Dienstag, November 29, 2011

Filmszenen I …des is unsa Platz!…Teil 2B in: Baching. Marisa Burger - Gabi. R.: M. Kiefersauer, 2008-09



Bildquelle und Bildrechte: movienet-Film, Tellux Film und Eurovideo Filmverleih

…des is unsa Platz!…Teil 2B. in: Baching. Marisa Burger - Gabi Stemmer, Thomas Unger - Benedikt Kirchner. Regie und Drehbuch: Matthisa Kiefersauer, 2008 - 09

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Ein Blumenbeet, nah, Geranien in weiss, der kleine Kitsch-Engel. Wir erkennen sofort den rechteckigen Fleck schwarzer Erde im grünen Gras: Lena´s Grab.


Eine Hand legt eine Rose auf die schwarze Erde. Eine Männerhand.

Die Kamera fährt hoch, streift über Jeans, einmoos grünes T-Shirt, zum Kopf: Benedikt Kirchner, Beni. Hinter ihm die Fassade der Aussegnungshalle mit einem großen lateinischen Kreuz an der Wand, über den Bögen der Arcaden , das Kreuz es scheint direkt neben Beni´s Kopf zu stehen. Wie ein Kommentar, eine Mahnung.

Beni sieht ernst auf das Grab. Still. Nach einiger Zeit atmet er tief durch.

Schnitt. Seitenwechsel, andere Richtung.

Unser Blick geht an seinem Kopf vorbei in die Totale. Ein langer Kiesweg zur Friedhofsmauer, gesäumt von alten Grabdenkmalen. Der Friedhof ist mindestens zweihundert Jahre alt. Hinter der Hecke die Flanke der Kirche.

Über den Kiesweg kommt Gabi Stemmer, Jeans, T-Shirt, Strickjacke, Tasche. Sie schreitet schnell aus. Sie hat Beni schon gesehen und wir fühlen ihren Ärger in der Entschlossenheit des Schritts. Sie starrt nach Beni. Jetzt hat sie ihn erreicht. Sie läßt ihn nicht aus den Augen, bis sie frontal vor ihm steht.

Beni, die Stirn gefurcht, versucht, in ihrem Gesicht zu lesen, hat irgendwie Angst. Dann sehr zögernd

Grias God.

Grüss Gott.

Gabi

Grias God.

Grüss Gott.

Gabi starrt ihm in die Augen, eine ganze Weile, dann schüttelt sie unmerlich den Kopf:

Wo mocha Sie do?

Was machen Sie da?

Beni´s ist jung, sein Gesicht glatt, seiner Stirn jedoch sieht man an, wie erregt und verängstigt er ist, er hat die Brauen zusammengezogen, als würde er schweren Kopfschmerz ertragen müssen. Wieder atmet er tief durch. Beisst sich auf die Lippen.

Beni schaut zum Grab.

Gabi folgt seinem Blick, versteht, sie öffnet den Mund atmet ein, als erschrecke Sie. Dann entschließt sie sich etwas zu sagen. Ihr Ansatz zittert etwas, das was sie sagen will, muss gesagt werden, auch wenn es mit demokratischen Regeln kollidiert.

Gabi

I.. i woas ned, ob mia des zuschdehd, aba….ich….I wui ned dass Sie hierherkommen. Des.. .. des is unsa Blatz, vaschdengans?

Ich… ich weiss nicht, ob mir das zusteht,

Gabi hat wirkliche Schwierigkeiten zu äußern, was sie sagen muss, sie atmet tief ein, zögert, ihre Augen verengen sich , weiten sich dann wieder, jetzt redet sie:

…aber, …ich….. Ich will nicht, dass Sie hier herkommen.

Das… das ist unser Platz, verstehen Sie das?

Welcher „unser“?

Unser Platz an dem wir trauern,

unser Platz, wo unser Kind liegt,

unser Platz wo wir Trost suchen,

unser Platz, wo wir immer wieder Abschied nehmen,

unser Platz, wo wir unser Kind lebend erinnern,

unser Platz, wo wir allein sein wollen

mit unserem toten Kind.

Unser.

Platz.

Beni nickt sofort. Er versteht. Er hat kein Recht auf Trauer an Lena´s Grab.

Er hat dieses Recht verwirkt. Damals, als er betrunken Auto fuhr, als ihm sein Geld zu schade für ein Taxi war, als ihm die Mühe zu groß war, seine Karre am anderen Morgen beim Wirt abzuholen. Er hat das Recht verwirkt, sich bei Lena zu entschuldigen, Trost an diesem Ort zu suchen, oder gar zu finden.

Er soll abhauen.

Weg.

Weg vom Friedhof, weg aus Baching, ganz weit weg und nie mehr Wunden aufreissen kommen.

Abhauen soll er in sein Berlin.

Beni zögert

´Tschuldigung.

Totale. Wir sehen, die beiden standen frontal voreinander.

Jetzt dreht sich Beni und geht weg. Gabi bleibt starr stehen, blickt ihm erst nach, als er weg ist, steht noch allein am Fuss des Grabes.

Dann wendet sie sich dem Beet zu und wirft die Rose in weitem Bogen ganz weit weg von Lena´s Grab. Wir sehen ihren Zorn.

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2008 – 09 Marisa Burger – Gabi Stemmer, Thomas Unger – Benedikt „Beni“ Kirchner.