Freundinnen I ...wann ist es denn soweit? Heute Nacht!.. Teil 1. in: Freundinnen. Heino Ferch - Peter, Regie: Heiko Schier 1993-94
Bildquelle und Bildrechte bei von Vietinghoff Filmproduktion für ZDF Zweites Deutsches Fernsehen. click auf das Bild, um es in Originalgröße zu sehen.
Vor der Szene
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Zwei Männer, zwei Frauen - nein wir sind nicht im gleichnamigen Film. Trotzdem: zwei typische junge Großstadt- Paare in den 90ern.
Es treten auf: Marcel (Sebastian Koch) ein junger Besitzer einer Jazzkneipe mit Dienstag und Donnerstag Muschi-Mietze, istgleich S ..x im Wochen-Abonnement, leider so obers.xy, dass die selbstbewußte Olga (Nina Kronjäger) das Abo buchen musste; eine kleine graue Maus als Call Center Agent der Telefonauskunft Sophia (Meret Becker).
Sophia hatte auf das drei K-Glück gehofft, aber Peter, ihr Auserwählter (Heino Ferch) hat in letzter Sekunde die Biege gemacht. Einfach vom Klo nicht zurückgekommen, abgehauen aus Angst vor der Einkerkerung im Kleinhäusler-Idyll mit Laufstall im Schlafzimmer, Babygeschrei in der Küche und Ende aller Träume in der Enge einer Zweiraum-Wohnung.
Olga hat geerbt und genießt das Leben bis zur Neige (des Geldvorrates). Dass sie Marcel liebt, kann sie nicht zeigen. Sonst läuft er weg.
Sophia, die Maus, kommt aus Großfamilie, Studienabbrecherin, lebt finanziell auf Studentenniveau, ohne Zukunft, ohne Aussicht auf Besserung. Klar, dass sie versucht, sich umzubringen.....
Die Szene
Der Tag ist vorüber. Es ist Abend. Sophia hat sich ein Brautkleid gekauft. Heute Abend hat sie was ganz besonderes damit vor.
Die rassige Olga (Nina Kronjäger), Hobby-Sternzeichen-Verkupplerin, selbst wahrscheinlich Steinbock, (unbedingter Siegeswillen, Langstreckenchampion) oder Stier (baut sich ihr eigenes Königreich) will kein windiges Dienstags-Beischlaf-Abo mehr mit ihrem Beau Marcel (Sebastian Koch). Der Prachtbulle soll ihr König werden, und sie die Chefin. Basta.
Mittwoch.Abend. Olga kreuzt in Marcels Bar auf.
Sie geht auf eine Tür mit Riffelglaseinlagen zu. Darauf ein Schild:
Zutritt verboten.
Olga öffnet die Tür.
Wir erhaschen einen kurzen Blick in Marcels Büro im Hinterzimmer seiner Bar. Das Büro ist offenbar eine umgebaute Garage. Kahle Wände. Cooles Sperrmüll – Mobiliar im zwanziger Jahre Stil.
Am Schreibtisch sitzt Marcel und pfuddelt irgendwas an seinem Laptop.
Olga marschiert auf dies Idyll zu. Wir kommen näher, Kamerafahrt. Stopp vor Marcels Tisch.
Olga:
Du hast keine Zeit?
Wir stehen neben Olga.
Marcel pfuddelt weiter. Noch ein Keybord-Clickern, dann blickt er hoch. Stirnrunzeln.
Ist heute Dienstag?
Hängt seine Nase wieder in die Tastatur. Clickern. Marcel tippt.
…ich hab wirklich - keine Zeit.
Einnahmen- Ausgabenrechnung. Gewinnerwartung.
Schnitt. Wir stehen hinter Marcel und sehen das Bildschirmbild. Keine Excel-Tabelle. Ein Tischtennis-Game. Der arbeitet gar nix.
Olga beugt sich zu Marcel herunter:
Deine Pupillen!
Marcel
Ja? Was is damit?
Olga
Die eine is größer als die andere.
Bendenkenswerte Botschaft. Marcel unterbricht das Pfuddeln.
Wirklich?
