Der Genosse Oberstleutnant dreht sich zu seiner Frau. Leise und beleidigt:

Alles Deine Erziehung!

Er geht ins Haus, zischt seiner Frau im Vorbeigehen zu:

Das Wunder von Berlin. 2008. Heino Ferch - Jürgen Kaiser. Veronika Ferres - Hanna Kaiser

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Der macht mich unmöglich vor dem Fahrer.

Verschwindet im Haus. Die Mutter presst die Lippen zusammen.

Von drinnen, wütend. Laut:

Du must ihm auch ma was verbieten!

Die Frau:

Ich verbiet´ ihm nichts mehr! Nie wieder!

Der Fahrer wartet immer noch mit Einkaufsnetzen in den Händen.

Halbtotale.

Frau Kaiser mit Faltenrock, Bluse und braunem Blazer, auf der oberen der drei Klinkerstufen zur Haustür, beugt sich hinunter, nimmt dem Mann die Netze ab, lächelt freundlich:

Das Wunder von Berlin. 2008. Heino Ferch-Jürgen Kaiser, Veronika Ferres - Hanna Kaiser

Bildquelle und alle Bildrechte bei www.teamworx.de für ZDF

Dankeschön.

Schnitt.

2007-2008 Heino Ferch (im Alter von 44) – Genosse Oberstleutnant Jürgen Kaiser, Kostja Ullmann – Jürgens Sohn Marco Kaiser, Veronika Ferres – Hanna Kaiser, Jürgens Frau, Michael Gwisdek – Walter Kaiser, Jürgens Vater.

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Warum ist diese Szene eine Schlüsselszene? Sie macht uns mit fast allen wichtigen Personen der Handlung bekannt, sie führt uns in den Zentralkonflikt Vater-Sohn ein und sie etabliert die Lebens-Welt der Filmfiguren.

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Samstag, März 01, 2008

Filmszenen I ...Na?...Schmeckt der Job? Szene aus: Das Leben ist eine Baustelle. Regie: Wolfgang Becker, 1996-97



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Hier auch Story-Line des Filmes, Besetzung und Filmtra
iler

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Na?...Schmeckt der Job?... Szene aus: Das Leben ist eine Baustelle. Heino Ferch - Supermarktleiter Hoffmann. Buch: Tom Tykwer und Wolfgang Becker, Regie: Wolfgang Becker, 1996-97

von: ignazwrobel



Vor der Szene

Weihnachtsfeier bei Jan (Jürgen Vogel) und Buddy (Ricky Tomlinson) zu Hause in der Wohnung des verstorbenen Vaters:

Buddy:

Ach, übrigens, Jan: Ich hab´ da noch ´ne Überraschung. Ich hab´für Dich ´n Job gefunden. Irgendwas mit Werbung für´n Supermarkt.

Jan: Super.

Buddy: Besser als nix.

Später.

Am Supermarkt. Eingangsbereich.


Automatische Glastüren. Leute kommen und gehen.

Es ist der Bereich, in dem die Pfennigautomaten-Pferdchen und Münz-Rennautos für die Kinder stehen.

Die "Werbung" stellt sich heraus als erniedrigender Schwitzjob im Inneren eines Disneyland – Kostums. Verkleidet als zwei Meter hohes Küken mit Kugelbauch, rotem Höschen und Luftballonen in der Hand kann Jan durch den geöffneten Kükenschnabel Luft schnappen und einen Röhrenblick aus dem meterdicken Kükenkopf werfen.

Der Supermarktleiter (Heino Ferch) in weißem Kittel, Hemd und Krawatte und korrekten dunklen Hosen weist Jan gerade in seinen Job ein.

Der Leiter ist von einer vordergründigen Packen wir´s an – Fröhlichkeit, die den Neuling animieren soll.

Hoffmann:

Setz´ma auf, das Ding…

Jan stülpt sich den haarigen Schwellschädel über.

Der Marktleiter packt den Ärmsten am Schnabel und hilft Jans Justierbewegungen für den Kopf nach. Drückt ihm ein Bündel Luftballone in die Hand.

Hoffmann, händewedelnd:

So, jez hüpfen…

Drei bemühte Hüpfer im bleischweren Kostüm. Den Marktleiter freut´s.



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Jovial:

Die Kinder stehn drauf…

Versetzt Jan einen Schulterschlag, der aufmunternd wirken soll.

Vamos!

Hoffmann verlässt den Türbereich Richtung Marktinneres.

Wir fühlen unter der guten Laune des Marktleiters ungeduldig unerbittliche Härte. Hoffmann zwingt Jan mit einem unausgesprochenen Wehe, Du widersetzt Dich....

Vera (Christiane Paul) kommt aus dem Markt, sieht Jans "Werbejob", lacht und füttert ihn in den Schnabel hinein. Sie küsst den Schnabel und geht.

Die Szene

Später.

Pause.

Kantine.


Jan, meterdick im gelben Kostüm mit dem Kükenkopf unter dem Arm und einer Tasse Kaffee in der Hand, geht zu einem Stehtisch.

Am Tisch zwei Männer.

Der eine eingekerkert in einen riesigen Lippenstift mit einem Loch für das Gesicht in der goldenen Hülle und der andere in einer gigantischen blauen Kabeltrommel. Mit Henkel und Stecker im Nacken. Wahrheitsgetreu.

Die beiden versuchen, - nicht wenig behindert durch ihre Kostume, - zu Mittag zu essen.

