Sein oder Nichtsein?.... Porträt Plato Teil 3 in: Spiel um Dein Leben, Regie: Friedemann Fromm, 1996-97 Plato: Heino Ferch
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Sein oder Nichtsein?.... zu wissen, dass ein Schlaf das Herzweh und die tausend Stöße endet... Porträt Plato Teil 3 in: Spiel um Dein Leben, Regie: Friedemann Fromm, 1996-97 Plato: Heino Ferch, Buch Christian Jeltsch
Text: ignazwrobel
„Du hast recht, Plato. Es ist nie vorbei.“
Am Ende der Geschichte begreift Nick, dass er von seinem besten Freund Plato manipuliert wurde.
Er muss schockiert erkennen, dass Eve und Jana ein- und dieselbe Person sind.
Die fordernde Eve war im Laufe der Geschichte auf einmal verschwunden, an ihre Stelle war die in ihrer Schüchternheit attraktive Jana, Eves Schwester, getreten.
Nick hatte sich folgerichtig in Jana verliebt. Als er sie im Loft besucht, muss er erkennen, dass Jana und Plato zusammen ihn benutzt hatten, um ein finanziell lukratives Spiel zu kreiren.
Obwohl Nick und Jana ineinander verliebt sind, können sie angesichts des Verrats nichts anderes tun, als auseinandergehen.
Szene:
Plato sieht den beiden vom Schnürboden des Schlafzimmer-Bühnenbildes aus zu.
Er ist im Halbdunkel versteckt. Wir sehen nur seinen Kopf. Als Nick gehen will, hören wir Platos Stimme:
Liebe bleibt übrig für die Verlierer...
Nick weint. Er versucht, sich zu fassen. Tränen laufen über sein Gesicht. Nach einigen Sekunden ist er soweit. Er kann Plato eine Frage stellen:
Ab wann war es nicht mehr mein Leben?
Plato: es war Dein Leben. Du hattest jederzeit die Möglichkeit, selber zu entscheiden.
Plato kommt auf die Bühne.
Alle drei stehen jetzt im Bühnenbild. Die ganze Anmutung ist die einer Theateraufführung, hallende Bühnenakustik, Fehlen von Musik, Standkamera in der Totale.
Jana fährt dazwischen.
Jetzt lass´ihn endlich. Es ist vorbei.
Plato geht zu Nick hin, nimmt seine Hand, legt etwas hinein, sagt:
..es sei denn, Du machst dem Ganzen ein Ende...
Wir sehen im Close Up, dass Plato Nick einen Revolver in die Hand gedrückt hat.
Jana bleibt stehen. Plato ist zwischen den beiden. Er blickt zuerst zu Jana, dann zu Nick. Der überprüft das Magazin der Waffe, es ist leer.
Nick lächelt Plato an, fasst ihn freundschaftlich an der Schulter.
Du hast recht Plato....
Platos Blick ist unsteht, er presst die Lippen zusammen. Der Blick irrt immer wieder ab, er atmet unruhig.
......es ist nie vorbei.
Nick geht an ihm vorüber - weg, aus dem Raum. Plato ist jetzt allein. Close up.
Was wir jetzt sehen, ist Platos zweiter Showdown.
Da steht ein Mann, der gefoltert ist von sich selbst.
Sein Gesicht ist geradezu entgleist, die Wangen erschlafft, ein winziges Zucken geht durch seinen Nacken, als ob er erschrecken würde, oder einen Nackenschlag erhielte.
Er steht da mit erhobenem Kopf, der Blick weicht auf ins Nichts, suchend, schwarz, er atmet schwer.
Wir fühlen, da steht jemand, der gerade erkennt, dass er eine eisige einsame kalte Hölle erzeugt hat, in der er jetzt leben wird.
Bevor Nick den Raum verläßt, dreht er sich um:
Warum ich ? was ist so besonderes an mir?
Plato wendet sich ihm zu. Er sagt mit beruhigender, ruhiger Stimme
..nichts, mein Freund.
Mit dieser Stimme antwortet der Freund in Plato.
Dann macht eine verächtliche Bewegung mit dem Kopf und zischt heraus:
..gar nichts.
Jetzt hören wir die Stimme der Eifersucht . Plato konnte nicht verstehen, was Nick und Jana zueinanderzog.
Seine Eifersucht ist jetzt eine autarke Macht, die ihn davon abhält, zu verstehen, warum Jana ihn fliehen musste. Es ist das Jäger und Beute-Prinzip.
Platos Qualen des Zurückgewiesenseins sind so überwältigend für ihn geworden, dass er einen Knall hören will.
Einen Knall, der ihn selbst wegmacht und ihm Frieden gibt, oder die Frau oder den Anderen auslöscht. Ein finaler Knall muss den Schmerz in seinem Inneren zum Verstummen bringen.
Nick ist weg.
Überblendung in die Preisverleihung für das innovativste Spiel des Jahres.
Ein Saal mit sicher 2000 Leuten, Lu Cyber Software hat den Preis gewonnen.
Mit Nick zusammen am Fernseher hören wir die Dankesrede von Plato:
Ein Lügner, der hundertprozentig an seine Lügen glaubt, lügt nicht. Er erschafft Realität. Wir alle sind Lügner, die sich ihre Realität selbst erschaffen. Wirklichkeit ist wahr, weil wir wollen, dass sie wahr ist. Dieses Spiel wäre ohne eine dritte Person, die heute Abend nicht bei uns sein kann, nicht zu Stande gekommen...ihm gilt unser ganzer Dank.
