Sonntag, Mai 04, 2008

Filmszenen I ...´s läßt sich nich´mehr aufhalten...in: Das Wunder von Berlin,Teil 6. Heino Ferch - Jürgen Kaiser. Regie: Roland Suso Richter 2007-08

Teaser Film Das Wunder von Berlin. Heino Ferch - Jürgen Kaiser 2007-08

Bildquelle und alle Bildrechte bei teamworx für ZDF

.....´s lässt sich nich´ mehr aufhalten…... in: Das Wunder von Berlin, Teil 6. Heino Ferch - Jürgen Kaiser. Regie: Roland Suso Richter 2007-08

Vor der Szene.

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Impressionen:

Nachrichten im Fernsehen. Wir sehen viele Menschen schnell in Richtung West laufen. Der Sprecher im Voice Over:

Die Welle von DDR-Flüchtlingen die von Ungarn aus über Österreich in die Bundesrepublik Deutschland kommen, ist offenbar größer, als zunächst angenommen.

Wir hören Anjas Stimme, die Marco in sein Ausbildungslager bei der NVA einen Brief schreibt:

Lieber Marco! In letzter Zeit versuchen immer mehr, abzuhauen. Ich hab´echt Angst, dass Du an die Grenze musst und vielleicht auf die schießen….

Ein Friedensgebet in der Kirche. Die Kirche ist brechend voll. Wir sehen die Lebensgefährtin des Professors am Mikrofon, Juliana spricht, sie liest ein Schriftstück vor:

Die nächsten Wahlen sollen unter UN-Kontrolle stattfinden. Um unser Land politisch zu verändern, bedarf es der Beteiligung und der Kritik aller. Wir rufen alle Bürgerinnen und Bürger der DDR auf, an der Demokratischen Erneuerung mitzuwirken.

Tosender Applaus.

Juliana (Anna Loos), die Lebensgefährtin des Professors, regt Hanna an, auf der Kopiermaschine des Buchladens den Leipziger Aufruf zu kopieren. Papier besorgt der Professor. Hanna willigt ein.

Die Szene.

Wir treten hinzu, als Hanna, Juliana und Anja im Hinterzimmer des Buchladens an der Kopiermaschine arbeiten.

Nahaufnahme Kopiergerät.

Hanna:

Wieviel hamwerdenn jetzt schon?

Juliana:

Hundertzehn

Anja:

Dafür könn´se uns alle verhaften, oder?

Hanna:

Das hamse mich auch schon gefragt. M-m.

Hanna erinnert sich:

Gemäß Artikel..

Sie geht zu einem Bücherregal, holt ein Buch, schlägt es auf, liest vor:

Warte mal, ich glaub neunundzwanzig, hier ist Artikel neunundzwanzig, Die Verfassung der DDR. Über Gründung und Tätigkeit von Vereinigungen… …ist es zulässig.
Die könn´ ja wohl schlecht ihren eigenen Gesetzen widersprechen…

Anja :

.. und wer soll desalles unterschreiben?

Juliana:

Na überall wird unterschrieben im ganzen Land.

Ja, aber nich hier.

hören wir. Am Durchgang zum Laden steht Jürgen. Sein Gesicht ist unsichtbar, im Schatten. Er tritt heran, wird sichtbar.

Stille.

Alle sehen ihn verängstigt an.

Jürgen nimmt ein Blatt von einem der kopierten Stapel.

Blick auf die Anderen, atemlose Anspannung im Raum. Die Frauen wissen, dass die Staatssicherheit den Raum betreten hat.

Halbnah Jürgen. Er setzt seine Lesebrille auf. Die Brillenbügel klicken leise. Er liest das Blatt vor

..es kommt in der jetzigen gesellschaftlichen Entwicklung darauf an, dass eine größere Anzahl von Menschen am gesellschaftlichen Reformprozess mitwirkt….

Jürgen sieht seiner Frau ins Gesicht. Nimmt die Lesebrille ab.

Juliana wirft das Buch hin, das sie in Händen hält. Zu Jürgen:

Wir müssen reden. Sie geht auf ihn zu.

Jürgen zu Juliana, leise drohend:

Sie sollten verschwinden, so lange Sie noch Zeit dazu haben.

Die leise Drohung schreckt Juliana. Sie dreht ruckartig den Kopf in Kaisers Richtung.

Juliana zu Jürgen: ..s lässt sich nich mehr aufhalten…

Jürgen, leise:

Das werden wir sehn.

Juliana blickt zu Hanna. Die nickt ihr zu. Sie möchte doch bitte gehen, wie Jürgen gesagt hat.

Juliana packt die kopierten Blätter zusammen, drückt sie sich an die Brust und drängt an Jürgen vorbei. Anja geht Juliana hinterher.

Jürgen und Hanna allein.

Das Ehepaar sieht sich in die Augen. Hannas Blick zeigt, dass sie zu kämpfen bereit ist.