Hallo!

sagt Jan und wuchtet den Kükenkopf auf den Tisch.

Die Kabeltrommel:

Bist Du der Neue für die Kinderbetreuung?

Der Lippenstift trinkt von seinem Kaffee.

Jan:

Wer seid ihr?

Die Kabeltrommel:

Siehste doch! Ich bin Baumarkt, er is Drogerie.

Der Lippenstift korrigiert. (– Man hat ja Berufsehre- )

Parfumerie!

Jan nickt blass.

Der Supermarktleiter schießt herbei. Sein Kittel ist offen. Wir können die gigantische Geschmacklosigkeit der Hemd-Krawatten-Kombination jetzt ebenso wahrnehmen, wie deren schlechten Sitz.

Egal.

Was kümmert´s einen Lippenstift, eine Kabeltrommel und ein Küken?

Baumarkt und Parfumerie bleibt das Essen im Halse stecken. Böse Blicke zum Kittelträger.

Man zieht sich ostentativ an einen anderen Tisch zurück.

Hoffmann zu Jan, selbstredend fröhlich:

Na? .. Schmeckt der Job?
..nich´ gerade vom Feinsten bei der Kälte, wa?

Was hat der Kittelträger denn da in der Hand? Irgendwas Buntes mit Flügeln, das schnatterig klappert. Jan zuckt die Schultern.

Hoffmann zeigt das Teil. Ein bunter Adler aus Papier und Plastik, wie ein kleiner Flugdrachen. Hoffmann:

Kennst die Dinger? Ich sag´Dir…

er nimmt den Vogel und schießt ihn ab wie einen Dartpfeil.







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…die Kinder stehn´drauf.

Der Vogel zieht Kreise, flatter ratter, flitter flattatter, ziemlich schnell.

Die beiden äugen versonnen dem Spielzeug hinterher.

Paff.

Wie ein Boomerang schießt der Flattermann zum Start zurück. Jan geht großflächig in Deckung.

Hoffmann zuckt mit dem Reaktionstempo einer Stubenfliege den Kopf zwei Millimeter zur Seite, als der Vogel an seiner Schläfe vorbeihuscht.

Guckt dem Tier fröhlich hinterher. Das Beinahe – Touché hat ihn amusiert.

Mit Feldherrengeste lehnt er locker einen Ellbogen auf Jan´s Stehtisch.

Knatterknatterflattatter hören wir. Die Blicke der Beiden sagen uns, dass das Tier zur Landung ansetzt.

Jetzt knatterflattattert es nicht mehr. Touch down.

Jan, steif:

Find´ich gut!

Hoffman:

Super, ne? Kannste kaufn.

Jan:
Wieviel?

Hoffman:

Tausend Stück.

Schnitt.

Als Jan am anderen Tag nicht zum Kükenjob kommen kann und seinen Freund Buddy ins Kostum steckt, löst Hoffmann unsere Ahnung ein. Unter der Knall-Fröhlichkeit steckt ein bissfreudiges Zweitgesicht, das rumbrüllt, wenn etwas gegen seine Direktiven geht.



1996-97 Heino Ferch (im Alter von 33) - Supermarktleiter Hoffmann, Jürgen Vogel - Jan Nebel, Christiane Paul - Vera, Ricky Tomlinson - Buddy.

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Kommentar 1:

Diese kleine Rolle hier ist u.E. darstellerisch trotz ihrer Kürze sehr elaboriert. Diese Figur hier hat fühlbar jenseits der Szene
ein Alltagsleben, offene und verdeckte Charakterzüge. Sagt Dinge, lässt andere fühlen. Das ist komplex, 3D. Ein Vergleich mit einer früheren ähnlichen Rolle in "Alles Lüge", - noch wesentlich flacher – ( den wir hier noch anfügen werden, wenn wir die ver..Technik wieder zum Laufen bekommen. ) würde unsere Behauptung erhellen.

Kommentar 2:

Der Rock´n´Roll Club von Buddy besitzt birnenförmige Tischlampions. Genau diesen Birnenlampions begegnen wir wieder in der Szenenfolge im (Twist-) Tanzlokal des Films Der Tunnel., Harry und Fritzi am Tresen, der Lampion zwischen ihnen.

Kommentar 3: Für alle Dirty Dancing (1987) Fans: In der Rock´n´Roll Tanzszene hier in "Baustelle" ist ganz kurz eine blonde Tänzerin zu sehen, die wie die Partnerin Penny von Johnny (Patrick Swayze). in "Dirty Dancing" (ca. 30 Mal angeguckt…) aufgemacht ist, ihre Tanzbewegung mit den Händen im Rock imitiert und sogar..Penny´s schwarzes Pettycoat-Kleid mit dem weissen Necktie-Kragen trägt.

Kommentar 4: Die kleine Griechin Kristina (Christina Papamichou) in Baustelle, bzw. ihre Funktion als "Quelle" für den alltagsmüden Buddy und auch für Jan – er schläft mit ihr und wird von Vera dabei überrascht. – ähnelt sehr unserer kleinen Griechin Kalypso (Marily Milia) und ihrer "Quelle" in Helmut Dietls emblematischer Komödie Vom Suchen und Finden der Liebe"

Kommentar 5: Schaut Euch die Rock´n´Roll Szene der Spree-Teddys-Convention mit "You ain´t nothing but a hound dog" in "Baustelle" an- – stark, wie die Sängerin un-er-müd-lich Kaugummi kaut.





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