Huscht zum Spiegel. Olga hinterher. Gemeinsame Inspektion der Pupillen im Spiegelbild. Marcel reisst die Augen auf.
Ich seh´ nix.
Olga
Jez isses weg.
Marcel irritiert.
Das bildest Du Dir ein.
Schnitt.
Sophia zieht in ihrer Wohnung ihr Brautkleid an. Blickt in den Spiegel. Hier auch Mann und Frau. Peter (Heino Ferch) , ihren Auserwählten, allerdings hat sie sich nur als Foto hinter den Spiegel geklemmt. Das echte Peterchen ist zum Mond gefahren. Abgehauen. Weg. Verloren gegangen.
Schnitt. Wieder in Marcels Büro.
Marcel guckt immer noch in den Spiegel. Olga steht hinter ihm.
Olga:
Du hast eine Krise, Marcel.
Marcel
Ach. Ich hab ne Krise.
Marcel setzt sich, verschränkt die Finger.
Olgas Br üs te stehen über ihm.
Olga
Ja. So geht es nicht mehr weiter.
Marcel brütet mit offenem Mund. Dreht sich ruckartig unter Olgas Balkon.
Nein?
Olga:
Nein, nein, nein, nein.
Olga beginnt hin- und herzutigern.
Ich bin nur noch ein Nervenbündel. Ich schlafe schlecht. Deine Augen flippen aus, ich habe mir heute sechs Paar Schuhe gekauft. Es reicht.
Marcel scheint zuzuhören. Der Rauch seiner Zigarette steigt in weichen Wellen ungerührt zur Decke.
Marcel, mit dem Rücken zu Olga, starrt in den PC:
Wenn Du Dich so aufregst, bist Du süß.
Ah, der Laptop. Marcel pfuddelt weiter.
Olga sinkt auf die Armlehne von Marcels Stuhl und tentakelt ihre Schlangenarme um ihre Pracht-Beute.
Marcel
Olga – wir haben eine Verabredung.
Bestimmte Dinge gehen und bestimmte Dingen gehen nicht.
Olgas Tentakelarm erschlafft, hängt traurig über Marcels Schulter.
Der Klassiker – Olga:
Ich hab´ über uns nachgedacht.
Marcel:
Und – war s gut?
Olga:
Ich hab es satt, Deine – Muschimietze zu sein.
(..)
Marcel, ich werde Dich verlassen.
Marcel, er hat den Kopf in die Hand gestützt. Hört noch einen Augenblick dem Schall dieser hehren Worte hinterher, dann, schon wieder in Tipp-Position vor dem PC. Der Bildschirm bestrahlt bläulich sein Gesicht:
War doch ne gute Zeit, oder?
Olga:
Ist das alles?
Springt auf.
Wir hatten ne gute Zeit. Warum sagst Du nicht: Bleib bei mir, verlass mich nicht?
Marcel hat sich einen Bleistift gegriffen und notiert offenbar Zahlenkolonnen.
Olga, laut:
Dann sag wenigstens: Schließ die Tür ab, ich will mit Dir schlafen!!!
Ach, apropos Tür. Durch diese kommt zu allem Überdruß jetzt auch noch eine große schlanke Blondine. Marcels Mittwochs-Abo. Das ist nicht sehr erfreut über Olgas Anwesenheit. …
1993-94 Heino Ferch (im Alter von 30) – Peter, Sophias verschwundener Verlobter; Meret Becker – Sophia; Sebastian Koch – Marcel, Olgas Beau; Nina Kronjäger – Olga, reiche Erbin und verliebt in Marcel.
Merke:
Möchtest Du ein long lasting S x –Abo: always carefully respect the arranged time slots and
don´t you ever show up off schedule…Du wirst den anderen Abonentinnen begegnen…denn, aufgemerkt: Prachtbullen sind eine seltene Tierart.
Aber Olga ist ja zum Glück Steinbock. Die Blondine muss die Segel streichen. Olga hat Terrain gewonnen.
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Der Samstags-Film.
Wenn man in einer Komödie wie "Freundinnen" von 1993 einen Stein aufklaubte und ihn durch die Zeit ins Jahr 2009 würfe - er würde in der Komödie "Männerherzen" landen. - Gigantisch, die Entwicklung in der Erzähltechnik, Kameraführung, Licht, Figurenzeichnung, in diesen 16 Jahren Deutsche Beziehungskomödie.
