Filmszenen I ....Komm´ endlich!....in: Koma-lebendig begraben. Teil 6. Heino Ferch - Franky Esche. Regie: Uwe Janson 1996-07
Bildquelle und Bildrechte bei SAT.1 und ndf Neue Deutsche Filmgesellschaft
...Komm´endlich.... in: Koma-lebendig begraben: Teil 6. Heino Ferch - Franky Esche.
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Vor der Szene
Franky gerät durch die andauernde Unlösbarkeit der Situation in eine Seelenlage, die seine normale Denkfähigkeit extrem einschränkt.
Zwanghaft setzt sich in ihm der Gedanke fest, dass er Lisa unbedingt helfen müsse.
Die Tür ins Leben zurück konnte sein Wille ihr nicht öffnen, also, so denkt er, muss er ihr in die andere Richtung zum Verlassen dieser Zwischenwelt helfen, die jenseitige Tür in den Tod öffnen.
Er will ihr eine Giftspritze geben.
Ben, Lisas und Franky´s Freund, entdeckt Franky und die bereitgelegte Spritze noch rechtzeitig. Weil Ben Lisa einfach nur mag und keine Erwartungen an sie hat, kann er Lisas Zustand anspruchslos akzeptieren. Anders als Franky.
Franky liebt nicht nur, er will geliebt werden. Lisa kann das jetzt nicht mehr. Und Franky´s Psyche sucht einen Ausgang aus dieser Falle. Seine eigene seelische Überanspannung würde Erleichterung finden, wenn Lisa endlich die Schleuse zwischen den Welten verließe und im Tod verschwände.
Dass diese Haltung nur Franky selbst erleichtern würde, sieht Ben. Er schlägt Franky zu Boden und schreit ihn an. Die Folge: Franky´s Starre löst sich, er erwacht.
Die Szene
Es ist Abend. Lisas Krankenzimmer. Die Neonröhren an der Decke sind ausgeschaltet. Die Tür geht auf.
Franky im blauen Karohemd, in der Hand hält er ein Kleidungsstück. Er betritt leise und vorsichtig das Zimmer. Als er näher kommt, sehen wir eine Platzwunde an seinem Mund: Bens Faustschlag.
Er geht schnell zu Lisas Bett, scheint ihr etwas ins Ohr zu flüstern. Er dreht sie auf die Seite.
Schnitt. Nah.
Wir sehen Lisas Rücken. Das Kleidungsstück in Frankys Hand war ein Kleid, ein weisses Sommerkleid bedruckt mit grünen Rosen, Franky hat es ihr angezogen.
Lisa lehnt gegen Frankys Schulter. Jetzt sehen wir, wie seine Hände den Reissverschluss schließen. Er legt ihr einen Sommermantel über die Schultern, nimmt sie auf die Arme und trägt sie zur Tür. Er geht hinaus, die offene Tür schwingt gegen die Wand.
Schnitt.
Im unterirdischen Gang des Krankenhauses. Wir sehen Franky mit Lisa auf den Armen zum Ausgang laufen.
Schnitt. Zu Hause am Bauerhof. Franky´s Jeep hält vor dem Eingang. Franky öffnet die Beifahrertür und trägt Lisa Richtung Haus.
Er wird langsamer, bleibt stehen. Ihn scheint die Kraft zu verlassen - nicht die Kraft der Arme, es ist eher, als sei seine seelische Kraft erschöpft.
Mit Lisa auf den Armen lässt er sich zu Boden nieder. Jetzt liegen beide im Gras, Franky legt seinen Kopf auf Lisa.
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Ein Liebespaar im Sommergras.
Sonst ein Bild verliebter Sorglosigkeit ist unser Blick auf Franky und Lisa jetzt der Blick auf eine Perversion dieses Glücks. Die Frau scheint tot und der Mann am Ende seiner Kräfte.
Schnitt.
Wir sehen Lisa in ihrer Zwischenwelt. Sie steht direkt vor uns in der Kleidung des Unfalltages.
Sie sagt:
Alle haben Angst vor dem Tod. Wenn ich jetzt geboren würde, hätte ich auch Angst.
