Freitag, November 18, 2005

Filmszenen Heino Ferch - Wer hat Angst vor RotGelbBlau? Schluss Porträt Müller ( Heino Ferch ) Regie: Heiko Schier 1990

Wer hat Angst vor RotGelbBlau? Schluss Porträt Müller ( Heino Ferch ) Regie: Heiko Schier 1990

Schlußszene

Vespa: die zweite.

Francis steht im dunkelblauen Business-Kostüm und mit Handtasche an der Uferbalustrade. Wir blicken mit ihr über den glitzernden Fluß auf die Stadtsilhouette am jenseitigen Ufer.

Von hinten tritt jetzt Banuscher an sie heran, im schwarzen Schniegelanzug.

Er sagt: Es tut mir leid.

Francis: Lieber Gott, schick ihn weg.

Banuscher schnippt seine allfällige Zigarette weg, sieht nach Fancis.

Sie geht weg, Stechschritt, straffes Tempo.

Er sagt ihr hinterher: Ich will Dich malen.

Dieser Satz hält sie ruckartig an.

Sie dreht sich um, geht zu ihm zurück und knallt ihm ordentlich eine.
Sein Kopf fliegt zur Seite.

Sie dreht sich sofort wieder in ihre Richtung, läuft die Uferstraße entlang.

Da rattata-töfftöfftöfft Müller auf seiner Vespa heran, Jeansjacke und –hose in in sorglos hell- und himmelblau, bleibt neben ihr stehen.

Francis schreit ihn an: Du auch noch!!

Stiefelt wütend weiter. Er guckt ihr nach.

Sie fährt herum:

Haut doch endlich ab!!!! Verschwindet aus meinem Leben!!! schreit sie und rennt weiter.

Müller bleibt auf seinem Töfftöff sitzen, sieht ihr nach, dann sucht er - Verständnis heischend – Blickkontakt zu Banuscher.

Schnitt.

An der Balustrade. Banuscher steht da und raucht.

Mit einem Ruck steht Müller vor ihm. Mit dem Rücken zu uns.

Plötzlich Gary Cooper Stimmung: High Noon.

(Song….Rattatam-rattatam..
Do not forsake me, oh my darling (…)-
I do not know what fate awaits me,
I only know I must be brave
And I must face a man who hates me,
a lying coward, a grieving coward….)

Banuscher merkt, dass Müller ihn aggressiv fixiert. Sowas kennt er von ihm nicht.

Banuscher lächelt süffisant: Glaub´ mir Müller, sich wegen einer Frau schlagen lohnt nicht.

Er zündet sich die Zigarette an und wendet sich cool ab.

Close up Müller.

Müller, angefressen: Warum eigentlich nicht?

Huch - auf einmal hat er suppentassengroße schwarze Augen. Auch ein Lieblingshund kann beißen.

Schnitt.

Wir begleiten Francis, die langsam und ausgepowert dahingeht, dahinwankt.

Da, auf einmal, zack!- Müller schießt von links ins Bild, schiebt die Vespa, läuft wieder neben ihr her, wie damals.

Francis starrt beim Vorwärtsschwanken geradeaus, nutzt ihn sofort als Plauderwand, als kathartischen Resonanzboden, wie immer. Sie sieht ihn nicht an. Deshalb bemerkt sie nicht, was wir sehen.
Müller hat eine Platzwunde an der Lippe.

Francis: Hat zu Dir schon mal n´ Hase gesprochen?

Müller antwortet sofort, obwohl er noch leicht außer Atem ist:

Nein, nur ein Mops.

Lächelt sie an: Was hat er denn gesagt?

Francis: Geh´ nach Hause, die haben Dich reingelegt.

Bleibt stehen, schaut immer noch geradeaus. Eigentlich ist alles Deine Schuld!

Müller: Wieso meine Schuld?

Durch Dich hatten wir diese Ostausstellung, dann kam der Erfolg, ohne Dich wären wir heute noch zusammen.

Müller fällt ihr ins Wort: Ich war dagegen! Ich hab´s für Dich getan.

Francis: Sag´ ich doch, alles Deine Schuld.

