Freitag, Juli 31, 2009

Filmszenen I ….….Hey! Romeo! Du Narr! Ich ruuuuufe Dich! …….Teil 1. Romeo und Julia von William Shakespeare. Heino Ferch – Mercutio.

Alle Bilder unter Copyright-Schutz.

Heino Ferch – Mercutio.

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Dies ist eine szenische Besprechung der Mercutio-Rolle nach der Verfilmung von Renato Castellani. Heino Ferch spielte die Rolle an der Freien Volksbühne Berlin unter der Regie von Christof Nel, wahrscheinlich 1990 im Alter von 27. Hiervon besitzen wir keine Filmaufzeichnung.

Heino Ferch – Mercutio.


Der Text in Castellani´s Film ist wesentlich gekürzt und modernisiert. Shakespeare´s Text ist ungefähr fünf Mal so lang, voller Geistesblitze und Anspielungen. Das war eben noch in Zeiten vor MTV und dem Schnittgewitter von Stirb langsam 4.

Vor der Szene.

Romeo ist ein sehr junger Adliger aus bestem Hause, dem Hause der veronesischen Familie Montague. Er ist ziemlich verliebt in eine junge edle Dame namens Rosalinde. Richtig liebeskrank ist er. Das gibt natürlich seinen besten Freunden, Benvolio und vor allem dem witzigen Mercutio genügend Anlass, über Romeos Liebeskrankheit freundschaftlich zu spotten. Mercutio läßt´s, was seine Wortwahl unter den Freunden angeht, ziemlich krachen. Mercutio ist zwar grob, aber auch fantasievoll und lustig und deshalb mögen wir ihn.

Benvolio, Mercutio und Romeo schleichen sich auf einem Fest der Fürstenfamilie Capulet ein. Gefährlich, gefährlich. Die Capulet sind traditionell – keiner erklärt wieso – mit den Montagues verfeindet. So verfeindet, dass der kleinste Anlass zu neuen Waffenhändeln führt.

Romeo verliebt sich auf dem Fest augenblicks in ein schönes blutjunges Fräulein und kann auch mit ihr sprechen, ja sie sogar berühren. Sie ist ebenfalls sofort entflammt.

Blöderweise muss Romeo Montague kurz danach erfahren, dass seine Liebeswahl ungünstiger hätte nicht sein können:

die Schöne ist die Tochter des Hauses. – Julia Capulet. Und das Fest hatte zu dem Zwecke stattgefunden, ihren Zukünftigen kennenzulernen.

Ausgesucht hatten ihre Eltern einen Edlen, der vollkommen o.k. ist – wenn jemand Paris heißt, kann er ja wirklich schlechterdings keine Kröte sein. Ein bisschen alt vielleicht – Julia ist vierzehn, damals das Alter, erstmals Mutter zu werden, Paris scheint so Ende dreissig zu sein.

Die Szene

Nacht. Nach dem Fest.

Die Jungs wollen nach Hause gehen. Benvolio, Mercutio und noch ein paar Andere. Man wollte sich vor dem Hause der Capulets treffen und gemeinsam heimgehen. Romeo kann aber nicht. Er ist derartig vom Liebeswahn erfasst, dass er zu Julia zum Fensterln einsteigen will. Als die Freunde in der Straße ankommen, hat Romeo bereits die Mauer erklommen und steht, heimlich versteckt, auf der Mauerkrone.

Die Jungs rufen ihn:

Wo zum Teufel steckst Du? Romeo! Romeo!

Einer:

Ich hab ihn eben noch gesehen. Hier ist er hin.

Weg ist er! Er ist fort!

Mercutio:

Er ist gescheit. Hat sich wahrhaftig heimlich nach Haus gestohlen und ins Bett…

Benvolio:

Wir wollen ihn rufen! Ruf´ Du ihn doch , Mercutio.

Mercutio zieht jetzt eine richtige Show ab. Er unterhält die Anderen.

Er pfeift, wie man einem Hündchen pfeift, damit es herkommt, er schnippt mit den Fingern.

Mercutio:

Nein – her- zaubern – will ich ihn.

Hey!

Er tut als suche er überall, deklamatorisch, dramatisch:

Hey! Romeo! Du Narr! Verliebter! Schwärmer!

Die anderen lachen.

Mercutio beschwört den Freund mit großen Gesten eines Magiers.

Erscheine in der Wolke eines Seufzers! Sprich einen Vers nur und ich bin zufrieden!

Kein Erfolg. Er lässt die Arme sinken. Die anderen lachen.

Noch einmal will er den Freund aus der Luft herbeischnippen.

Hey hey hey!

Er pfeift. Gelächter.

