"..your only enemy ist one man... " Vercingetorix´ Kapitulation. in: Julius Caesar. Teil 3a Regie: Uli Edel, USA, GER, IT, NL, 2002
Text: ignazwrobel
"..your only enemy ist one man... " Vercingetorix´ Kapitulation. in: Julius Caesar. Teil 3a Regie: Uli Edel, USA, GER, IT, NL, 2002
Caesar hat sich entschlossen.
„We take Alesia in the morning.“ (Jeremy Sisto´s Stimme und sein distinguierter high brow accent sind einfach Klasse – listen to it!)
Nach langer Belagerung wird das römische Heer am kommenden Morgen die Festung Alesia, die bislang als uneinnehmbar gilt, stürmen.
Warum? Aus allen Gegenden Galliens sind Hunderttausende von gallischen Kriegern unterwegs nach Alesia, um ihrem Fürsten und König Vercingetorix Entsatz zu leisten.
Die Entscheidung um Alesia hat also zu fallen, bevor der Entsatz die Festung erreicht. Caesar verfügt nur über einige Zehntausend Soldaten, die bei Eintreffen der Gallischen Truppen niedergemetzelt würden.
Vercingetorix allerdings hat keine Nachricht wann seine Truppen eintreffen werden.
Die Übergabe.
Totale
Die riesigen, kyklopenhaften Eingangspylonen des Haupttores von Alesia. Die Festungsmauern sind auf gewachsenem Fels erbaut, sie erhöhen eine natürliche Felsbarriere.
Die Architektur erinnert an Bauwerke wie die Chinesische Mauer und den Potala in Tibet.
Auf der Mauerkrone Fahnen, Feuer in Pechpfannen, winzig wirkende Wachsoldaten.
Weisser Signalrauch steigt von den Zinnen eines Torturmes zum sonnenklaren Herbst-Himmel. Im Hintergrund verdämmern schneebedeckte Höhenzüge im Blau.
Schnitt.
Im römischen Fort. Caesar hat eine doppelte Fortifikation um Alesia herum bauen lassen. Niemand kann hier passieren.
Hunderte von Legionären sind vor uns innerhalb der Palisaden des Forts zum Appell angetreten.
Die Tore nach draussen werden geöffnet, zwei Legionäre galoppieren durch die Hauptgasse des Lagers herein bis zu uns, zum Feldherrnzelt. Das ist auf einem Hügel errichtet.
Eine flache, mit Balken befestigte Treppe führt herauf zu dem prachtvoll weissen Gebäudezelt mit den roten Standarten, aus dem Caesar in römischer Rüstung mit Helm, Brustpanzer und Caligae heraustritt. An seiner Seite auch Marc Anton.
Die Feldherren blicken über die Palisaden hinweg hinüber zum Eingangsportal von Alesia.
Dort öffnen sich die gigantischen Torflügel, weisser Rauch steigt auf.
Die Kamera ist nun näher am Alesianertor, wir sehen Einzelheiten. Der Herbstwind wirbelt Blätter umher. Jetzt bewegt sich ein einzelner Reiter auf einem Schimmel in den Torausschnitt.
Schnitt Halbtotale.
Die schwarze Silhouette des Mannes in voller Rüstung ist unverkennbar: Es ist Vercingetorix. Er verweilt einen Moment im Portal, dann bewegt er sein Pferd im Schritt auf uns zu.
Wir stehen zusammen mit Caesar auf dem Feldherrnhügel im Fort und sehen den Reiter herannahen.
Der hebt ein letztes Mal seinen Blick zu den Mauern der Festung Alesia.
Close Ups geben uns Gelegenheit, wechselweise in die ernsten Gesichter der Römischen und der Gallischen Soldaten oben auf den Mauerkronen zu blicken.
Als Vercingetorix sich dem Tor des römischen Forts nähert, gibt Caesar den Befehl
Open the gate.
Die beiden Reiter galoppieren weg vom Feldherrnzelt, zurück zum Eingang des Forts. Noch immer stehen hunderte von Legionären in Appellstellung mit aufgepflanzten Schilden und Speeren.
Die Türflügel des Römerforts schwingen auf, der Gallierfürst wird von den beiden Reitern in Empfang genommen.
Vercingetorix reitet die Mittelgasse herauf, langsam, im Schritt. Wir begleiten ihn auf seinem Weg an den römischen Soldaten vorbei.
Die Kamera fährt direkt an den Reihen der Legionäre entlang, wir sehen in das Gesicht jedes Einzelnen.
Die Mienen sind angespannt, Aller Augen ernst und betreten auf den Arvernerfürsten gerichtet. Der Ritt zieht sich bedrückend lang hin, der Weg zum Führerzelt ist nicht kurz. Die beiden berittenen Legionäre eskortieren ihn.
Schnitt auf Vercingetorix.
Er sitzt gerade aufgerichtet auf seinem weissen Vollblut, die silberfarbenen Schmuckornamente seiner Rüstung schimmern im letzten Abendlicht. Close up zuerst auf Caesar, dann auf Vercingetorix. Keine Seelenregung ist spürbar.
