Freitag, September 02, 2005

"..Dein Bettzeug!" in: Deutschlandlied. Porträt Hanno (Heino Ferch ) Teil 5. Buch: Peter Märthesheimer, Regie: Tom Toelle 1994-96.

Text: ignazwrobel

Dein Bettzeug!

Die Geschichte mit Hanno Lisa und Robbie ist jetzt nicht einfach so zu Ende, Realitäten haben Spuren gelegt, die sich weiter ziehen:

Szene Nacht. Hannos Baracke.

Die Wachhunde schlagen an. Hanno kommt aus der Tür.

Ist da jemand?

Am Tor steht Lisa mit Robbie auf dem Kindersitz des Fahrrades. Wir warten mit Lisa, bis Hanno am Tor ist.

Lisa!

Er klingt überrascht, sanft, erfreut.

Lisa Er schläft nicht. Er fragt die ganze Zeit nach Dir.

Hanno: So? - atemlos froh.

Hanno sperrt auf, die beiden kommen aufs Gelände, bleiben stehen, bis er wieder abgeschlossen hat.

Er nimmt Robbie sofort vom Sitz und trägt ihn in die Baracke. Als er den Knaben an sich nimmt, sehen die beiden aus, wie wie zwei Teilstücke eines größeren Gegenstandes, die getrennt waren und soeben wieder an ihren richtigen Platz kommen.

Lisa folgt den beiden mit einem Paket Decken im Arm.

Lisa Er wird mir noch krank.

In der Baracke.

Wir stehen nahe bei Hanno. Er trägt das Kind auf dem Arm. Er wendet sich von uns weg zu Lisa, die in der Tür stehen geblieben ist.

Direkt bei uns Hannos Kopf, sein Hals, seine Schultern. Um seinen Nacken die zwei kleinen Kinderhändchen, die sich an ihm festhalten.

Hanno Ja, was machen wir denn da?

Lisa Kann er hier bleiben?

Möchtest Du das? fragt Hanno Robbie. Robbie nickt. Hanno legt das Kind aufs Bett.

Lisa Letzte Nacht hat er kein Auge zugetan.

Hanno Und was sagt Theo dazu?

Theo merkt es nicht. Er schläft in der Werkstatt. Theo ist erschreckend verändert aus Rußland heimgekehrt. Lisa findet zu ihrem Mann keinen Weg. Theo ist völlig in sich eingekapselt. Er redet nichts mehr außer Danke Bitte Guten Morgen. Näht nur im Akkord aus alten Fallschirmen die Hülle für einen Heißluftballon.

In Lisas Augen stehen Tränen. Die Situation ist belastend und zutiefst verunsichernd.
Hannos Logik ist einfach:

Da hätte ich ja gar nicht auszuziehen brauchen.

Lisa sagt nichts dazu, sie geht statt dessen zu ihm und übergibt ihm das Paket Decken:

Dein Bettzeug.

Hanno greift danach, seine Hand kommt dabei auf Lisas Hand zu liegen. Sie zieht schnell und heftig ihre Hand weg.

Das war ihre Antwort. Hanno bringt Lisa hinaus. Sie geht.

Beider Wege trennen sich.



Das ist das Ende der Geschichte, soweit wir Hanno und Lisa begleiten durften. Robbie wird zwar wieder zu Lisa gebracht werden. In der letzten Szene sehen wir das Kind, als alle auf der Wiese stehen und Theo beim Jungfernflug seines Ballons zusehen, wie es Hanno erblickt, vom Arm der Mutter herunter und auf Hanno zulaufen will.


1994-95 Hanno Schmidbauer - Heino Ferch, Lisa Schmidbauer - Katja Riemann

Wie sieht das Leben für Robbie jetzt aus? Der Vater nimmt keine Beziehung zu ihm auf, ignoriert das Kind und der Mann, der Robbie wie ein Vater liebt, wird woanders leben müssen. Das Kind, das Hanno sich von Lisa so sehr gewünscht hat, ist nicht geboren worden.
Wenn Hanno großes Glück hat, wird er an dem Erlebten nicht zerbrechen. ...oder wenn er einen starken Willen hat.


Kommentar:

Ferchs Figuren im Zusammenspiel mit Kindern

Egal in welcher Figur, welcher Rolle, - es ist immer ein besonderes Vergnügen, den Umgang des Schauspielers mit Kindern zu sehen.
Wenn eine von Ferchs Figuren ein Kind anblickt oder anfasst, schwingt immer etwas Positives mit, das schwer erklärbar ist, eine Zartheit dem Kind gegenüber, vielleicht der Kinderseele gegenüber, die einen bereits beim Zusehen schon butterweich werden läßt.
Es ist kein lassaire faire, in manchen Rollen, wie z. B. in "Mord am Meer" schimpfen oder tadeln Ferchs Figuren auch, aber immer schwingt dabei etwas mit, das ein gutes Gefühl von Sicherheit, Stimmigkeit, rahmengebender Unterstützung hinterläßt, ein Wohlwollen, das sich jenseits des Pragmatischen -wie es scheint- auf anderer Ebene an die Seele des Kindes richtet und ein Gefühl erzeugt, dass Kinder bei ihm sehr gut aufgehoben sind. Das beginnt bei frühen Figuren wie Hanno, man sieht es bei Rauffeisen, Klausmann, Bretz, Breuer, Leonard, Lechner bis hin zu aktuellen Figuren wie Glauberg und - ich antizipiere es unbesehen - General Philip Turner. (Es gibt Ausnahmen, z.B. die Figur Klaus in einem frühen Projekt des Schauspielers "Wedding" packt sein Kind hart und empathielos.)