"..weil ich auf Dich aufpassen will." in: Das Konto Teil 8. Heino Ferch als Dr. Michael Mühlhausen. Regie: Markus Imboden. Buch: Martin Pristl, M. Imb
von: ignazwrobel
"...weil ich auf Dich aufpassen will."
Hamburg. Direkt vor Charlottes Beerdigung. Mühlhausen ist immer noch auf der Flucht. Das heißt, er kann an der Beerdigung seiner Frau nicht teilnehmen, er würde direkt am Grab verhaftet werden.
Er wird, so hören wir ihn im Gespräch mit seiner Schwägerin, in den nächsten Wochen versuchen, Beweise für seine Unschuld zu finden. So lange bleibt Hannah bei Nicole und Gerard.
Vor der Szene
Ein Seerosenteich-Bild von Claude Monet füllt den Bildschirm. Hellgrüne Blätter schwimmen auf der dunklen Wasserfläche, violette Blütenreflexe eines großen Busches spiegeln sich im Wasser.Wellenkreise ziehen langsam über die Teichoberfläche. Die Luft ist satt und feucht, es regnet wohl bald, Amseln zwitschern.
Die menschliche Staffage im Bild: Mühlhausen und seine Tochter am Ufer.
Schnitt. Nahaufnahme.
Das Mädchen weint leise, sein Gesicht ist tränennass. Mühlhausen gibt seinem Kind zwei weiße Rosen.
Eine von mir, eine von Dir. Machst Du das?
Hannah wird die Blumen für sich und ihren Vater als letzten Gruss an Charlotte auf den Sarg legen.
Als das Kind schon im Auto sitzt, übergibt Nicole Mühlhausen den Briefumschlag von Charlotte, der das Mühlhausen entlastende Material von Dirk Osterwald enthält. Mühlhausen geht damit sofort zum Staatsanwalt. Er muss in Untersuchungshaft. Seiner Bitte
Eine Stunde!
wird stattgegeben. Er darf an der Beerdigung seiner Frau teilnehmen.
Die Szene.
Die Beerdigungsfeier ist bereits fast vorüber, als Mühlhausen am Friedhof ankommt.
Nicole und Hannah werfen gerade eine Handvoll Erde auf den herabgelassenen Sarg, als wir im Hintergrund Motorengeräusch hören. Die beiden blicken sich um.
Ein weißgrüner Polizeiwagen fährt vor, hält. Ein zweiter Polizeiwagen, zivil, fährt noch dichter an die Gräberstraße heran, hält ebenfalls. Der Beifahrer, ein Beamter in Zivil, entsteigt dem Wagen, geht um ihn herum und öffnet die rückwärtige Tür.
Mühlhausen steigt aus.
Er konnte die Tür nicht selbst öffnen. Seine Hände sind mit Handschellen auf dem Rücken gefesselt.
Der Beamte nimmt ihn sofort am Arm und führt ihn näher an die Beerdigungsstätte heran. Da die Feier zu Ende ist, kommen Mühlhausen alle Gäste der Feier entgegen. Lilly ist unter ihnen. Sie bleibt vor ihm stehen, fasst ihn an der Schulter. Die Hand zur Kondolenz kann sie ihm nicht reichen
Mühlhausen nimmt ihre Beileidsworte entgegen, wird weiter geführt.
Die Kamerafahrt aus der Distanz neben Mühlhausen und den Beamten zeigt uns nacheinander alle Besucher der Feier. Sie kommen ihm entgegen, alle nacheinander starren ihn an.
Jetzt biegen Mühlhausen und die beiden Beamten ab, kommen auf uns zu.
Direkt vor dem Grab öffnet man eine Handschelle, Mühlhausen tritt vor seine Tochter. Die beiden sind allein am Grab. Hannah hat immer noch die beiden Rosen in der Hand.
Er nimmt die eine und dreht sich dem Sarg zu. Es dauert eine Weile, bis er sie wirft. Er verabschiedet sich von dem Menschen, der dort unten liegt.
Die zweite Rose fällt herab, zwei Rosen liegen jetzt auf dem Sarg.
Wir stehen hinter Mühlhausen und seiner Tochter. Michael legt seinen Arm um die Schultern seiner Tochter. Wir sehen die offene Handschelle an seinem Handgelenk.
Hannah traurig
Mußt Du jetzt ins Gefängnis?
Mühlhausen, sachlich, sanft, nicht unzuversichtlich:
Du, es gibt eine ganze Menge zu klären und das wird ein paar Wochen dauern.
Hannah: Wochen - oder Jahre?
Mühlhausen: Na, die werden mich bald freilassen.
Hannah: Wieso bist Du Dir da so sicher?
Michael denkt ein wenig, dann zieht seine Tochter an sich. Er flüstert ihr seine väterliche Beruhigung zu:
Weil ich auf Dich aufpassen will.
Er küsst sein Kind auf die Stirn, hält sie ein wenig fest. Beide stehen einen Moment ruhig da. (Foto) Seine Zuversicht überträgt sich zögernd auf Hannah, sie lehnt sich gegen ihren Vater, traurig zwar, aber...
Man wird sehen.
2002 - 2004 Heino Ferch - Dr. Michael Mühlhausen, Nadine Fano - Hannah, Peggy Lukac - Lilly
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Kommentar: Die eigenartig überzogene Sicherheitsmaßnahme, Mühlhausen die Hände auf den Rücken zu fesseln –er hat sich ja selbst gestellt, es besteht keine Fluchtgefahr – scheint darauf zu deuten, dass uns hier ein Symbol gezeigt wird.
Die Handschellen berauben ihn jeglicher Handlungsmöglichkeit, machen ihn zum „Ganz anderen“, richten eine Wand zwischen ihm und den anderen Menschen auf. Das Angestarrt-Werden setzt diese Tatsache in ein Bild um.
Die Fesselung ist der allerletzte Schritt auf Mühlhausens Weg aus der Normalität in die Extremsituation, in das Ausgesondertsein aus der Matrix eines normalen Lebens, eines normalen Alltags, macht es körperlich fühlbar.
Es ist kein Traum, kein Alptraum, es ist leider die Realität, es gibt kein Erwachen, er ist wach, er ist seiner Autonomie beraubt. Andere, der Staat, die Staatsanwaltschaft werden über ihn entscheiden.
Nur für den Abschied von seiner Frau und für die Umarmung mit seiner Tochter gibt ihm das System, der Beamte, kurz seine Selbstregie zurück. Der Beamte öffnet eine Handschelle.
Dieser Moment der Selbstregie ist der Moment, da wir Zeugen seiner Selbstverpflichtung werden. Er wird und will sein Kind schützen. „Weil ich auf Dich aufpassen will...“ sagt er und nimmt seine Tochter in den Arm.
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