Samstag, November 24, 2007

Filmszenen I ...ich fahr besser mit...in: Der Tod kam als Freund. Regie: Nico Hofmann 1990-91






Bildquelle und Bildrechte arte/ZDF

Heino Ferch - Korten, jung. Kamera: Gernot Roll. Regie: Nico Hofmann 1990-91

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Einführung:

Neunzehnhundertachtziger Jahre - Der Privatdetektiv Gerd Selb übernimmt – recht widerwillig – von seinem alten Studienkameraden und heutigen Vorstandsvorsitzenden der Rheinischen Chemie-Werke Korten einen Ermittlungsauftrag. Das Computersystem der RCW wurde unsystematisch gehackt. Selb soll den Hacker ausfindig und unschädlich machen.

Gerd Selb ist, obwohl sichtbar über fünfundsechzig, markant, schlank, hat wache, blitzende Augen. Seine Bewegungen sind noch schnell. Er trägt den obersten Hemdknopf offen, was nicht schlampig, sondern wie leiser Anklang an einen Lebensstil wirkt, der die angenehmen Seiten der Beziehung Mann-Frau nicht vergessen hat.

Hellblaues Oberhemd, cognacfarbende Wildleder-Jacke, sportlich leger.

Die Szene

Dr. Korten und Dr. Selb befahren im Jeep das alte Werksgelände der RWC. Korten, im Anzug, nicht jünger als Selb, schleudert den wuchtigen Wagen launig verspielt in einen Handbreak U-Turn.

Selb und Korten steigen aus.

Sie werden von einem altmodisch gekleideten Mann begutachtet, der dort offenbar Unwichtiges arbeitet.

Grauhaarig, Haarkranz, weißer Schnauzer. Kittel, Graues Hemd, Krawatte, Cord-Kniebundhose, Hosenträger, schwarze dicke Gummihandschuhe.

Der Mann hinkt – scheinbar eine Unterschenkelprothese.

Korten zu Selb:

Der alte Schmalz. Lebt hier - war schon vor fünfundvierzig im Werk und hat nach dem Krieg den gesamten Werkschutz aufgebaut.

Schmalz kann Dich überall rumführen.

Korten und Selb haben den Mann erreicht. Der ehemalige Werkschutzleiter nennt seinen Namen:

Heinrich Schmalz.

Selb, nach ein paar Augenblicken, suchend:

Kann es sein, dass wir uns schon mal begegnet sind?

Schmalz hat keine Erinnerung.

Korten lässt die beiden allein.

Schmalz zu Selb:

Da vorne sind unsere Versuchslabors. Wollen wir damit anfangen?

Selb: Gerne!

Schmalz und Selb gehen auf das Gebäude der Versuchslabors zu.

Auf einmal eine Kinderstimme aus dem Off:

Opa! Opa! … Opa!!!

Opa dreht sich um.

Schmalz zu dem Jungen:

Richard! Wo kommst den denn her?

Richard: Wir hatten eine Stunde früher aus.

Schmalz: Und was ist mit Deinen Hausaufgaben?

Richard: Keine Lust!

Schmalz: Mach sofort, dass Du nach Hause kommst.

Selb: Meinetwegen könnse Ihn ruhig mitnehmen!

Die drei nähern sich einem Gebäudetor. Davor liegt ein Haufen Bausand. Der Werkshof ist nicht hypermodern, - Sichtmauerwerk, Holzfenster, Fahrräder lehnen an der Wand.

Richard zu Selb: Wußten Sie, dass mein Opa Autos sammelt?

Schmalz, verlegen: …a paar alte Lieferwagen, an denen ich ein bißchen rumbastle…..

Eine weiße Wolke dringt aus dem Gebäudetor, als die drei noch circa fünfundzwanzig Meter entfernt sind.

Die Wolke jagt eine Person im Laborkittel vor sich her, dann sofort zwei Detonationen.

Selb und Schmalz werfen sich automatisch in den Sandhaufen, ziehen den Jungen mit - Deckung.

Weitere Personen in Laborkleidung fliehen aus dem Gebäude. Selb hebt langsam den Kopf.

Weißer Rauch überall, alles vernebelt. Plötzlich eine große Detonation. Ein Feuerball hustet aus dem Werkstor. Die Explosion jagt einen Trümmerregen durch die Luft. Dicke schwarze Rauchwolken folgen.

Selb, Schmalz und der Junge zucken mit den Köpfen wieder hinter die Sandberg-Kante, drücken sich in den Sand.

Eine Sirene beginnt zu heulen.

Schmalz und der Junge liegen bewegungslos. Schmalz blickt mit starren ängstlichen Augen in Nichts, lauscht.






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Selb, selbst mit der Wange im Sand, sieht das starre Gesicht von Schmalz – und hat unvermittelt unwillentlich einen Flashback.

Rückblende in Schwarzweiss.






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Close up auf ein Gesicht. Das Gesicht gehört einem Mann, der am Boden liegt. Der Mann ist durchnäßt, die Augen geschlossen, - er ist bewusstlos.