Vercingetorix ist vor der Treppe des Führerzeltes angekommen. Lange Abendschatten streifen den blätterbedeckten Boden. Oben vor dem Zelt stehen Caesar und seine Feldherren, unten vor der Treppe steigt Vercingetorix im letzten Abendsonnenlicht vom Pferd.
Er geht auf die Treppe zu, hält an.
Caesar tritt näher, er kommt Vercingetorix zwei Stufen die Treppe herab entgegen, dann bleibt er erwartungsvoll stehen. Er weiss noch nicht, was Vercingetorix zu sagen hat.
Im Hintergrund Hunderte von Soldaten. Die gesamte römische Besatzung des Forts ist Zeuge der folgenden Szene.
Vercingetorix wirkt wach, entschlossen, seine Energie strömt in einem klaren Zug auf Caesar zu, er ist sehr deutlich, in dem was er tut und völlig angstfrei.
Er wirkt, als hätte er einen unsichtbaren, aber unbetretbaren Raum um sich.
Vercingetorix bleibt einen Moment schweigend stehen, er und Caesar wechseln Blicke, dann sagt er, mit erhobenem Kopf, deutlich, klar und prononciert:
I know your only real enemy is one man …
…and he is standing right before you now.
Caesar blickt ihn unbewegt an, er hört zu.
Vercingetorix hält den Blickkontakt zu Caesar. Er zieht mit gemessener Bewegung sein Schwert aus der Scheide, streckt es, -mit beiden Händen an Griff und Klinge quer vor sich haltend,- Caesar entgegen.
I´m giving myself to you, Caesar.
Er legt das Schwert mit zeremonieller Geste vor sich in den Staub.
Während er sich wieder aufrichtet, streift die Kamera in Aufwärtsbewegung über seine Rüstung und hält im Porträt Close Up an.
Vercingetorix: Our women died for us.
Er sieht Caesar unbeirrt und gerade in die Augen, beobachtet seine Reaktion. Close up auf Caesar, der scheint unbewegt, ist jedoch totenbleich.
I give you my own life so that you may let my men live.
Die Kamera schwenkt auf Vercingetorix` Arme. Vercingetorix beginnt, die Rüstung abzulegen, die Armstulpen zuerst, dann die metallbewehrten geschmückten Schulterpanzer. Jetzt sind seine Arme nackt, ungedeckt, ungeschützt.
If my men die there will be nothing left of the goals and nobody to worship our gods.
Die drei Römischen Feldherren stehen bewegungslos, sehr ernst.
Sie sind sich der Tragweite dessen, was sie gerade erleben, bewußt. Vercingetorix verhindert soeben durch seine Kapitulation ein weiteres Menschenabschlachten, er beendet einen Besetzungs-Krieg, der die Legionäre hier seit drei Jahren an den Rand ihrer Nervenkräfte und den arvernatischen Frauen und Kindern den Tod gebracht hat.
Vercingetorix läßt keinen Zweifel an seiner Ernsthaftigkeit.
Jetzt geht er vor Caesar in die Knie. Er spricht in dieser Demutshaltung weiter, im Knien:
I beg you:
Slave my people, if you need to. – But let them live.
Oh nein, oh nein, die bedrückend quälende Selbsterniedrigung hat noch immer kein Ende. Jetzt neigt er den Kopf und beginnt eine Venia. *
Nahaufnahmen der Gesichter der Legionäre kommentieren den Vorgang. Die Männer sind betreten, gequält vom Miterleben dieser Selbsterniedrigung: Manche können nicht mehr hinsehen, blicken zu Boden.
Wir sehen jetzt den Arvernerfürsten im Staub liegen, Arme und Beine ausgebreitet, das Gesicht ist in Berührung mit dem Boden. Waffe und Rüstung vor ihm im Staub. Der Herbstwind trägt Blätter über ihn hinweg, einige verhängen sich in seinem Haar, einen Moment sieht er aus wie tot.
Die Sekunden verstreichen.
Der Anblick löst Gefühle aus, die unseren Brustkorb zusammenzupressen scheinen wie unter der Last schwerer Steine. Bitte! Wie lang dauert das noch?
Caesar scheint immer noch unbewegt. Er sieht auf Vercingetorix. Dann blickt er hoch, atmet.
Ohne Pathos sagt er zu Vercingetorix:
Your men will live.
dreht sich um und geht zurück in sein Zelt.
Ende der Szene.
-Poooh.-
2002 Heino Ferch (im Alter von 37/38) – Vercingetorix , Jeremy Sisto – Gaius Julius Caesar.
Bildquelle und alle Bildrechte bei: Universal Pictures Germany GmbH Hamburg
* Venia? – Das kennt man vom Priestergelübde der katholischen Priester. Wenn sie sich völlig und gänzlich in Gottes Hand und ihrer totalen und vollständigen Hingebung an den Willen Gottes ein äußeres Zeichen geben, werfen sie sich der Länge nach mit ausgebreiteten Armen nieder auf den kalten Stein des Altarraumes, das Gesicht und die Stirn berühren den Boden. So bleiben sie minutenlang liegen, bis das Zeremoniell vorüber ist.
Kommentar:
Ferchs Interpretation des Arvernerfürsten ist mir irgendwie besonders ans Herz gewachsen. Ferch gibt ihr etwas Wasserklares, Aufrechtes, äusserst Pragmatisches, Unverbohrtes.
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