Filmszenen I ...ich rette Dich!... in: Koma - lebendig begraben. Teil 2.
Buch und Regie: Uwe Janson 1996-97
Bildquelle und Bildrechte bei SAT.1 und ndf Neue Deutsche Filmgesellschaft
...ich rette Dich!... in: Koma - lebendig begraben. Teil 2. Heino Ferch - Franky Esche. Buch und Regie: Uwe Janson 1996-97
Rückblende: alles in Blautönen.
Das kleine Mädchen schaukelt im Garten auf einer Schaukel. die Schaukel ist am Ast eines großen alten Baumes befestigt.
Es springt ab, läuft den Gartenweg entlang, singt vor sich hin.
Dann blickt es in das Wohnzimmerfenster hinein.
Uns irritiert ein schwer saugendes Atemgeräusch.
Schnitt.
Zwei Menschen, n a. k t, jung, schön, geschmeidig, in einem Liebesakt auf dem weichen Teppich des Wohnzimmers.
Schnitt auf das Kind. Es steht außen vor den wandhohen Glasfenstern des Wohnzimmers, eine Hand am Glas der Scheibe und blickt auf das Liebespaar.
Die Frau, mitten im Akt, wirft einen Blick nach dem Wohnzimmerfenster, sieht das Kind.
Schnitt auf das Mädchen, es blickt immer noch auf die beiden, wir hören das schwere Atmen der Frau, erregt, sie stöhnt im Rhythmus der Stöße des Mannes über ihr.
Schnitt.
In Farben.
Lisa ohne Kleidung sitzt zu Hause in ihrem Haus auf dem WC-Sitz.
Sie bedeckt ihr Gesicht mit den Händen. Blickt vor sich hin. Wir verstehen, sie erinnert sich. Das Mädchen ist sie selbst.
Lisa !
hören wir
Schnitt.
Alles in Blau.
Lisa!
Ein Mann Mitte dreissig, kariertes Hemd, Schiebermütze, schwarzes Bauernwestchen, wohl ein Arbeiter oder Bauer, läuft durch den Garten. Im Hintergrund am Schopf sehen wir Feuerholz aufgestapelt, Fahrräder, Mopeds: ein Haus auf dem Land.
Der Mann bückt sich.
Hopp!
Als er wieder aufsteht, ist ihm sein Töchterchen in den Arm geflogen, er hebt sie hoch, lacht vergnügt.
Augen zu!
Die beiden gehen einige Schritte am Schuppen vorbei, sind jetzt vor der Wohnzimmerfront.
Er stellt sie wieder auf den Boden.
Guck mal, was ich Dir mitgebracht hab!
Das Kind:
Komm Papa, spiel mit mir!
Plötzlich dreht sich der Mann vom Kind weg, lässt es hinter sich. Aus dem Augenwinkel hatte er im Wohnzimmer etwas wahrgenommen. Er geht von uns weg, näher an das Fenster heran. Wir sehen gerade noch seine ruckhafte Bewegung, als würde er erschrecken.
Schnitt.
Zwei Hände laden eine Flinte durch. Wir sehen sofort am karierten Hemd und der Weste, dass es Lisas Vater ist.
Sein Gesicht nah: verhärmt, verarbeitet, Bartstoppeln, ein Mann, der offensichtlich kein leichtes Leben geführt hat. Er ist atemlos erregt, der Mund geöffnet.
Schnitt.
Die Beine des Mannes. Er geht schnell, wir sehen den Lauf des Gewehrs. Er stößt eine Tür auf. Die Terrassentür.
Wir draussen, beim Kind, es ist seinem Vater hinterher gegangen.
Ein Mann schreit:
Lass sie los!
Eine Frauenstimme kreischt, überschlägt sich:
Lass ihn in Ruhe, verschwinde!
Die Frau gibt einen Schrei von sich. Das Mädchen ist an der offenen Terrassentür angekommen, es hat einen Plüschdelfin in den Armen.
Wir stehen mit dem Kind an der Terrassentür, blicken hinein.
Ein Knall.
Dem Mädchen fliegt etwas ins Haar, ein Luftstoß, und: Blut.
Ein na . k ter Mann fällt direkt auf uns zu, vor unseren Füßen schlägt sein Kopf am Boden auf.
Schnitt.
Wir sehen, wie das Mädchen am Schuppen vorbei vom Haus zu Wiese und Waldrand wegrennt.
Schnitt.
Die na . kt e Frau hat sich eine Decke vor den Leib gezogen, versucht, durch die Terrassentür nach draussen zu fliehen.
Der Vater steht immer noch mit dem Gewehr im Anschlag vor seinem toten Opfer.
Schnitt.
Das Kind im Keller. Es hat sich dort hinter den Kartoffelsäcken versteckt.
