"...ob sie mich heiraten möchte. " in: Der Anwalt und sein Gast. Teil 5c. Porträt Christian Weller ( Heino Ferch ). Regie: Thorsten C. Fischer. Buch:
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"...ob sie mich heiraten möchte. " in: Der Anwalt und sein Gast. Teil 5c. Porträt Christian Weller ( Heino Ferch ). Regie: Thorsten C. Fischer. Buch: Jörg von Schleebrügge 2002 - 2003
Text: ignazwrobel
"...und dann? - Dann hab´ ich sie gefragt,....ob sie mich heiraten möchte."
Ein einfaches Ex-DDR Speiserestaurant, die Tische ähnlich wie in Zügen, wie Schul- oder Kirchbänke, platzsparend hintereinander gereiht, einfache Stoff-Tischdecken. Das Restaurant ist direkt am Wasser, große grüne Zimmerpalmen in der Raummitte, wenig Gäste, einzelne Biertrinker, hier und da ein Tisch besetzt.
Rundum die Wände sind aus Glas, Panoramafenster, schöne alte weiße Kastenfenster aus Holz mit Stegen, keine Riesen-Verbundglasmonster.
Draußen direkt hinter den Fenstern nur Wasser, eine Passagierboot oder Fährschiff zieht direkt hinter Christian und Juliette langsam draußen am Fenster vorbei.
Die beiden haben sich wohl nur eben schnell mal dort auf einen Kaffee niedergesetzt, vor jedem steht eine Tasse, Kaffeelöffel, Zuckerstreuer,
Da beide nicht abgelegt haben, verstehen wir, daß sie sich nur kurz setzen wollten, um ihr Gespräch über Karmann fortzusetzen. Juliette behielt ihre Mütze, ihren Schal an, Christian seinen eleganten Mantel. Sogar der Kragen des Mantels bleibt hochgeschlagen.
Seine linke Hand stützt er neben sich auf die Sitzbank, die andere liegt knapp am Tisch auf. Er spielt ein wenig selbstvergessen während des Sprechens mit ein paar Krümelchen unter seinen Fingerspitzen auf dem Tisch.
Christian:
Sie war an der HdK. (Hochschule der Künste Anm. d. Verf.) .
Na ja, ich kenn´ mich mit dem Malen ja nicht aus.
Sie hat das richtig studiert.
Sie war Gast in kleineren Ausstellungen, hat Förderpreise bekommen.
Sie hätte nach Amerika gehen können.
Boston.
Sie hatte eine garantierte, eigene Ausstellung.
Und dann?
fragt Juliette interessiert, gespannt, beugt sich etwas vor. Sie sieht aus, wie ein Mensch gewordenes Fragezeichen.
Er blickt zuerst noch auf den Tisch, auf seine krümelspielende Hand.
Dann hab´ ich sie gefragt,……………..
er hebt den Blick.
……….….. ob sie mich heiraten möchte.
Direkt am Satzende verändert sich sein Blick, der bisher nur absichtslos aus den Augen herausgesehen hat, wie unser aller Blick. Wir sehen aus unseren Augen, um nicht gegen die nächste Wand zu laufen.
Sein Blick beginnt von innen zu leben.
Aus dem simplen Report wird im Nachklang, als er am Satzende den Mund schließt, eine Art Freude, wie ein leises, kaum hörbares Echo.
Die Lippen liegen ganz locker aufeinander, sein Gesichtsaudruck ist plötzlich sehr entspannt, sanft. So sanft wie seine Stimme.
Die gläsern wasserklaren Pupillen lassen für einen Moment die Schau in sein Inneres zu.
Wohlwollen… Ein Hauch eines unmerklichen Lächelns, das er spürt, leuchtet durch diese quellblauen Augen. Etwas, das in ihm angeblasen ist, wie ein Funke, der aufglüht, wenn ein Lufthauch darüber streicht.
Er hebt kurz eine Augenbraue, es sieht ein klein wenig aus, wie selbstironische Spannung, die abwartet, wie Juliette reagiert.
Die junge gefühlvolle Frau nimmt den Ausdruck seines Blickes millimetergenau in derselben Seelenlage auf.
In ihren herrlichen sanften Mädchenaugen mit den riesigen dunkelbraunen Pupillen, den langen schwarzen Wimpern und den wundervollen großen silbrigen Glanzlichtern, die ihrem Blick eine tiefe lyrische Sanftheit geben, verstärkt sich das Gefühl, das bei dem klaren pragmatischen Mann eine Andeutung war, zu einem großen, nährenden und freundlichen Mitfühlen, ……bevor sie den Blick niederschlägt. Foto
Sie ist innerlich stark und wohlwollend mit seinen Worten mitgegangen,
..fand den Heiratsantrag romantisch, sympathisch. Diesen Antrag so plötzlich vor ihr, der flüchtigen Bekannten, zu benennen, war ja auch ein wenig provokant. Sie schaut weg nach unten, er folgt ihrer Geste, lässt auch den Blick absinken.