Noch ist das letzte Wort nicht gesprochen.
Nach der Preisverleihung finden sich die drei noch einmal auf der Bühne im Loft zusammen.
Jetzt will Nick weiterspielen.
Er hat den Revolver mit zwei Kugeln geladen. Eine verschießt er als Demo, die zweite steckt in einer Kammer des Magazins.
Nick setzt sich den Revolver an den Kopf, drückt ab, es klickt.
Jana tut dasselbe, wieder nur ein Klicken.
Jetzt ist Plato an der Reihe. Er steht vor den beiden. Die sitzen am Tisch. Jana schiebt ihm die Waffe zu.
Sie sieht ihn ernst an. Er ist dran. Nick wirkt unbeteiligt, blickt fast gelangweilt weg, zündet sich eine Zigarette an.
Die breite Prachtstrasse der Tausenden von Möglichkeiten, die das Leben bietet, hat sich verschmälert zu einem Saumpfad. Es gibt nur noch zwei Optionen. Leben oder Nicht leben. Sein oder Nichtsein.
Plato steht da - mit erhobenem Kopf.
Er blickt die beiden unter halb gesenkten Augenlidern an, erst Nick, dann Jana.
Ein leicht spöttischer Ausdruck überfliegt sein Gesicht. Er macht sich bereit.
Er schluckt, greift nach der Waffe. Er hat Angst.
Wieder richtet er sich auf, ein spöttisches Lächeln zuckt um seinen Mund, er hält sich die Waffe an die Schläfe. Sekundenbruchteile passiert nichts. Wir hören ein metallisches Klicken, wie von einer Metallfeder, die nur einen Millimeter bewegt wird.
Platos Augen drehen sich sichernd in Richtung des Geräuschs, dann sieht er wieder Jana an.
Die ist ganz interessiert, weiter nichts. Nick schaut freundlich auffordernd.
Plato verkrampft sich, kämpft hart zwischen Angst und Wollen, jetzt zittert er. Plötzlich verlöschen die Glanzlichter in seinen Augen. Sein Blick kippt nach innen.
Dann ein Knall.
Plato hat die Waffe mit einem Ruck von der Schläfe gerissen und zu Boden geschleudert. Dabei hat sich ein Schuß gelöst.
Nichtsein wäre seine Option gewesen.
Er verläßt die Bühne, eilt aus dem Saal.
Nick und Jana bleiben allein zurück.
Ende.
Kommentar:
Sein oder Nichtsein, das ist hier die Frage:
Ob´s edler im Gemüt, die Pfeil´und Schleudern
Des wütenden Geschicks erdulden, oder,
Sich waffnend gegen eine See von Plagen,
Durch Widerstand sie enden. Sterben – schlafen –
Nichts weiter! – und zu wissen, dass ein Schlaf
Das Herzweh und die tausend Stöße endet,
Die unsers Fleisches Erbteil - ....
Denn wer ertrüg....
Verschmähter Liebe Pein.....
Wenn er sich selbst in Ruhstand setzen könnte
Mit einer Nadel bloß?.....
Nur dass die Furcht vor etwas nach dem Tod –
Das unentdeckte Land, von des Bezirk
Kein Wanderer wiederkehrt – den Willen irrt –
Dass wir die Übel , die wir haben , lieber
Ertragen, als zu unbekannten fliehn.
So macht Bewußtsein Feige aus uns allen;
Der angebornen Farbe der Entschließung
Wird des Gedankens Blässe angekränkelt;
Und Unternehmungen voll Mark und Nachdruck
Verlieren so der Handlung Namen.
William Shakespeare, Hamlet, III, 1.
Kommentar 2:
Becker und Ferch steigern sich durch Gegensätzlichkeit von Charakter und Aussehen genial in ihrer Wirkung.
Großartig mimisch dargestellt Platos innere Qual, nachdem Nick ihn fragt.. warum ich?
und sein innerer Kampf um Sein oder Nichtsein, als er sich den Revolver an die Schläfe hält.
Genial, wie in der Sekunde vor dem Schuss sein Blick verlischt, der Kontakt zur Aussenwelt abreisst und sein fühlendes Ich von aussen nach innen kippt.
Für den Bruchteil eines Augenblicks ist Plato in einer anderen Wirklichkeit, wie tot.
Ferch reizt in dieser Schußszene das Thema "Sein oder Nichtsein" darstellerisch bis zur extremsten Grenze aus.
Plato geht bis an den alleräussersten Rand des Abgrundes und springt zurück, als er "Das unentdeckte Land, von des Bezirk kein Wanderer wiederkehrt " einen Augenblick lang sieht.
Ferch at his best.
Kommentar 3:
Das Drehbuch schrieb Christian Jeltsch Bio von Christian Jeltsch
Für Ferchs neuen Film (Partnerin die hinreissende Martina Gedeck Filmographie, Produktion April mit Juno 2005 Über: Auf immer und Ewig) "Auf immer und ewig und einen Tag" schrieb Christian Jeltsch ebenfalls das Drehbuch. Hierfür erhielt Jeltsch den Hessischen Drehbuchpreis 2004.
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