Freitag, November 06, 2009

Filmszenen I ...er hat uns Shooter als Boten geschickt...in: Straight Shooter. Regie: Thomas Bohn, 1998-99. Teil A Heino Ferch - Volker Bretz

Bildquelle und Bildrechte bei perathon Filmproduktionsgesellschft Joseph Vilsmaier

Kommentar




Bildquelle und Bildrechte Bayern 2 Radio


wieder einer unserer lustigen Phantasieaufsätze - Amusement ganz groß geschrieben...->


Teil A Theorie Teil B die Szene : kommt ´se heut´net, kommt ´se morgen...


Straight Shooter – Actionfilm, Antikriegsfilm.


Der Autor und Regisseur Thomas Bohn war in die Marketingcampagne für diesen Film nicht eingebunden. Trailer, Inhaltsangaben, PR-Unterlagen wurden offensichtlich ohne sein Mitspracherecht hergestellt. Er war unangenehm überrascht, als er sah, dass dieser Film ausschließlich als Action-Film verkauft wurde.


Ausschließlich als Action-Film wurde der Film dann auch in der Presse-Kritik besprochen.


Der Film enthält natürlich knallharte Actionpassagen mit Autos, die durch die Luft fliegen, explodieren, GSG-9 Ledernacken, die sich aus Hubschraubern blitzartig abseilen und zuschlagen, Granaten, Autos und Häuser zur Explosion bringen, usw. allerdings war er von Thomas Bohn als


Antikriegsfilm


konzipiert.


Das Kernthema war: was macht der Krieg mit Kindern und was macht der Krieg Menschen, die ihm gedient haben? Die Gefährdung von Kindern in einer aggressiven Erwachsenenwelt ist das erste Haupt-Thema dieses Films.


Bereits die erste Szene diskutiert Leben oder Nicht-Leben eines Kindes: soll Hectors Kind abgetrieben werden, oder darf es ins Leben treten?


Wir sehen, wie Kinder im Krieg sterben. Kinder sind immer die ersten, die es erwischt, sagt Frank Hector.


Haben Sie Kinder? Fragt ein Kommissar den anderen, als der Tatort eines Familiendramas besichtigt wird.

Nein, antwortet der Kommissar, und wenn ich das hier sehe, dann möchte ich auch keine.


An der Gefährlichkeit, der gefährlichen Gedankenlosigkeit der Erwachsenenwelt, der Wohnnähe zu einer Atomstrahlungsquelle, ist Volker Bretz´ Kind gestorben. Die Strahlung von Atar II hat in dem noch besonders anfälligen Organismus des Kindes Krebs ausgelöst.


Hector ist desillusioniert, er will keine weiteren Kinder in diese Welt entlassen, Bretz ist entschlossen, andere Kinder vor dem Krebstod zu retten. Er ist entschlossen, die Verantwortlichen mit ihrem Tun zu konfrontieren. Handlungen haben Konsequenzen, auch für diejenigen, die sich vor der Verantwortung hinter Gesetzen und Richtlinien zu verstecken versuchen. Atar II muss abgeschaltet werden.


Thomas Bohn sagte, dass Atar II in seinem Film keine Bedeutung im Sinne von Anti-Atomkraft-Argumentation hat, sondern als konkretes Symbol für die Gefährdung von Kindern steht.


Wir erleben, wie es ist, um ein Kind Sorge zu haben, zusammen mit der Staatsanwältin Toelle (Katja Flint).


Wir begleiten Mutter und Kind durch den beschützten Alltag und fühlen, wie Volker Bretz immer näher kommt. Wir wissen nicht, ob das Kind sicher ist, beschützt bleibt, oder ob es in Gefahr geraten wird. Durch die Figur des Sohnes von Toelle bekommen wir ganz konkret die Möglichkeit zu fühlen, wie es ist, wenn man Angst um ein Kind hat.



Das Thema Krieg und seine Auswirkungen auf diejenigen, die darin aktiv mitmachen mussten, ist das zweite große Thema. Kern dieser Aussage ist der Film, den sich Hector in seinem Hotelzimmer in TV ansieht: es ist:

Die Brücke von Bernhard Wicki. Der Film Die Brücke thematisiert die Sinnlosigkeit, mit der junge Menschen, Kinder noch fast, für den Krieg verheizt werden.


Kolwesi, Tschad oder Libanon – überall haben Leute wie Bretz für Sie ihren Arsch hingehalten. Sagt Hector zu den Kommissaren, als die Bretz als dumme verbrecherische Tötungsmaschine abtun wollen.


