Freitag, September 02, 2005

"...das ist Marie.." in: Comedian Harmonists. Heino Ferch - Roman Cycowski. Regie Josef Vilsmeier, Drehbuch: Klaus Richter, perathon 1997

Text: ignazwrobel

Vor der Szene: Deutschland, dreissiger Jahre, noch vor 1939.

Roman hatte Mary einen Heiratsantrag gemacht, Mary hat nach kurzer Bedenkzeit - sie hatte in diesen gefährlichen Zeiten zu konvertieren - eingewilligt.

Film-Standfotos von Petro Domenigg

Szene: Der Tag der Hochzeit.

Ein alter jüdischer Friedhof, der direkt an eine Synagoge grenzt.

Der Ort des Gedenkens ist umstanden von hohen grünen Bäumen und beschattet vom schützenden Laub der Baumkronen. Kamerafahrt hinweg über die vielen historischen Grabsteine. Schöne, sanft gleitende Klarinetten-Klezmer-Klänge. Ein chassidischer Friedhofsbesucher steht vor einem Grab.

Jetzt kommt Roman Cycowski ins Bild. Er trägt Sonntagsstaat, schwarzen Nadelstreifen-Zweireiher, weisse Krawatte, Kippa.

Gerade legt er ein Steinchen auf den Grabstein seiner Familie. Die Kamera fährt weiter, wir sehen zuerst den Rabbi und dann Mary.

Auch sie im Sonntagsstaat, dunkelblaues hochelegantes Kleid, Hut, Handschuhe.

Roman verschränkt die Hände vor dem Körper und beginnt, zum Grab gewendet, eine symbolische Ansprache an seine Mutter.

Roman sagt:

Mutter, das ist Marie aus Deutschland, die ich heute heiraten werde.

Ich werde sie immer ehren und achten.

Das verspreche ich.

Schnitt. Wir sehen die drei nun aus der Nähe. Roman blickt sich zu Mary um und fordert sie mit diesem Blick auf, näher zu treten.

Mary geht zum Grab. Wir sehen im Close up, dass auch sie ein Steinchen auf den Grabstein legt.

Mary sagt:

Mutter, wir möchten Sie herzlich zu unserer Hochzeit einladen.

Sie blickt zu Roman. Der führt Mary weiter, er sagt:

Jetzt müssen wir uns was wünschen.

Beide schließen die Augen, denken ihren Wunsch, öffnen sie nach einem Augenblick wieder und sehen sich an.

Wir stehen im close up einen halben Schritt entfernt vor Roman Cycowski und erleben aus nächster Nähe, wie er die Augen öffnet, sein Blick das Bild seiner Frau, die er gleich heiraten wird, aufnimmt und umschließt.

Die Lider heben sich langsam. Die sich öffnenden Augen geben uns den Blick auf eine Innenwelt von schönen, freundlichen und magisch anziehenden Gefühlen frei, die ausschließlich in Romans Blick, in den Glanzlichtern seiner Pupillen transportiert werden.

Es wirkt, als hätte sich eine Woge von innen nach aussen an den geschlossenen Lidern aufgestaut, die sich jetzt nach aussen verströmt durch die Fenster einer Seele, eines Herzens.
Wir stehen in diesem Strom, erleben ein Potpourri farbig schimmernder Blüten von Gefühlen und Gedanken des Zugetan-Seins.

Dieser Blick in dem freundlichen Gesicht sagt gleichzeitig: Ich stehe zu Dir, ich bin glücklich, Dich bei mir zu haben, ich bin loyal, Du bist mein Augenstern, ich wünsche Dir das Beste, ich freue mich ganz tief innen und noch einmal: ich bin zutiefst loyal. Verlaß Dich auf mich, keine Angst mehr, Du bist zu Hause angekommen.

Der Rabbi tippt Mary auf die Schulter. Das Paar dreht sich zu ihm um, wir sehen beide im Profil.
Der Rabbi:

Mädchen, komm, ich zeig´Dir, was wichtig ist. Mary und Roman lächeln sich an, während sie dem Rabbi folgen.

Die drei gehen zu einer anderen Grab-Gedenkstätte.

Der Rabbi:

Hier am Grab von Rabbi Levi wünsch´ich Euch viel Massel.

Der Rabbi legt einen Stein auf und geht dann dem Paar voran in Richtung Synagoge, wo in den nächsten Minuten die Trauungszeremonie stattfinden wird.