Jürgen, dicht vor uns, geht in dem engen Raum langsam ein paar Schritte an Hanna vorbei, direkt auf uns zu. Wir fühlen, wie von Jürgen eine Aura ausgeht, die einem schnellen Druckanstieg in einem geschlossenen System gleicht. Wir ahnen, dass dieses System in wenigen Sekunden explodieren wird.

Jürgen dreht sich um, setzt sich. Sein Gesichtausdruck wirkt eingefroren, steinern.

Er verschränkt die Arme.

Hanna, nicht laut, beim Sprechen scheint ihr Mund wie durch große Kälte gelähmt:

..Du machst Dir nichma mehr die Mühe, ihren Geruch abzuwaschen..

Jürgen, elektrisiert wütend:

Wassollndasjez?

Er flüstert.

Lenk doch nich´ab.

Hanna

Wie lange geht das eigentlich schon? Nachdem ich Marco von der KJS genommen hab´ - oder schon vorher?

Wir treten näher an Hanna heran, sie wird wütend. Wir hören, wie sie beim Sprechen Kiefer und Zähne verbeißt:

.. und wie lange, glaubst Du, seh´ ich mir das Ganze noch mit an?

Jürgen fährt hoch, wir blicken ihn über Hannas Schulter an.

Jürgen hebt die Hand, sein ausgestreckter Zeigefinger sticht auf Hanna zu:

Du riskierst alles, ja?, was wir uns aufgebaut haben.

Schnitt. Die beiden im Profil. Explosion. Jürgen schreit. Seine kleinen abgehackten Bewegungen zeigen, dass sein Adrenlinspiegel exzessiv hoch ist. Sein Atem schnappt.

Was glaubst Du was die Genossen mit mir machen, wenn rauskommt, dass meine Frau, ja?, das Neue Forum unterstützt.

Hanna steht stumm da.

Jürgen atmet durch. Blickt weg. Dann, plötzlich: er schreit, er schreit heraus, was er immer noch dachte, wollte, hoffte:

Wir wollten eine gemeinsame Zukunft aufbauen.

Hanna immer noch unbewegt. Jürgen hebt die Arme gegen Hanna. Die Geste fragt und umrahmt Hanna.

Warum lässt Du mich jez im Stich?

Hanna spuckt ihm ihre Worte hin:

Du lässt uns im Stich, - merkste das denn nich?

Getroffen. Jürgen atmet überrascht ein. Er dreht sich weg, als verstehe er nicht und als suche er gleichzeitig etwas.

Hanna

Du lebst vollkommen an der Realität vorbei.

Er fällt ihr ins Wort:

Ich habe meine Befehle.

Hanna

Die hatte Dein Vater auch.

Wir sehen gerade noch, wie Jürgens Augen weiß aufblitzen,

dann schlägt er Hanna schon mit voller Wucht ins Gesicht. Er hat sogar ausgeholt, um dem Schlag vernichtende Wucht zu geben.

Hanna strauchelt und stürzt nieder.

Sie liegt ausgestreckt seitlich am Boden vor dem Bücherregal.

Sie setzt sich langsam auf, blickt ihn an.

Er ist vorgebeugt, streckt den Zeigefinger aus, deutet auf Hanna. Jedes seiner Worte begleitet ein hackender Schlag in die Luft:

Du .. s t e l l s t.. n i c h t ..W a l t e r ..u n d.. m i c h auf eine Stufe, ist das klar, NIEMALS STELLST DU WALTER UND MICH AUF EINE STUFE!

Hanna bleibt unten. Sie hat Angst vor ihrem Mann. Wir sehen, wie sie wie erschöpft atmet, schluckt.

Schnitt.

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2007-08 Heino Ferch (im Alter von 44) – Oberstleutnant der Stasi Jürgen Kaiser, Veronika Ferres – Hanna Kaiser, Jürgens Gattin, Karoline Herfurth – Anja, Marco´s Freundin, Hermann Beyer – Der Professor, Anna Loos – Juliana, die Lebenspartnerin des Professors.

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Kommentar 1: s.a. Film Deutschlandlied, 1996. Gleiche Situation am Übergang von einem alten zu einem neuen Staatssystem: Deutschlandlied: das Faschistische Nazideutschland - die neue Demokratische Staatsform. In beiden Fällen ist der Vater ein Ewiggestriger: Deutschlandlied: Hermann Sternke (Matthias Gnädinger) der Vater ist auch in der jungen Demokratie immer noch Nazi, Jürgen Kaiser ist auch in der heraufziehenden jungen Demokratie immer noch Kommunist, in beiden Fällen haben die Ehefrauen den Schritt in die neue Staatsform mit vollzogen. In Deutschlandlied Gertrud Sternke (Suzanne von Borsody) in Wunder von Berlin Hanna (Veronika Ferres ). In beiden Fällen eine laute Auseinandersetzung, in beiden Fällen schreit der Vater, er wollte etwas aufbauen für die Familie und hat der alte Staat nicht immer gut für uns gesorgt?...

Kommentar 2

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