Montag, Oktober 09, 2006

"..du bist ein ganz besonderer Mensch..." Paula Teil 4 in: Auf ewig und einen Tag. Heino Ferch - Jan Ottmann 2005-2006

“…Du bist ein ganz besonderer Mensch, Paula..“ Paula Teil 4 in: Auf ewig und einen Tag. Heino Ferch - Jan Ottmann. Regie: Markus Imboden, Buch: Christian Jeltsch. d.i.e.-Film für arteZDF ORF 2005-2006

Im Thai-Schnellrestaruant an der Ecke, dem Meeting-Place all over the years.

Juni 1989. (..und ff.)

Paula ganz im China Look mit Chinesischem Blüschen und China-Make-Up.
Sie erzählt Jan während der heiligsten aller Handlungen – der Nahrungsaufnahme- von ihren Männern. Sie isst. Sandwich mit Salat und Ketchup.

Paula

...Genau wie Ron und Bob.... Und Zack. Die verstehn´ mich nich´.

Beisst herzhaft in ihr Sandwich.

Jan sieht ihr zu. Blaues Oberhemd, Hosenträger, offener Kragen. Jan hat Pause. Er scheint ruhig zuzuhören.

Seine Augen sind nicht ruhig. Sie sind knallvoll Wohlwollen und noch ein bisschen mehr für die Frau, die ihm da gegenüber sitzt.

Viel zu machen ist da allerdings nicht. Jede Bewegung in ihre Richtung würde sie zurückscheuen lassen. Und weg wäre sie. Bleibt nur noch „der gute Freund“.

Paula:

Die kapier´n nich´ was mir wirklich wichtich is´. ...so wie Du das verstehst.

Sie kaut, leckt sich gutgelaunt mit ihrer rosa Zunge die Ketchupreste von den Rosenlippen.

...mich verstehst.

Kaut.

Meine Bestimmung.

Ihre Riesenaugen, - two chinese coins with dollops of caviar in the center- , blitzen auf, dann verliert sich ihr Blick in Endloseinstellung. Sie scheint nachzudenken.

Paula kaut fertig, schluckt runter.

Wirklich zu blöd, dass ich dich nich´ lieben kann.

Wir dürfen Jans Reaktion sehen. Er hat gerade nichtsahnend einen Schluck aus seiner Kaffeetasse genommen.

Jetzt reisst er sich gerade noch schnell genug zusammen, um sich nicht zu verschlucken oder die Nummer „guter Freund“ durch ein Entgleisen des Gesichtsausdrucks Richtung Megaenttäuschung als Farce erkennen zu lassen.

Er nickt ihr zu, bestätigt. Die brave Freundesantwort:

Hatten wir schon paar Mal, das Thema.

Seine Augen bleiben freundlich. Nur ein aufmerksamer Beobachter sieht die harte Frustration, die sich der eine Hundertstelsekunde lang in den Mundwinkeln zeigt.

Paula ist kein aufmerksamer Beobachter, sondern ein gutgelaunter Sandwich-Esser.

... übrigens...(Hör´zu Jan, ich muss Dir noch was erzählen...).... Howard...

(Jan! Zurück auf die Bühne! )

Jan: Howard?

Paula: Howard ist beim Theater...

Paula präsentiert ihren Howard wie ein Angler einen kapitalen Barsch.

...und tagsüber kocht er.

Wieder beisst sie ab von ihrem Sandwich. Wir sehen ihre grünmetallic lackierten Nägel und gleich darauf auch Howard. Howard kocht nämlich nicht irgendwo, sondern genau hier. Paula eilt liebeshungrig zu ihm und küsst ihn. Jan soll ihn begutachten.

Jetzt langt´s. Jan dreht sich weg und schaufelt seine Portion Glasnudeln in sich hinein.


Schnitt

Es folgen im Lauf der Zeit: A-K und L-Z. Gonzales, z.B. Er macht Musik. Großartig.

(Markus Imboden hat seinen Film hier in Hitchock-Manier als Cameo-Charakter signiert. Der Freejazz-Trompeter „Gonzales“ in der vernebelten Kneipe ist Markus Imboden himself.)

Mensch, Paula, sagt Jan bei einer der tausend Eckrestaurant-Sitzungen.

Mach mal ne Pause.

Mit Nachdruck und Ernst:

Du bist ein ganz besonderer Mensch.


Das bist Du auch ohne einen Mann an Deiner Seite.