Was unerklärlich scheint, ist, dass jede Rolle für jeden der Stars, die auftreten, - und der Film hat nur bekannte Gesichter - demjenigen millimetergenau auf den Leib geschrieben zu sein scheint und trotzdem ein Plot zu Stande kommt.
Was ist ganz neu an Simon Verhoevens Beziehungskomödie? Ganz neu ist eine Erzählperspektive, die Lustiges und echt Tragisches auf gleicher Augenhöhe ohne Übergänge zusammenprallen läßt.
Wer spielt mit? Til Schweiger, nein es ist kein Til Schweiger-Film, Fritz Karl, hervorragend biestig als Karrierist, anfangs tatsächlich nur an der Stimme zu erkennen, Justus von Dohnány, der von Film zu Film immer saftiger die Sau rausläßt, Florian David Fitz, Wotan Wilke Möhring, Birge Schade, Christian Ulmen, Maxim Mehmet (? - der junge Mann in jedem Vorspann von jeder DVD, den wir immer ansehen müssen, bevor der Film startet..), Nadja Uhl, Jana Pallaske und 500 unbekannte Jungschauspielerinnen mit Idealmassen.
Simon Verhoeven hat den Film äußerst humorvoll signiert. Er ist der unecht steif deklamierende Flugkapitän in der Soap im TV am Schluß. Mit einer Flugkapitän-Rolle ist sein Gesicht als Schauspieler bekannt geworden, in Roland Suso Richters "Mogadischu".
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offtopic:
Das Image.
Heino Ferch – Bruce Willis
Als Projektionsfläche muss ein Schauspieler für Männer und für Frauen in unterschiedlicher Weise dienen können. Männer sollen sagen: Ich will so sein wie der. Frauen hingegen: So einen wie diesen möchte ich zum Partner.
Der Deutsche Bruce Willis, das ist doch was. So will Mann sein. Mutig, ausdauernd, unbesiegbar, unsterblich.
Aber die Frauen, die suchen ein Exemplar mit den besten Anlagen für die Zucht. Der Mann muss Sexappeal haben und stark sein, Frau und Kinder nach aussen beschützen, aber auch sensibel sein für die Belange von Frau und Kindern in der Familie. Ein unsensibler Despot ist ja ein Griff ins Klo, ein Schwachmann auch.
Heino Ferch ist bei Frauen extrem beliebt.
Das liegt natürlich an den Themen, die die gesamte Karriere begleiten; eins davon ist ein Frauen-Thema: Der Mann, der sich um sein Kind sorgt, es zu beschützen versucht, untröstlich ist, wenn es dem Kind schlecht geht. Jede Frau sagt sich – unbewußt: passt. Der beschützt unsere Kinder.
Aber die Themen allein, das genügt nicht, Frau Sommer. Ausstrahlung, der X-Faktor, das ist das Leitsignal.
Was ist denn nun der X-Faktor von HF? Grübel grübel grübel, fünf Jahre grübel und nicht wiss.
Neulich, glauben wir, hat er es, ganz zufällig und unbewußt, selbst gesagt. Es war ein Spiel: er sollte sich schnell sich für eine angebotene Alternative entscheiden. Thema: Seine Eigenschaften.
Frage: verletzlich – oder starke Nerven?
Antwort: sehr verletzlich und sehr starke Nerven.
Bingo. Das ist er, der X-Faktor.
Ein Mann, der in gröbsten Stresssituationen mit Ausdauer die Nerven behält, aber verletzlich genug ist, um sensibel die Befindlichkeit seiner ihm Anvertrauten wahrzunehmen. Das ist der Richtige. Passt. – fühlt Frau und schaltet ein auf ARD und ZDF, ProSieben, SAT1 und RTL.
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Es gibt und gab keine falschen Entscheidungen. Erfolg wird sich einstellen. Denn: "Es ist aufgesetzet." sagt der Brandner Kaspar. 9.11.2009: der Boxring ist verschwunden. Wahrscheinlich nicht von ungefähr...
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