Eine Hand dreht ihn auf den Rücken, packt den Kopf, dreht ihn in Seitenlage. Die Kamera fährt rückwärts.

Halbnah.

Wir sehen:

Ein junger Mann im Hemd, Hosenträger, ebenfalls ganz durchnäßt, kniet vor dem Bewußtlosen.

Sein Gesicht ist im Schatten, deutlich im Licht sein nasses kurzgeschoren gelockt helles Haar.

Das Licht, das ihn steil von oben trifft, zeigt uns seinen Oberkörper, seine Schultern. Muskulöse, harte Schultern, athletisch trainierter Brustkorb. Das Licht streift immer wieder seine Schläfe. Wir ahnen Angst, sehen tatsächlich jedoch nur seine Bewegungen. Er scheint den Bewusstlosen mit den pumpenden Bewegungen, die vor einem halben Jahrhundert angewandt wurden, wieder zu beleben.






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Plötzlich hebt der Helfer sein Gesicht ins Licht.

Wir erschrecken.

Der junge Mann ist bis zu einem Zustand völligen Entsetzens in höchster innerer Alarmiertheit.

Wir folgen seinem hoch erregten Blick und sehen, dass er nicht allein ist.

Er und der Gerettete werden von einer Gruppe von sieben Corps-Studenten beobachtet, ja untätig betrachtet. Corps-Studenten in voller Couleur mit Mützen, Zipfeln und Bändern.

Einer trinkt aus einer Schnapsflasche. Ein anderer raucht Zigarre.

Der junge Mann ruft jetzt:

Selb!

Ein paar von den Corps-Brüdern drehen sich um. Selb scheint hinter ihnen zu stehen.

Der junge Mann noch einmal, lauter:

SELB!

Von hinten kommt jetzt der Angerufene heran. Er rennt. Ein hübscher junger Mann (Sebastian Koch ), mit schwarzem Haar und den sensiblen Gesichtszügen eines jungen Orson Welles ... Ein frischer Schmiss auf der rechten Wange, Hemd, Jacke.

Alarmiert:

...und?, was is mit ihm?

..Als hätte er einen Befund erwartet.

Er kniet sich sofort nieder.

Der Arzt muss gleich hier sein.

Wir verstehen. Selb war weggelaufen, um einen Arzt zu holen.

Selb, besorgt: Soll ich Dich ablösen, Korten?

Der Retter ist Korten (Heino Ferch). Wir sehen Selb und Korten als junge Männer in den frühen dreissiger Jahren - während des Dritten Reiches.

Korten schüttelt den Kopf, macht weiter.

Totale.

Sirenen. Der Rettungswagen ist da. Man bringt eine Bahre. Korten steht auf.

Wir sehen jetzt, was wir vorhin nur ahnten. Einen überaus athletisch straff durchtrainierten jungen Mann. Später werden wir erfahren – er ist Amateur-Boxer.

Die Szene spielt am Anfang des Dritten Reiches und der junge Mann übt das, was im Dritten Reich als „die“ männliche Sportart gelten sollte – Boxen.

Korten blickt immer weiter auf den Ohnmächtigen, er ist offenbar sehr mitgenommen von diesem Vorfall, von dem wir nicht wissen – war es ein Unfall, war es ein Freitod-Versuch?

Korten weicht einige Schritte zurück, um Platz für die Sanitäter zu machen.

Selb steht jetzt direkt neben ihm. Er nimmt sein Jackett von seinen Schultern und legt es Korten über.

Selb: Hast Du den Kerl gekannt?

Korten:

Ganz flüchtig. Aus der Mensa. Studiert Maschinenbau. Hat seine Zwischenprüfung verpatzt.

-also ein Freitod-Versuch. Deshalb ist Korten so sehr betroffen.

Der ohnmächtige Junge - er liegt jetzt auf der Bahre –zeigt erste Zeichen der Rückkehr in den Wachzustand. Öffnet die Augen.
Korten hat ihn gerettet.

Man trägt die Bahre weg.

Korten hat Selbs Jacke noch über den Schultern

Er nimmt sie wieder ab. Drückt sie Selb in die Hand, geht der Bahre hinterher.

Nimm Du meine Sachen, Selb – ich fahr besser mit.

Er verschwindet aus dem Bild.

Er will den Verzweifelten nicht allein lassen.

Ende Rückblende.

Rettungswagen, Blaulicht, Sirene, Feuerwehr vor dem Gebäude der RCW. Selb ist wieder in der Gegenwart.

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1990-91 Heino Ferch (im Alter von 27) – Korten jung (als Student), Sebastian Koch – Gerhard Selb jung (als Student), Martin Benrath + -Dr. Selb alt (1991 als Privatdetektiv) , Werner Kreindl + - Dr. Korten alt (1991 als Vorstandsvorsitzender der RCW) , Hannelore Elsner - Judith Buchendorff . Kamera: Andreas Hofer und Gernot Roll. Die Gattin von Gernot Roll, Rita Serra-Roll, wird HF wird zwölf Jahre später mit seiner heutigen Ehefrau bekannt machen….

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