Pause.
Neuansatz.
Sie fragt:
Und – ist ihr den das leicht gefallen, mit allem aufzuhören?
Ich hab´ es nicht von ihr verlangt, wenn Du das meinst. (inzwischen duzt man sich) Sie hatte Angst, Familie und Malerei nicht ohne Verletzungen zusammen zu bringen.
Juliette: Das ist ja ein Konflikt, vor dem viele Frauen stehen. Aber das lösen auch viele.
Chris: Katjas Eltern sind sehr früh gestorben. Sie ist bei Adoptiveltern aufgewachsen.
Eine eigene Familie bedeutet –
- er zögert, macht eine kleine Pause,
- in dem Fall – blickt ihr forschend in deine Augen – etwas ganz anderes.
Sie nickt, versteht, blickt auf den Tisch.
Chris: Vor ´nem halben Jahr hat der Arzt ihr gesagt, dass sie keine Kinder mehr bekommen kann.
Juliette hört zu, nachdenklich.
Wir wollten unbedingt – noch mindestens eins haben.
Das hat sie…
Na ja, sie….
Er blickt unruhig hin und her, als wolle er aufstehen und weggehen, schaut ausweichend zum Fenster hinaus.
Spießbürgerprobleme…
flüstert, haucht er.
Juliette: Nein.
Juliette ist äußerst aufmerksam, signalisiert, weiter zuhören zu wollen. Er soll reden.
Er redet.
Sie schluckt Antidepressiva. Und sie glaubt, ich merk´ es nicht.
Er sieht dabei auf den Tisch.
Dann mit einem Klick, blickt er ihr in die Augen. Sein Gesicht ist völlig offen, völlig.
Die Karten liegen alle offen, das Blatt seines persönlichen Schicksals und das seiner Ehe ist hinab zur letzten Karte klar vor dieser jungen Frau aufgedeckt.
--Tja, das war´s. Kein Rollenspiel mehr. Keine Etiketten mehr, keine Eitelkeiten. In seinem Blick ist auch nicht der leiseste Hauch von Mitleidheischerei, er scheint keinen Kommentar zu erwarten. Er ist nur da. Er ist da. --
Sein wacher Blick ist da. Seine Situation ist da.
Und er appelliert nicht, er heischt nicht, er schämt sich nicht, er ist nur.
Schnitt auf Juliette.
Juliettes wacher Blick liegt ruhig in seinen Augen.
In diesem Moment ist ihr Alter nicht mehr nur etwa die Hälfte seines Alters. Er kein arriviert-wohlhabender Mann mehr, sie nicht mehr jung und mittellos, sie keine schöne Frau, er kein attraktiver Mann.
Das, was hier von Auge zu Auge geht, sind zwei ganz gleichwertige, gleichartige Ichs ohne Schutzschilde, ohne Rollen.
Da begegnet sich etwas, das tiefer liegt als die äußere Hülle der beiden. Und beide wissen das in diesem Moment. Aber sie wissen es nicht intellektuell, sondern ganz tief innen, wo es noch keine Worte oder keine Worte mehr gibt.
Da hat einer aufgeblättert und ein anderer zugehört.
Wir sind von Christians Blick getroffen, spüren einen rasch zunehmenden Druck in uns.
--so. Was jetzt?
Juliettes quellentiefer offener Blick bleibt ganz unverändert. Um ihre Mundwinkel beginnt ein schalkhaftes Lachen zu erwachen.
Dann sagt sie leise und staubtrocken:
Ich brauch ´Sonntags mein Stück gedeckten Apfelkuchen.
Zack!
Er ist zurück. Beide sind dem tiefen Brunnen, der Quelle, entstiegen, enthüpft. Er ist wieder da, muß lachen.
Ich bin auch ´ne Spießbürgerin.
Er holt Luft. Beugt sich vor, verschwörerisch, ganz verschwörerisch. Sie beugt sich auch vor, hoch erwartungsvoll.
Ich ertrag… (welcher Seelenstrip folgt jetzt?... )
Schnitt. Gegenschuß über Juliettes Schulter in seine Augen. Sein scharfer Blick trifft uns.
Huch, was jetzt?
Ich…. Ertrage Socken NUR zusammengerollt im Kleiderschrank.
Sie lacht ein unbeschwertes Jungmädchenlachen.
Pause.
Dann Juliette:
..schuldbewußt:
Ich bügle meine Unterwäsche.
Er prustet. Kleine, ganz inoffizielle kindlich lustige Blicke folgen, klicken hier- und dorthin, amüsiert.
…
Ende der Szene.
2002-03 Heino Ferch - Christian Weller, Marie Zielcke - Juliette Roland Interview Filmmagazin "Schnitt" mit Marie Zielcke über ihre Arbeit 2000
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