Dienstag, August 31, 2010

Filmszenen…wer behauptet denn so was?....in: Kennedy´s Hirn. Teil 3. Heino Ferch – Dr. Christian Holloway. Regie: Urs Egger, 2009-10



Bildquelle und Bildrechte ARD Degeto 2009


…wer behauptet denn so was?....in: Kennedy´s Hirn. Teil 3. Heino Ferch – Dr. Christian Holloway. Regie: Urs Egger, 2009-10, Musik: Marius Ruhland, Buch: Nils-Marten Osburg nach einem Roman von Henning Mankell


Homepage des Films auf www.daserste.de

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Vor der Szene

Louise und Lucinda schildern dem Mitarbeiter der Schwedischen Botschaft Hakansson (Michael Nyqvist ) ihren Verdacht: Die Klinik in Xei-Xei infiziert bei AIDS – Screenings gesunde Menschen, um an ihnen einen Impfstoff zu testen.

Mit der ersten Spritze nach Ankunft in der Klinik bekommen – so die Meinung von Louise und Lucinda - gesunde Menschen ohne ihr Wissen einen AIDS –Impfstoff injiziert, mit der zweiten Spritze, vier Wochen später, hochvirulente AIDS Viren. Als Test, ob der Impfstoff wirkt.

Hakansson verspricht, der Sache nachzugehen. Die beiden Frauen sind zu ungeduldig, zu warten. In Henriks altem 1990er Saab fahren sie zur Klinik, um Proben des Impfstoffes und der Viren mitzunehmen – als Beweis für ihren Verdacht.

Nachts werden sie von Jeffrey hereingelassen. Jeffrey führt sie im Labor zum Kühlraum, öffnet alle Türen.

Die Szene



Lucinda nah. Sie wirft den ersten Blick in die Regale des Kühlraums. Wir entnehmen ihrer Überraschung, dass sie etwas Unerwartetes sieht.

Schnitt auf die Regale. Sie sind vergittert. Ein Zugriff ist unmöglich.

Lucinda wendet sich an Jeffrey. Louise tritt hinter Lucinda nach vorn und wirft ebenfalls einen Blick auf die vergitterten Kühlregale. Lucinda

Seit wann ist denn hier abgeschlossen?

Jeffrey

Nich lange´..

Lucinda

Hast Du ´n Schlüssel?

Wir blicken in die Raumtiefe, an Jeffreys Ellenbogen vorbei. Aus dem Raumhintergrund nähert sich – Dr. Holloway. Über seiner Arztkleidung trägt er eine legere braune Stoffjacke. Er war also nicht im Dienst, ist mit Absicht hier und jetzt im Labor erschienen.

Holloway, laut genug, damit er bemerkt wird:

Nein, hatter nich.

Die drei fahren herum. Holloways Erscheinen hat seine Wirkung getan.

Holloway

..weil nur ich einen hab.

Jeffrey steht noch immer in der Tür zum Kühlraum. Er senkt schuldbewusst den Kopf.

Ratlose Blicke gehen zwischen den drei Eindringlingen hin und her.

Holloway kommt näher.

Kann mir mal jemand erklären, was das hier soll?

Seine Stimme wirkt autoritär und gereizt. Er tritt nun vollends an die kleine Gruppe heran. Blickt von einer zur anderen.

Zu Jeffrey wendet er sich, als hätte dieser mit der Sache nichts zu tun. In freundlich – väterlichem Ton schickt er ihn weg:

Danke, Jeffrey.

Jeffrey beeilt sich, die Labor-Tür von aussen zu schließen.

Holloway nimmt selbst die Klinke zum Kühlraum in die Hand und schließt die Tür.

Währenddessen zu den Frauen:

Wissen Sie, was die Einheimischen mit Dieben und Einbrechern machen, Frau Cantor?

Er wendet sich an Louise, schiebt die Hände in die Hosentaschen. Jetzt steht er frontal vor ihr.

Das nennt sich Necklacing. Sehr unangenehm.

Wir fühlen, dass er den Frauen droht, ohne zu schreien.

Louise nimmt den Weg nach vorn, Angriff:

..und Sie arbeiten an einem Impfstoff und infizieren dafür gesunden Menschen mit AIDS.

Eine äußerst schwerwiegende Behauptung, in der aktuellen Situation geradezu naiv unklug.

Holloway ruhig und sicher, fast jovial:



Bildquelle und Bildrechte: www.daserste.de

Wer behauptet denn so was?

Er blickt Louise an, seine Energie ist nicht ganz unfreundlich, aber die felsenfeste Unverwandtheit seines Blickes würde Schwächere als Louise sprachlos machen.

Louise jedoch prescht weiter vor:

Zum Beispiel mein Sohn.

Ihr Blick weist ihm Schuld zu.

Deshalb musste er ja wohl sterben.

Holloway, immer noch nicht unruhig.

Moment.

Sie verdächtigen mich, mit dem Tod ihres Sohnes zu tun zu haben?

Er scheint keine Schuldgefühle zu verbergen, er stellt nur einfach eine Frage, von der er jetzt und hier eine Antwort erwartet.

