"...Keller, sind Sie da?" In: Le Lion. Heino Ferch als Julien Keller. Teil 2. Regie: José Pinheiro. Buch: Joseph Kessel. 2002-03
von: ignazwrobel
Bildquelle und alle Bildrechte bei Image & Cie. für France 2 Cinéma.
Vor der Szene.
Eigentlich wollte Julien Keller nur kurz einen Brief einer gemeinsamen Bekannten aus Frankreich bei Sybil Bullit abgeben und gleich am nächsten Tag weiterreisen.
Die Gastfreundschaft der Familie hält Julien Keller jedoch im Park fest.
Herr und Frau Bullit: Audio.mp3 Audio.wma
Er nimmt eine Einladung zum Dinner an.
Dämmerung: Audio.mp3 Audio.wma
Vorher, jetzt gleich, erlebt er zusammen mit John Bullit den Arbeitstag eines Nationalparkdirektors, der nicht nur mit den Tieren, sondern im Besonderen mit den dort lebenden Menschengruppen genug zu tun hat.
Im offenen Jeep durchqueren Bullit und Keller die Savanne.
Waffenschmuggler werden festgenommen.
Die nomadisierenden Massai kündigen ihre Ankunft an und bauen im Park eine Manyatta, einen Kral aus Ästen und Kuhdung.
Die Manyatta: Audio.mp3 Audio.wma
Ein weiterer Tag vergeht. Keller wird immer mehr von der Atmosphäre und den Erlebnissen eingesogen.
Streitigkeiten zwischen Massai und sesshaften Einwohnern müssen geschlichtet werden. Die Massai feiern ein Fest, die Bullits sind Ehrengäste. Ein junger Massai begehrt Patricia ganz offiziell zur Frau, Bullit muss mit viel diplomatischem Geschick diesen Wunsch abwehren.
Keller ist von der selbstverständlichen Naturverbundenheit des Mädchens zunehmend fasziniert. Er durchstreift mit ihr und Bogo, seinem Fahrer, zusammen, in seinem Mietwagen die Savanne.
Diese Tiere gehören niemandem.... Audio.mp3 Audio.wma
Über alle Massen jedoch zieht ihn Patricias märchenhaft enger Kontakt zu einem gewaltigen Löwenmännchen, „King“, in Bann.
Begegnung: Audio.mp3 Audio.wma
Das Mädchen ist mit dem Löwen vertraut wie mit einem Spielkameraden, King lässt sich von ihr streicheln, knuffen und reiten.
Sie „beherrscht“ die „Löwen-(Körper)sprache“ so perfekt, dass sie Julien und das gewaltige Raubtier sogar miteinander in Kontakt bringen kann, ohne dass der Gigant angreift.
Sybil, Patricias Mutter, ist in großer Sorge um ihre Tochter. Sie fürchtet den Tag, an dem King den Welpenschutz für Patricia nicht mehr erinnert und Patricias Freundschaft mit dem Löwen blutig enden könnte.
Sybil, anders als Ihr Mann John, der in Afrika geboren ist, ist Europäerin und möchte Patricia am liebsten in einem Internat in Nairobi oder am besten gleich in Europa aufgehoben sehen. Sie fühlt sich von Afrika bedroht, von den Eingeborenen, der gefährlichen Fauna, dem herannahenden Mau-Mau Aufstand.
Die Einladung: Audio.mp3 Audio.wma
John hingegen glaubt, dass Patricia in der Natur-Umgebung des Parks, in die sie von Geburt an hineingewachsen ist, weit weniger in Gefahr ist, als in einer Großstadt.
Weitere Tage vergehen. Keller wohnt zwar immer noch in seinem Hemmingway-Ressort, lebt gleichzeitig immer mehr mit den Bullits und wird – eigentlich unfreiwillig – Zeuge und Vertrauter der Wünsche, Sorgen und Selbstreflexionen jedes der drei Familienmitglieder.
Ein Malariaanfall wirft ihn nieder, die Bullits versorgen ihn, bis es ihm wieder gut geht.
Julien als Person wirkt wie ein Mann von sehr angenehmem Umgang. Unkompliziert anpassungsbereit, verfolgt er alles, was er erlebt, mit wachem Interesse, wie es sein Beruf als (Reise-) Journalist ja auch verlangt.
Er scheint aufgeräumt, wir spüren keine „Geschichte“, keine Spur irgendeiner Sorge oder Nachwirkung aufwühlender Erlebnisse.
Nein, sein angenehmes Wesen beruht zum großen Teil auf seiner unparteiischen Offenheit, die seinem Gegenüber Echo und Spiegel ist, ohne zu provozieren. Jeder der drei Bullits ist gern in seiner Gesellschaft.
Wir übrigens auch.
Die Szene
Bullit ist per Jeep zu Kellers Camp gekommen. Er stoppt vor Kellers Hütte, möchte ihn einladen, mitzukommen.
In der Hütte. Kellers kleines Literatenparadies.
Keller, sind Sie da?
Keine Antwort. Bullit geht ins Nebengelass, auch dort niemand.
Als er in den Hauptraum zurückkehrt, wird sein Blick von einer Reihe Fotos angezogen, die an einer Schnur der Wand entlang zum Trockenen aufgehängt sind.
Der Wind hat sie umgeschlagen. Bullit dreht die Fotos neugierig mit dem Avers zu sich. Keller hatte während der gemeinsamen Touren fotografiert. Hier hängen die Ergebnisse.
Bullits Blick streift über den Schreibtisch, eine Mischung aus Neugierde und vielleicht auch aus Hoffnung auf einen Hinweis, wohin Keller gegangen sein könnte, lässt ihn einen Blick auf den Bogen werfen, der in die Schreibmaschine eingespannt ist.
Die fast leere Whiskeyflasche wird als nächstes einer Inspektion unterzogen.
Wir spüren immer mehr, dass Bullit etwas über Juliens Person, seine Geschichte, seine Interessen, erfahren will.
Jetzt sind die Bücher an der Reihe, die Kellers Schreibtisch bedecken.
Bullit öffnet das erste Buch an einer Stelle, an der eine große Fotografie als Lesezeichen dient. Vielleicht glaubt er, ein Foto von Kellers Frau zu finden.
Zu unserer Überraschung zeigt die Fotografie nicht das strahlende Lächeln einer glutäugigen Schönen, sondern –
ein Kind.
Ein kleiner blonder Junge, vielleicht drei Jahre alt, sitzt auf einem europäisch anmutenden Sofa.
Darunter eine zweite Fotografie. Bullit betrachtet auch diese.
Derselbe Junge, vielleicht ein Jahr älter, auf einem großen Korbsessel lacht vergnügt unter einem breitkrempigen Strohhut hervor in die Kamera.
Bullit dreht die Fotos um. Nein. Keine Bezeichnung, keine Jahresangaben auf der Rückseite.
Die Kinderfotos sind mehr als überraschend, denn Sybil Bullits Frage, ob er, Julien, Kinder habe, hatte Keller ohne zu zögern und ohne besondere Seelenbewegung klar mit "Nein." beantwortet.
Wer also ist dieser Junge, der Keller offensichtlich so nah ist, dass Bilder von ihm ihn sogar auf seinen Reisen begleiten?
2002 - Heino Ferch - Julien Keller, der Mann; Anouchka Delon - Patricia, das Mädchen; Alain Delon - John Bullit, der Vater; Ornella Muti - Sybil Bullit, die Mutter
filmszenen-ignazwrobel: FAQ 2.0
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