Sonntag, Januar 04, 2009

Filmszenen I ….Ein Jegliches hat seine Zeit..... Teil 2B in:…In weiter Ferne, so nah! (Far away, so close!) Regie: Wim Wenders, 1992-93




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….Ein Jegliches hat seine Zeit. .... Teil 2B in:…In weiter Ferne, so nah! (Far away, so close!) Regie: Wim Wenders, 1992-93

Wir schweben über dem Boden und blicken über Straßen und Hochhäuser, direkt vor uns Baubuden, eine hohe Frauenstimme singt. Dann hören wir eine sehr junge Frauensprechstimme:

Ein Jegliches hat seine Zeit.

Und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde.

Unser Blick erfasst ein S-Bahn Schild, den Namen der Station: Potsdamer Platz. Der Platz ist eine Baustelle. Keine Menschen.

Wir umrunden einen Bauwagen, als suchten wir.

Geboren werden hat seine Zeit.

Sterben hat seine Zeit.

Wir stehen zwischen abgelegtem Baumaterial und Lastwagen. Nähern uns einer Werbetafel, die am Boden liegt. Sie versperrt uns den Weg.

Heilen hat seine Zeit.

Wir scheinen schnell nach rechts zu blicken. Ein paar Palisadenhölzer sind auseinandergedrückt, wir gehen hindurch zu einem zweiten Bauwagen.

Lachen hat seine Zeit.

Material liegt herum, so als hätte hier jemand eine provisorische Unterkunft errichtet. Ein großes Gemälde lehnt am Bauwagen. Schrott ist darauf abgebildet. Daneben eine verlassene Sonnenliege.

Wir wenden uns nach links, als suchten wir nach der Quelle der Stimme, gehen zwischen Bauschrott hindurch.

Suchen hat seine Zeit.

Ganz plötzlich werden wir mit einem Bild konfrontiert, das nicht sein kann.

Ein Engel mit zwei großen weißen Federflügeln beugt sich offensichtlich über einen Menschen, der am Boden liegt. Wir sehen nur die Beine in schwarzen Arme-Leute-Jogginghosen. Die Beine sind angewinkelt, verdreht. Wir wissen sofort, diese Beine können nur einem Menschen gehören, dem es sehr schlecht geht.

Wir kommen schnell näher.

Schweigen hat seine Zeit.

Jetzt sehen wir, dass der Engel auf einer kleinen Mauer vor einem Mann mittleren Alters am Boden sitzt.

Reden hat seine Zeit.

Ohne Umstände tritt Cassiel zu den beiden. Wir hatten durch seine Augen geblickt, die Stimme gesucht. Cassiel kniet sich neben den Mann.

Lieben hat seine Zeit.

Schnitt auf den Engel. Es ist eine junge schöne Frau in einem Wintermantel. Ihre großen schneeweißen Federflügel schweben neben ihrem Kopf.

In ihrem Schoß liegt der Kopf des Mannes. Wir hören seine Stimme, sehr erregt, scheint er wirr zu denken. Seine Augen sind geweitet, er fixiert etwas weit oben. Seine Beine zittern. Er hält sich am Arm des Engels fest.

Cassiel denkt, blickt den Engel an:

Wenn doch unsere Tränen ihnen helfen könnten, Raphaela.

Wenn wir ihr dunkel doch nur manchmal besser erhellen könnten.

Raphaela beugt sich über den Liegenden, hält seinen Kopf eng umschlungen.

Lass uns nie aufhören, das Licht zu feiern, Cassiel….nur das Licht zeigt ihnen, wie sie sind.

Raphaela streichelt die Wange des Mannes. Augen und Mund geöffnet, starr, krampft er seine Faust in Raphaelas Ärmel. Es ist offensichtlich, dass der Mann im Sterben liegt.

Wir hören ihn reden

..was ist, wie ich bin – jetzt….

Lieben…

..vor dem Haus stehen…

..hat seine Zeit…

…und sie bilden ein Tor…

Hassen…

..er muss durch das Tor…

….hat seine Zeit…

…wachsen muss es, der Weg ist so leicht.…

Streit..

..hat seine Zeit….

..er mag lang sein….am Ende verzeiht er Dir alle gegangenen Schritte.

Cassiel blickt ernst, besorgt auf die beiden, wendet sich dann schnell ab.

Schnitt.

Wir fliegen über Häuser hinweg, Flachdächer, ein Sportplatz…

Friede..

…hat seine Zeit…

…ein Tor, komm, geh…jetzt musst Du der Einzige sein….

Wir verlassen Raphaela und den Sterbenden.

Schnitt.

1992-93 Otto Sander – Schutzengel Cassiel, Bruno Ganz – ehemaliger Schutzengel Damiel, Nastassja Kinski – Schutzengel Raphaela, Rüdiger Vogler – Der Detektiv Phillip Winter, Heinz Rühmann – Chauffeur Konrad, Willem Dafoe ... Emit Flesti (rückwärts gelesen: time itself) , Solveig Dommartin - die Akrobatin Marion, Mutter von Damiels Tochter, Horst Buchholz – der Ganove Tony Baker

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