Louise, immer noch weiter, immer noch unklug:

Ja, - wie er Ihnen auf die Schliche gekommen ist.

Holloway, lebhaft, aber sachlich:

Soweit ich informiert bin, war es Selbstmord.

Louise wendet sich etwas ab, aus dem bedrängenden Energiestrom von Holloways Blick heraus. Louise

So sollte es aussehen,

Sie kehrt zurück, ihm direkt ins Gesicht, nicht wütend, eher schmerzlich.

…aber in Wahrheit war es Mord.

Es wirkt, als erkläre sie Holloway jetzt erst, wieso ihr Sohn umkommen musste.

Jetzt wird sie wütend:

Mein Sohn war HIV positiv.

Sie wirft einen Blick in die Laborumgebung.

Ich nehme mal an, er hat sich hier in Ihrer Klinik infiziert.

Wieder in Holloway unbewegtes Gesicht

Nämlich mit dieser zweiten Spritze, die Sie verabreichen. Das Serum mit den HIV Erregern.

Holloway hebt den Kopf:

Aha.

Aja.

Spitz sarkastisch:

Ein böses Serum.

Louise, ihr Atem wird hörbar, sie regt sich immer mehr auf:

Sie behandeln Menschen wie – wie Laborratten.

Es sind Leute wie Sie die diesen Kontinent ruinieren.

Schnitt.

Die Gruppe von der Seite. Holloway lächelt.

Dann geht er zwischen den Frauen hindurch ein paar Schritte zum Raumhintergrund. Wir blicken ihm nach. Er dreht sich über die Schulter zu Louise.

Warum glauben immer alle, beim Thema Afrika mitreden zu müssen?

Sein sarkastischer Ton verschärft sich:

Diesen Kontinent.

Pause. Er sieht Louise an. Seine Hände nimmt er nicht aus den Hosentaschen. Dann, explosionsartig, er zuckt mit den Schultern.

Haben Sie eine Ahnung wie unterschiedlich die Länder hier sind?

Er ist richtig zornig. Aber – sein Ton ist noch immer in Zimmerlautstärke.

Louises Blick zu ihm zeigt Verachtung.

Holloway

Wissen Sie überhaupt, wie viele Länder es in Afrika gibt,

- wissen Sie irgendwas?

Pause.

Louise hat keine Antwort. Holloway kommt näher:

Frau Cantor, dreissig Millionen Menschen sind HIV infiziert. Siebzig Prozent der gesamten Seuche findet in Schwarzafrika statt.

Wieder wartet er auf eine Antwort von Louise, wieder Schweigen.

Sie reden von einem Impfstoff – ja?



Holloway, leise, echauffiert:

Sie haben recht.

Er tritt dicht vor Louise hin, hebt die Hand, einen Moment, einen ganz kurzen Moment wissen wir nicht, wird er tätlich – nein, er hebt einen Zeigefinger: Ernst und drängend:

Für einen Impfstoff würde ich töten.

Louises Blick wehrt ab.

Holloway

..würde ich Menschen für opfern.

Intensiv,

Weil ich im nächsten Augenblick nämlich Millionen anderer helfen könnte.

Er schleudert ihr den Satz mit einem Schulterzucken hin:

Aber es gibt diesen Impfstoff nicht.

Pause. Er lässt von ihr ab, wendet sich weg. Die Frauen stehen ernst und bedrückt da.

Während er Louise noch den Rücken zuwendet, jetzt schreit er:

Und wir sind….

Er fährt herum,

….auch keine Forschungsstation.

Er beobachtet einen Augenblick die Wirkung seiner Worte. Schreit den nächsten Satz:

Wir versuchen, kranken Menschen zu helfen.

Jetzt schießen seine Hände aus der Ruheposition. Er hebt sie:

Das gelingt uns oft, -

Die Geste der Hände schneidet einen Vorgang ab:

- aber manchmal eben nicht.

Seine Augen sind weit aufgerissen, wir sehen das Augenweiss, der Kopf stößt mit jedem Satz nach:

Es ist ein Kampf.

Tag für Tag.

Louises Blick sinkt endlich ab. Holloway beeindruckt sie.

Schnitt. Totale

Holloway ist unruhig im Raum hin und hergegangen. Trotz seiner Aufgebrachtheit hält er die Hände in den Taschen. Er wird nicht tätlich.

Da muss ich mich nich´ mit zwei Klugscheissern rumschlagen.

Auch nicht, als er die Frauen zum Gehen bewegt. Er wirft sie mit einer Kopfbewegung hinaus:

Gehen sie!

Sofort.

Jetzt reisst er die Tür auf.

Los!

Machen Sie, dass Sie wegkommen!


Die Frauen eilen an ihm vorbei, hinaus.





2009 – 10 Heino Ferch (im Alter von 46) – Dr. Christian Holloway, Ingrid Berben – die Archäologin und Mutter des toten Henrik Louise Cantor, Andreas Wilson – Henrik Cantor, Mata Gabin - Lucinda