Freitag, Februar 10, 2006

"...was machst Du denn für n´ Mist, Du Idiot!" in: Winterschläfer. Teil 5a, Porträt Marco ( Heino Ferch ) . Regie: Tom Tykwer. 1997

"...was machst Du denn für n´ Mist, Du Idiot!" in: Winterschläfer. Teil 5a, Porträt Marco ( Heino Ferch ) . Regie: Tom Tykwer. Buch: Anne-Françoise Pyszora, Tom Tykwer 1997

Text: ignazwrobel

"...Was machst Du denn für n´Mist, Du Idiot!"

Neujahrsnacht.

Marco konnte nicht mitgehen, da er die Partyüberreste seiner Vögelei mit der Skischülerin im hauseigenem Pool seines Arbeitgebers Gerd verschwinden lassen muß, bevor der Hausherr zurückkommt.

Inzwischen im Sleepers.

Die Disco ist voll, brechend voll. Aprés-Skibetrieb plus Neujahrsnacht. Laura und René, die inzwischen ein frisch verliebtes Paar sind, harmonisch frisch verliebt. Sie haben Rebecca mitgenommen, damit sie nicht allein daheim rumsitzen muss.

Laura und René tanzen einen langsamen Discofox. Am Ende des Stückes geht Laura was trinken, ihr ist heiß. René redet in der Zwischenzeit ein bißchen mit Rebecca, die allein, traurig und gelangweilt am Rand der Tanzfläche so vor sich hindümpelt.

Er stellt sich an die Wand neben Becki, verschränkt die Arme vor dem Leib, Zeichen innerer Distanz.

René Kommt Marco noch?

Becki Scheint so.

Becki legt nach ein paar Sekunden René rein freundschaftlich den Arm um den Nacken und bittet ihn im Kleinmädchenton:

Tanzt Du wenigstens mal mit mir?

Sie schaut ihn frustriert und enttäuscht an.

René ist freundlich, lieb, er schlägt ihr den Wunsch nicht ab. Ein langsamer Tanz.

Becki, die viel kleiner ist als René, legt wie ein Kind den Kopf an seine Brust und läßt sich von ihm führen.

Sie motiviert die Geste:

Ich bin total erschöpft.

Wie ein kleine Schwester an der Brust des großen Bruders lehnt sie an ihm. Ihre Ausstrahlung hat nicht Sexuelles, seine auch nicht. Er genießt freundlich und ruhig den Kontakt mit dem warmen Körper, mehr nicht.

Schnitt auf den Eingang.

Dort kommt die Treppe herunter: Marco.

Er schaut sich zunächst wohlgelaunt im Raum um, die Wunde an seinem Hals ist überpflastert. – Schwamm drüber, sozusagen.

Nach ein paar Blicken friert sein Gesicht auf einmal ein.

Er hat René und Becki entdeckt.

Sie tanzen, dem Schmuselied entsprechend, weiter auf Körperkontakt. Becki lehnt immer noch an René´s Brust.

René bewegt die müde junge Frau eigentlich nur ein wenig sanft auf der Stelle, mehr nicht.
Marco drängt sich durch die tanzenden Paare und bleibt mit versteinerter Miene direkt vor den beiden stehen. Er blickt Becki an, ohne sie anzusprechen. Als Rebecca ihn bemerkt, ist ihre spontane unschuldige Reaktion echte Freude über sein Hiersein.

Hei!

Sagt sie froh und wendet sich ihm zu,

Ich dachte, Du kommst gar nicht mehr!

René löst sich sofort von Becki und dreht sich Marco ebenfalls zu.
Zack!
Ohne Vorwarnung hat ihm Marco explosionsartig die Faust ins Gesicht gerammt, mit solch brutaler Wucht, daß René seitlich fällt und zu Boden stürzt.

Gläser fallen um, klirren.

Augenblicklich packt Marco Rebecca am Arm und zerrt die überraschte junge Frau Richtung Ausgang.

Wir erinnern uns: Marco hat gerade seine Freundin nicht in irgendeiner, sondern in der Sylvesternacht, in der er als Partner gefordert ist, allein gelassen, weil er die Überreste seiner Untreue wegräumen muss.

Als er endlich kommt, schlägt Lauras Freund ins Gesicht, der sich zusammen mit Laura um die alleingelassene Becki gekümmert hat.

Er schlägt ihn, weil seine krankhafte Eifersucht zwischen Freundlichkeit und Begehrlichkeit nicht unterscheiden kann.

Marco schubst Becki die Treppe hoch.

Schnitt.

Draussen. Wir sind auf der Straße.

Die Discotür geht auf, die Zwei laufen in hartem Tempo die Straße entlang, halb rennend. Becki ist noch im Kleid, hält ihren roten Lackmantel in der Hand. Marco zerrt sie am Arm.

Er hat sie wütend gemacht.

Du bist ein ganz toller Typ!

sagt sie sarkastisch, unter starkem Druck.

Da drin,

antwortet er atemlos,

ist das auch n´ganz toller Typ oder was?