Müller Du wolltest mir nicht glauben.

Francis Nein.

Müller: Und… glaubst Du mir jetzt ?

Sie sieht ihn an.

Du blutest ja.

Greift ihm an den Mund, um das Blut abzuwischen. Prüft die Verletzung. Ihre Hand liegt auf seiner Wange, die Berührung ist halb medizinisch, halb tröstend.

Er steht immer noch da mit den Händen am Lenker der Vespa, dreht den Kopf ganz zu ihr hin, in ihre prüfende Hand hinein.

Francis Was hast Du hier überhaupt verloren?

Müller lächelt süffisant, beugt sich ein wenig zu ihr.

Mit mir muß man immer rechnen ! [ha!]

Sie geht weiter, er lächelt ihr nach. Es sieht aus, als zöge sie ihn an einem unsichtbaren Faden hinter sich her.

Sie geht wieder weiter. Ich lieb Dich nich. Starr, trotzig.

Er, sofort: Wie lange?

Sie wendet sich ihm zu, er beugt sich ein wenig über den Lenker, sieht aus wie ein fluffiger junger Hund, ein erwartungsfroher Welpe.

Wie lange wirst Du mich nicht lieben, zwei Tage, drei Jahre oder überhaupt nich?

Francis: Das ´s doch egal! Geht weiter.

Müller: Nein.

Schiebt seine Vespa wieder an, gibt ihr einen Drive nach vorne, holt auf.

Es is wichtich.

Also.


Hat sie überholt, guckt ihr ins Gesicht.

Wie lang?

Wartet fröhlich, froh, hundertprozentig sicher, dass er geliebt werden wird, unverbrüchlich.

Francis: Ich weiß es nich.

Er hört ihre Worte, kleine Pause, guckt. Dann wirft er den Kopf .

Gut.

Sagt er

Ich warte. Deutet sofort mit dem Kopf auf den Sozius seiner Vespa. Steig auf.

Francis Du bist verrückt.

Nein! sagt er und gibt seiner Vespa wieder einen heftigen Vorwärtsstoß. Beide im Profil, sie steht ganz locker, er hält noch immer seine Vespa.


Ich liebe Dich.

sagt er und versucht sie anzusaugen. Sie gibt dem scheinbar nach, beugt sich vor, sagt mit aufreizendem Lächeln:

Ich werde Dich nie lieben.

Die Luft flickert (was? Nein, nicht fickert - flickert) , überall Funken, alles sprüht, glitzert, man könnte mit dem Strom zwischen den beiden ein Radio betreiben.

Mindestens einen Moment lang.

Ende des Films.

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Kommentar 1:
Der Darstellungsstil erinnert irgendwie an expressionistisches Improtheater.
Der Schlußdialog ist so deklamiert, als würden die Textteile der Akteure gar nicht zusammengehören. Text1. Lücke. Text2. Lücke. Text3. War 3 jetzt eine Antwort auf 2 oder wie oder was?
Die Figuren wirken wie mit der Schere ausgeschnitten und dann zu einer Szene zusammengeklebt, wie eine Collage mit Kleberändern.
Ist das Dada oder expressionistisches Sprechtheater oder.. oder…oder wie?
Wie, was, was meinen Sie?
Ach so.
Jungschauspieler. Nachwuchs!
Na, dann…

Kommentar 2:

Wäre das Thema Liebes- und Beziehungsdrama ein fünfzehn Jahre großer Palast mit einer langen Enfilade von Räumen, -Tür nach Tür, Raum nach Raum, -wären wir in RotGelbBlau im ersten Saal und würden mit Winterschläfer, Spiel um Dein Leben, Grüne Wüste, Marlene, Todfeinde, Nachts im Park, Der Anwalt und sein Gast und zuletzt Hölle im Kopf Saal um Saal, Szenerie nach Szenerie durchschreiten, bis wir im Heute angekommen sind.

Wir stehen vor der letzten Tür.

Legen neugierig die Hand auf die vergoldete Klinke.

Unser Blick schweift hoch zur Supraporte.

Was steht da?

....Vom ...Finden der Liebe.....
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