Mercutio springt auf eine Balustrade und beginnt eine neue Zaubernummer. Er rührt in einem imaginären Topf, zieht ein imaginäres Tuch heraus.

Ich ruuuuufe Dich!

Läßt das Tuch im Nichts verpuffen.

Bei Rosalindes Blicken, bei.. ihrer hohen Stirn, und… roten Lippen, bei . ihrem zarten Fuß und langem Schritt und schmalen Hüften und…

Er zeigt an seiner Leibesmitte herunter..

Der Region, die sonst noch da ist.

Allgemeines Gelächter.

Mercutio springt von der Balustrade und genießt den Applaus.

Benvolio:

Wenn er Dich hört, so wird er zornig werden.

Mercutio, er setzt sich

Das kann er nicht. Denn meine Beschwörung ist wahr und ehrlich. Das Bild von seiner Liebsten dient zur Freude.

Und zum Leben.

Eben.

Gelächter.

Ach.

Er hat keine Lust mehr.

Lasst uns gehen.

Benvolio

Ja, los, hier finden wir ihn nicht.

Die Nacht hat ihn verschluckt. Er ist ja blind, da ziemt ihm wohl die Nacht.

Mercutio:

Ein heißer Blick hat ihn so blind gemacht.

Im Gehen ein letztes Mal:

Ich rufe Dich! Herbei!

Wir sehen Romeo hoch über den Köpfen der Freunde auf der Mauerkrone stehen, versteckt angelehnt an einen Vorsprung.

Schnitt.

1954 – Romeo: Laurence Harvey, Mercutio: Ubaldo Zollo; Benvolio: Bill Travers; Regie und Drehbuch: Renato Castellani

Kommentar:

Heino Ferch spielte den Mercutio, wenn wir den Angaben seiner Künstleragentur folgen, an der Freien Volksbühne. (evtl. 1990). Für uns interessant ist der Charakter der Rolle als frühe Impression, Freunde zu verkörpern. Mercutio ist ein treuer Freund, der seinen Freund Romeo sofort schützt, als Gefahr droht. Leider hat Mercutio wenig Glück, ein Dolchstoß trifft ihn tödlich, aber davon mehr nächsten Samstag.

1991 in Wer hat Angst vor RotGelbBlau? Sehen wir hf zum zweiten Mal in der Rolle des guten Freundes. Müller, der Akademiestudent, steht so lange zu seinem Freund Banuscher, bis dieser die Freundschaft verrät. Andi Fischer in Gefährliche Verbindung 1993 ist sowohl Freund des verstorbenen Uli Fenske, als auch Verteidiger und Vertrauensmann der Kollegen seiner Schicht, 1995 in Küss mich! ist die Rolle des Johannes eine Freundesrolle. Johannes ist vor allem Freund. Und seine se xu elle Abonnement-Beziehung kann nur funktionieren, weil sie von freundschaftlicher Grundstimmung getragen ist.

1997 in Spiel um Dein Leben! Ist das Thema Freundschaft, Plato ist enger Freund von Nick (Ben Becker), Auslöser des dramatischen Konflikts um die Frage freundschaftlicher Loyalität. 1998 in Todfeinde – Troopers ist das Hauptthema die Belastung von Solidarität und Loyalität von Max (hf) zum Freund Nico (Tobias Moretti) durch die Veränderung der Persönlichkeit des Freundes bis zu einem nicht mehr tragbaren Punkt. 2001 Harry Melchior in Der Tunnel ist Kopf und Teil einer verschworenen Freundesgruppe.

Und 2005 sehen wir eine Freundesrolle, die die u.E. die engste Beziehung zur Mercutio-Rolle hat. – Auch durch die vorgestellte historische Zeit, dem 17. Jh. – Mercutio und friends lebten im 16. Jh.D´Artagnan und die drei Musketiere: Athos. Mercutio und Athos, beide sind Teil eines Freundes-Kleeblattes, beide Rollen sind Mantel – und Degenrollen. Mercutio hier ist ein junger Heißsporn, Athos in Die Musketiere ist der Älteste des Triumvirats, der bereits gesetzte Freund, auf dessen Erfahrung Verlaß ist.

Bildquelle und Bildrechte Beta Film.

2006, in Auf ewig und einen Tag, sehen wir die aktuellste Freundesrolle eines Kleeblattes: Jan Ottmann (hf), Gregor Luckner (Fritz Karl) und Elsa Veltlin (Claudia Michelsen) bilden ein Freundeskleeblatt, deren Schicksal wir über zwanzig Jahre hin verfolgen. In einer Szene sagt Elsa direkt: …bist ein guter Freund.

Ente gut alles gut.






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