People can´t stand mess. - Krieg im Fernsehen is o.k. Aber dann schalten wir aus und gehn essen. sagt Thomas Bohn. Wir sehen in deutschen Wohnzimmern den Krieg wie irgendeinen Spielfilm. Mit Volker Bretz dringt der Krieg ein in die deutsche Normalität. - Heute 10 Jahre später sind es die Schüler, die solange Krieg am PC spielen, bis sie mit Granaten bewaffnet in ihrer Schule auftauchen und Leute töten.


Alle Aussagen von Thomas Bohn zit. n. Audiokommentar des Filmes „Straight Shooter“ erstellt etwa ein Jahr nach Kino-Veröffentlichung des Filmes.



- - -

Kleines PS:


Thomas Bohn verweist in der Szene Mutter und Kind im Kinderzimmer auf sein Markenzeichen: Die Piratenfahne mit dem Totenkopf. Wir finden diese Piratenfahne mit dem Totenkopf als Schmuck im Zimmer des Kindes von Oberstaatsanwältin Toelle. Die Mutter steht in der Tür.


Betreten wir nun doch noch ein anderes Kinderzimmer.


Wir betreten das Kinderzimmer von Hanna Bergmann, der entführten Tochter von Liane Bergmann im Fernsehkrimi „Entführt“ 2008 – 2009 mit Heino Ferch in der Rolle des Kommissars, also desjenigen, der versuchen wird, das Kind zu retten.


Ja, was sehen denn da unsere entzündeten Augen an der Tür des Kinderzimmers?


Ein Ed Hardy-Poster: Ein Piraten-Tattoo mit einem Totenkopf.


Bildquelle und Bildrechte bei perathon und ZDF.


In beiden Fällen kommt gerade eine Person zur Tür herein, die Verbrecher fängt. In Straight Shooter die Oberstaatsanwältin Toelle, die Mutter des Kindes in das Zimmer,

in Entführt der Hauptkommissar Danner zur Mutter des Kindes in das Zimmer.


In beiden Fällen ist das Piratenmotiv mit dem Totenkopf ungefähr gleich lang zu sehen, nämlich ½ Sekunde. - Was? Wieso das Bildmotiv Totenkopf und gekreuzte Knochen eine Piratenfahne ist? Weil:->)


Das ist u.E. ein Gruss von Heino Ferch an Thomas Bohn.


Nicht nur die Fahne, das ganze Thema des Krimis ist u.E. ein Gruss an Thomas Bohn. Ein intelligenter kleiner zärtlicher Gruss in Vergangenheit an einen Regisseur, der damals seinen Schauspieler offensichtlich sehr schätzte, dem ein bestimmtes Thema am Herzen lag- und durch dessen Arbeit der Schauspieler einen deutlichen Popularitätszuwachs erhielt.


Für uns stützt so was sehr Spezielles natürlich unsere Behauptung, - natürlich nur zusammen mit vielen vielen anderen strukturellen Indizien im Film- , dass der Haupt-Drehbuchautor von Entführt Heino Ferch heißt, uncredited.


Vergleichen wir die Rolle des Protagonisten in beiden Filmen, sehen wir 1998, dass der Protagonist alles tut, um sein Kind zu retten. Er schafft es nicht, das Kind stirbt trotz intensivster Bemühungen. 2008, zehn Jahre später, sehen wir, dass sich der Protagonist wieder verpflichtet, alles zu tun, um das Kind zu retten.


Dieses Mal hat er Erfolg. Hanna kommt frei. Ein interessantes Detail ist, dass das Kind quasi direkt vor der Haustüre des Rollenträgers gerettet wird. Die im Film inszenierte Stelle ist minutiös genau einer Stelle der echten Lebensumgebung unmittelbar vor dem Haus des Rollenträgers nachgebaut.


(zur Erinnerung und Ergänzung. Die Lebensumgebung des Rollenträgers, dieses Mal die der Jugend, ("Ich bin in so einer Umgebung aufgewachsen") wird schon einmal als Skizze mit in die Filmerzählung eingebaut: In Der Anwalt und sein Gast: Die Küche von Juliette Roland. Im Schuss auf den Rollenträger klebt ein Plakat hinter Ferch an der Wand: Home.)


Ach ja, nochwas ("Es ist immer noch was.." Philipp Turner): die Rolle des Volker Bretz hat ausserdem auch noch eine Verbindung zu der Vaterrolle Simon Lechner in Grüne Wüste. Beide Väter, Bretz und Lechner, begleiten ihr krebskrankes Kind bis in den Tod.