"... und er hat sein helles Licht..." Teil 3. Heino Ferch als Franz Wolbert, in: Das Wunder von Lengede, Regie: Kaspar Heidelbach, Buch: Benedikt Roes
Text: ignazwrobel
... und er hat ein helles Licht bei der Nacht...
Unter Wasser.
Franz arbeitet sich zwischen im driftenden Gegenständen vorwärts. Kleidung schwebt wie Schilfbündel im Wasser. Franz zieht sich an der Kante einer Lore entlang.
Schnitt. Über Wasser.
Salvatore gibt weiter Kabel aus, flucht dabei leise aufgeregt, als er merkt, dass das Kabel mit einem Mal nicht mehr locker nachgibt.
Unter Wasser.
Franz schwimmt mit kraftvollen Zügen. Wir sind dicht vor ihm, begleiten ihn. Plötzlich stört ihn etwas, er blickt nach hinten.
Seine Schwimmzüge bringen ihn nicht mehr voran. Das Kabel hat sich gespannt und verhindert sein Weiterkommen. Es hat sich am Griff einer Lore verhängt.
Auch Salvatore bemerkt, dass etwas nicht stimmt, er versucht, das Kabel wieder einzuholen und seinen Sprengmeister dadurch zurück in den Alten Mann zu ziehen.
Franz ist schon zu weit geschwommen, um die Luft für den ganzen Rückweg noch anhalten zu können.
Er greift mit einer Hand hinter sich, packt das Kabel und zerrt mit ein paar kräftigen Rucken daran. Das Kabel streicht über die scharfe Eisenkante der Lore und reisst ab.
Er schwimmt weiter, so dicht an uns vorbei, dass uns seine Hand für einen Moment zu berühren scheint. Wir zucken unwillkürlich zurück.
Oben.
Salvatore kippt vom plötzlichen Spannungsabfall des Kabels rückwärts. Er setzt sich sofort wieder auf, holt fieberhaft ein, wickelt das Kabel um seine Hände, bis er plötzlich, für ihn unerwartet, das Ende in der Hand hat. Als er das abgerissene Endstück sieht, weiten sich seine Augen.
Er hebt den Blick und starrt ins Nichts, atemlos, entsetzt, mit offenem Mund. Wir sehen, dass für ihn die gerissene Verbindung zu Franz nichts anderes bedeutet, als das sichere Wissen: das ist das Todesurteil für seinen getauchten Kollegen.
Schnitt. Unter Wasser. Subjektive Kamera.
Wir biegen zusammen mit Franz um eine Ecke, es wird heller, der Raum weitet sich.
Gleissend helles Licht strömt ein, es gibt keine konkreten Gegenstände mehr zu sehen, alles ist in milchige Helle getaucht, wie in Nebel.
Franz schwimmt an uns vorbei, ihn scheint in dieser Weite die blendend helle Lichtquelle zu empfangen.
Schnitt.
Wir sind dort, wo das Licht ist.
Da hinten kommt Franz auf uns zugeschwommen. Er kommt näher und näher, ein zwei Luftblasen steigen hoch. Er hält schon extrem lange den Atem an.
Plötzlich läßt er den Griff der Grubenlampe aus seinem Mund fahren. Er macht eine hustend ruckartige Bewegung mit dem Kopf. Offensichtlich war der Drang einzuatmen nicht mehr zu unterdrücken, und er hatte Wasser in Nase und Kehle eingesaugt , das er sofort wieder auszuatmen versucht. Eine Menge großer Luftblasen entweicht seinem Mund und steigt, über sein Gesicht streichend, nach oben.
Jetzt hat er uns erreicht, ist direkt vor uns, vielleicht vierzig Zentimeter entfernt. Seine Arme sind noch seitlich ausgebreitet von den letzten Schwimmzügen, sie schweben im Wasser, die entschlossenen Bewegungen verebben. Weisses Licht liegt auf seinem Kopf, den Armen, dem Leib. In der Helle leuchtet das Halskettchen mit seinem Ehering daran auf.
Das Gesicht, - gerade noch immens angestrengt, - entspannt sich, die Wangen werden glatt, die Lippen liegen auf einmal ganz locker aufeinander, seine schwarzen Augen sind groß, erstaunt. Er legt, fast kindlich überrascht, den Kopf ein wenig zur Seite.
Was er wohl zu sehen glaubt?
Wir blicken einen Moment lang mit ihm zusammen ins Licht. Licht, das jetzt alles, jeden Winkel unter Wasser, vollständig auszufüllen scheint.
Franz` Blick trifft uns aus nächster Nähe frontal...
Der Blick hat jetzt etwas namenlos und kindlich Erstauntes, Fragendes.
Dieses überraschte Fragen, direkt in unsere Augen, ist das letzte, was wir von ihm sehen. Dann ist alles nur noch überfüllt von bläulichweiss gleissender Helle.
Eine Kinderstimme singt im Hintergrund das Schlaflied
... und er hat ein helles Licht bei der Nacht...
...und er hat sein helles Licht bei der Nacht....
....schon angezündt´....
Wir sehen es nicht konkret, aber wir begreifen, dass Franz´ Blick nicht bis zum Schluss der eines wachen Menschen ist.
Er hat das Bewußtsein verloren. Seine Überlebenschance ist quasi Null.
In hundertachtzig Sekunden wird sein Gehirn irreversiblen Schaden genommen haben, in weiteren zweihundertzwanzig Sekunden wird er hirntot sein.
Seine Lebensflamme flackert, ist winzig klein geworden.
Gleich, gleich wird der zarte Hauch darüberstreichen, der die Flamme zum verlöschen bringt. Nichts kann sie neu schüren ohne Sauerstoff...
Nichts?
Schnitt. Ende der Szene.
Homepage des Films
Franz Wolbert – Heino Ferch, Salvatore – Benjamin Sadler.Filmographie Benjamin Sadler
Auszeichnungen: Grimme Preis 2004 für Heidelbach, Liefers, Ferch, Michael Souvignier. (executive producer) Bambi 2003 für Ferch, Liefers, Makatsch (Filmographie Makatsch), Rohde (Filmographie Armin Rhode), Uhl (Filmographie Uhl) .
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