Paula, nervös: (Sie möchte es Jan ja auch gerne recht machen, wie allen anderen. )

Ok.
Sie strahlt ihn an.

Ok, Du hast recht.

Paula versucht, ernst zu werden und wichtig. Ist ja auch wichtig.

Ja.

Irgendwo da unten muss er ja liegen, der ungeschliffene Brillant ihres wertvollen Ich. Jan hat ihn ja auch gerade gesehen.



Du hast recht. ...Aber....


Zögern.

Ratlosigkeit.



..wie sag´ ich das Roderick?

(Guter alter Witzklassiker. Unverstaubt vorgetragen - immer wieder frisch.)
--
2005-2006 Heino Ferch (im Alter von 41, gespieltes Alter etwas über 30) – Jan Ottmann, Paula Schmitt – Martina Gedeck

Zitat "Two chinese coins...." aus: „Dead men don´t wear plaid“ mit Steve Martin und Raquel Ward.

(der unverbrüchlich zugetane Freund, der nicht offen zeigt, dass er verliebt ist und der mit immer wieder neu sich stabilisierender Zuversicht wartet, bis er erkannt werden wird: s.a. Müller in Wer hat Angst vor RotGelbBlau?)

Kommentar Jan und Paula:

Paula und Jan, ihre langsam wachsende Beziehung, hat eine instrumental vorgetragene leitmotivische musikalische Untermalung.

Zwei Wochen hat der verstaubte kleine Archivar in unserem Hirn in den Schubkästen musikhistorischer Erinnerungen gekramt, bis er uns heute beim circa fünften Ansehen des Films ein altes Notenblatt vor unser inneres Auge hielt.

Darauf stand ein Liedrefrain: Jesus und Maria.

Etwas später entzifferten wir: 16. Jahrhundert.

Wir ließen uns die Leitmelodie ein paar zehn Mal von Frau Ignaz vorsingen, dann konnten wir endlich auch wieder das Kleingedruckte des Notenblattes lesen:

Maria durch ein´Dornwald ging. …heißt das Lied aus dem 16. Jahrhundert.

Ein altes katholisches Marienlied.

Kurz danach konnte die Redaktionsmannschaft erstmal gar nichts mehr lesen. Kleenexalarm!! In Tränenschleiern der Rührung verschwimmen die kleinen schwarzen Buchstaben und Notenköpfe.

Das musikalische Leitmotiv gibt der Liebesgeschichte, die langsam und stetig wächst, eine wunderschöne, poetische Note. Ja Note.

Der Liedtext wiederholt, paraphrasiert, was in Paula passiert:

Maria durch ein´ Dornwald ging.

Paula geht auch durch eine Art Dornwald, von Hoffnung zu Hoffnung, keiner ihrer Versuche, weder menschlich, noch beruflich, bringt Früchte.

Dann entsteht langsam etwas in ihrem Herzen, das schlußendlich als Kind unter ihrem Herzen das Erblühen ihrer Gefühle bestätigt.

Die entsprechende Liedzeile:

Was trug Maria unter ihrem Herzen?
Ein kleines Kindlein…

Und der tote Dornwald erblüht.

Der Text:

Da hab'n die Dornen Rosen getragen.
Kyrieleison !

Als das Kindlein durch den Wald getragen,
Da haben die Dornen Rosen getragen !
Jesus und Maria.
Maria Jesus.

Marie.. - Jan..

Kunsthistoriker nennen das Anagramm.

Nachdem Jan seinen inneren Frieden gefunden hat, kehrt er am Ende des Films zurück zum Alten Bootshaus im See, dem Ort, der Symbol für einen persönlichen paradiesischen Platz des Friedens der kleinen Familie ist.


Jetzt ist Jan bereit, in dieses Paradies einzutreten. Er tritt durch die Tür des Alten Bootshauses ein zu seinen liebsten Menschen an den Ort seines Seelenfriedens.

(Das Alte Bootshaus als symbolischer Ort persönlichen Friedens und Ort der Verbundenheit mit der Familie s.a. Der Anwalt und Sein Gast.)

PS.: Man kann interpretatorisch sogar noch weiter gehen. So lange Paula Jan nicht erkannt hat, ist "das Kindlein unter ihrem Herzen" (also das manifeste Band der Liebe) nur ihre alte Mary Poppins Häkeltasche. Nachdem Paula Jan "erkannt" hat, ist "das Kindlein unter ihrem Herzen" ein echtes Neues Leben.