Er zerrt Becki immer noch am Arm, dirigiert sie auf die stille Straße hinaus.

Becki schreit unterdrückt:

Gott, Du armes Schwein! Du tust mir leid!

Die beiden sind jetzt mitten auf der Straße. Links und rechts parkende Autos, kein Verkehr. Dorfstraße.

Becki reißt sich los, wird lauter:

Was machst Du denn für Mist, Du Idiot, was ist denn mit Dir los?

Jetzt schreit sie aus vollem Hals.

Beide halten ruckartig an. Marco steht mit dem Rücken zu uns. Er beugt sich aggressiv vor, feuert patzig, maschinengewehrhaft schnell:

Immer muss ich erklären, was mit mir los ist, ja?

Er schubst sie grob rückwärts.

Au!

Schreit sie,

Du tust mir weh!

Sie stößt ihn vor die Brust, rennt an ihm vorbei, wir bleiben bei Marco und sehen Becki zu, wie sie wegläuft, zu ihrem Auto.

Du dummer Idiot! weint sie

Du machst alles kaputt!

Er, frech, patzig: Ja?

Sie dreht sich zu ihm hin, beugt sich weit vor, um ihn richtig anzuschreien.

Du hast alles kaputtgemacht!!

Er kennt diese Streittechnik gut, wahrscheinlich von zu Hause, er steigt ein, wie auf sicherem Terrain. Redet dabei rasend schnell.

So, was mach´ich denn kaputt, Deine süße kleine Affäre?

Kleine, abgehackt patzige Bewegungen aus dem Nacken:

oh das tut mir aber leid! (Foto Marco)

Er drängt stark nach vorn, wirkt sarkastisch wütend, giftig stachlig. Becki ist ganz verzweifelt, sie wendet sich hilflos wütend zu ihm zurück. Jetzt geht sie wieder auf ihn zu. Ihr Gesicht ist ganz verkrampft.

Bist Du dumm!

Schnitt auf Marco. Er schaut trotzig, irritiert, atemlos, sehr aufgebracht, als stünde er kurz vor den Tränen. Da steht ein junger Mensch, der furchtbar erregt ist, weil er sich ungeliebt glaubt.

Er geht ein paar Schritte rückwärts, während Rebecca näherkommt.

Jetzt schluckt er ein ganz kleines unsicheres Schlucken, das ganz plötzlich zeigt, wie tief verunsichert er eigentlich ist.

Er versucht, seinen Gesichtsausdruck davon abzuhalten, schwach und verloren auszusehen, aber wir erkennen überdeutlich in seinen Bewegungen den kleinen Jungen, der da eigentlich steht:

Ein verunsichertes Kind, das seiner Mama gerade zugeschrien hat:

ich hasse Dich! und eigentlich nicht ausdrücken kann: ich brauch´ deine Liebe´, bitte halt´ mich fest, hab´mich doch lieb!

Während Rebecca auf ihn zugeht, spüren wir deutlich, daß er so gerne umarmt, gestreichelt werden möchte. Aber das geht jetzt nicht mehr.

Er hat Becki schon zu sehr aufgeregt. Er hat eine zu dicke Trennmauer des Mißverständnisses zwischen sich und seiner Freundin aufgemauert, Becki schlecht behandelt.

Jetzt steht sie direkt vor ihm. Fragt verständnislos:

Was für eine Affäre denn? Bist Du blöd?

Er, patzig, hastig:

Ne.

Total verletzt:

Eben nich.

Seine Gesichtszüge sind ganz traurig, verletzt, sein patziger Text paßt gar nicht dazu. Schnell, beleidigt:

Ganz im Gegenteil.

Leise, er muß leise reden, damit sie seine Tränen in der Stimme nicht hört.

Er kann die Worte fast nicht aussprechen, weil ihm aus Traurigkeit und Verletztheit die Stimme beim letzten Wort versagt.

Jetzt ist sein Mund zugenäht, zubetoniert, er bekommt den Kiefer nicht mehr auseinander. Sein Gesicht ist eingefroren, tief verletzt.

Seine Augen bitten, flehen, sind schwarz und flehen, erbarmungswürdig Orientierung suchend; sein Mund hat patziges Zeug geredet.

Becki sieht ihn sehr erregt und traurig, fast weinend, an.

Sein Verhalten hat jeden weiteren Dialog unmöglich gemacht. Beide stehen da, sehen sich bedrückt in die Augen, lange, sprachlos, ratlos.

Schnitt.



1996-97 Marco Skilehrer- Heino Ferch, René – Ulrich Matthes Filmografie Ulrich Matthes Agenturseite Ulrich Matthes, Laura – Marie-Lou Sellem Filmografie Marie-Lou Sellem Agenturporträt Marie-Lou Sellem, Rebecca (Becki) – Floriane Daniel Filmografie Floriane Daniel, Agenturporträt Floriane Daniel ------ Die Adresse http://www.filmszenen.info/ leitet Euch direkt weiter auf auf unser Filmszenen-Weblog blogigo/ignazwrobel

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