Der Vater nah. Er öffnet die Tür, kommt herein, erregt, immer noch offener Mund.
Er setzt sich. Wir wissen, er hat sein Töchterchen nicht bemerkt.
Ohne zu zögern beugt er sich über den Gewehrlauf, langt nach dem Abzug und drückt ab.
Mit dem Knall kehren wir in die Gegenwart zurück. Alles wieder in Farbe.
Lisa als erwachsene Frau, heute, unter der Dusche. Sie steht mit dem Rücken zu uns unter den Wasserstrahlen, wir haben den Eindruck, sie will sich das Erlebte vom Leibe spülen lassen vom Wasser, das wärmt und reinigt.
Lisa nah. Sie dreht ihr Gesicht in den Wasserschwall. Wischt sich über die Haare, dann die Wangen, schließt die Augen, - öffnet sie wieder.
Rückblende. Alles in Blau.
Eine blonde Frau im Schlangendruck-Twiggy-Minikleid mit Flower-Power-Halsketten zerrt das Mädchen herunter zu uns. Die Kellertreppe herunter.
Jetzt wirst Du sehn, was Du Deinem Vater angetan hast.
Das Kind wehrt sich, versucht, sich am Handlauf festzuhalten:
Nein, Mama! Es tut mir…
...wir verstehen kaum...
… weh…
Du Miststück!
schreit die Frau
Du falsches Luder!
Sie stößt das Kind in einen Vorratsraum. Eine na c kt e Glühbirne hängt von der Decke.
Hasserfüllt:
So hat´s Dein Vater jetzt. So ist es, wenn man tot ist!
Sie starrt zu uns nach unten, packt die Kellertür, schlägt sie zu.
Schnitt. Heute.
Lisa nah. Sie hat sich zur Wand gedreht, fährt sich unter dem Rieseln, dem Wasserstrom durch das Haar. Senkt den Kopf.
Etwas Dunkles bewegt sich durchs Bild. Ein Arm. Eine Sekunde später verstellt ein zweiter Kopf und Rücken den Blick auf Lisa.
Franky ist zu ihr in die Dusche gekommen, schmiegt sich von hinten an sie und führt ihre Arme um seinen Hals.
You are my lucky star…
hören wir seinen weichen Bariton.
Lisa erwacht. Küßt ihn.
Du siehst aus wie ein Engel!
sagt sie.
Du rettest mich!
Franky nimmt ihre Worte auf:
…ich rette Dich…
sagt er, verliebt, verspielt.
Beide wissen noch nicht, dass aus dem Spiel bald mehr als ernst wird. -
Ein Engagement bis an die Grenze des Erträglichen.
Schnitt.
Hören statt Lesen: Audio.mp3-> zum Soforthören
1996-97 Heino Ferch (im Alter von 33) – Franky Esche, Lisas Lebenspartner seit zehn Jahren, Antje Schmidt – Lisa Tannert, Franky´s Lebenspartnerin und Mutter der beiden gemeinsamen Kinder, Jochen Nickel – Lisas Vater, der Selbstmörder.
Kommentar 1:
Das Lied You are my lucky star… ist ein Song aus dem Film "Singin´in the rain mit Gene Kelly . Look & Listen auf youtube.de-> und führt weiter: you are my lucky charm (Glücksbringer). Dieses Lied kündigt Lisas Hoffnung während ihres kommenden Kampfes an.
Kommentar 2:
Lisa ohne Kleidung sitzt zu Hause in ihrem Haus auf dem WC-Sitz und erinnert ihr Kindheitstrauma von Vater und Mutter. (s.a. Auf ewig und einen Tag:. Na . kt auf dem WC Sitz erfährt Gregor traumatisierende Zusammenhänge über seine Eltern, seinen Vater)
Kommentar 3:
Das Kind schaukelt, Symbol für Sorglosigkeit. s.a. Es geschah am hellichten Tag (kurz zuvor, 1996-97) : Das potentielle Opfer, das kleine Mädchen Annemarie, schaukelt im Garten: ebenfalls Symbol von Sorglosigkeit und Ahnungslosigkeit.
Kommentar 4:
Die Zuflucht zum Wasser in seiner reinigenden und wärmenden Kraft nach verstörenden Erlebnissen in der visuellen Umsetzung als Dusch- oder Waschszene bleibt in HF-Filmen, m.E. ein Topos. (z.B.: Gefährliche Verbindung, Deutschlandlied, Der Tunnel, Le Lion, Das Konto, Die Mauer-Berlin 61)
offtopic
Porträt Fotografin GABO auf arte.tv bis 19.7. Heino Ferch in Ausstellung BIG SHOTS Sept. 2007 im Ritz Carlton in Cannes: Min 39:00
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