Schnitt.
Franky hebt den Kopf und blickt Lisa an, als hätte er etwas gehört, als käme ihm ein Gedanke. Schnell wird klar, dass Lisa nicht zu kommen, sondern wegzugehen scheint.
Franky fühlt, dass Lisas Lebensfunktionen nachlassen, Herzschlag, Atem. Er schüttelt sie. Ruft. Keine Verbesserung. Ihr Herzschlag scheint auszusetzen, der Puls an der Halsschlagader scheint nicht mehr fühlbar.
Very Close Up. Lisas Kopf sinkt zur Seite.
Schnitt. Lisa in der Zwischenwelt. Sie ist bei Claire, fröhlich:
Der Tod gehört zum Leben, Claire. …und ich hab immer gedacht, der Tod ist weit weg. Er geht mich nichts an.
Er gehört dazu.
Schnitt auf Franky. Aus der Ferne hören wir Lisas Stimme, als wolle sie Franky etwas mitteilen.
Lisa:
Es ist nicht dunkel. Du bist nicht allein..
Wir entfernen uns von Lisa und Franky, steigen immer höher. Franky streichelt Lisas Hand. Wir hören, wie er leise das Lied der beiden singt, ein Automatismus in Stresssituationen.
Schnitt. Zwischenwelt.
Claire streckt Lisa ihre Hand hin.
Komm!
Sagt sie.
Komm endlich.
Lisa ergreift Claires Hand. Wir sehen ihre Armbänder aufblitzen. Lisas silbern, Claires Gold.
Schnitt.
Wir blicken aus einer Unterwasserposition nach oben zu einer smaragdgrünen Wasseroberfläche, Licht strahlt zu uns herab.
Eine Explosion mit tausend weissen Wasserbläschen. Wie eine Wolke lösen sie sich von zwei Körpern: Franky und Lisa. Er hat sie tatsächlich mit ins Wasser genommen.
Lisa schwebt wie eine Träumerin, ihr Haar umwallt den Kopf in weichen Wellen, ab und an entweicht eine Luftblase aus ihrem Mund. Wir sehen, dass Franky ihr zunickt, ihr – wortlos – zuzurufen scheint. Komm. Komm doch.
Noch eine Sekunde. Eine gläserne Perlenkette aus Luft zieht aus ihrem Mund nach oben, an die Oberfläche.
Ihre Augen öffnen sich. Lisa ist wieder da.
Franky greift ihren Kopf, schüttelt Lisa. No fear. Sie bleibt. Er packt sie und schleudert sie Richtung Wasseroberfläche.
Beide tauchen gemeinsam auf, nehmen einen ersten tiefen Atemzug.
Sonne glänzt über dem glitzernden Grün des Wassers, die Felsen dahinter fest und trocken, Farne blühen.
Totale.
Die Gumpe mit ihrem kristallklaren Wasser: ein Paradies. Darin zwei Menschen. Franky und Lisa.
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1996-97 Heino Ferch (im Alter von 33) – Franky Esche, Antje Schmidt - Lisa, Jürgen Tarrach - Ben
i.M. Miriam Bernadette Flaschberger 13.1.1997 – 8.10.2008.
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Kommentar 1:
Die Metapher des Elements Wasser im Film "Koma-lebendig begraben" als Symbol des Lebens:
Der Film Koma ist einer der am stärksten mit intrinsischen Subtextbotschaften ausgestattete von allen hier besprochenen Filmen bis zu diesem Zeitpunkt (1996).
Hauptmetapher in diesem Film ist das Element Wasser in seiner Symbolbedeutung als Element des Lebens.
- Als Franky und Lisa den Jahrestag ihrer Liebe feiern, tun sie es, wie Adam und Eva im Paradies, in ihrem persönlichen Paradies: in einer glasklaren Gumpe ihres Bergbaches. Wir sehen hunderte kleiner Kerzenflammen auf dem Wasser schwimmen, andere sind zu einer großen Herzform am Berghang gesteckt. Feuer als Symbol der Liebe und das Wasser als Symbol des –gemeinsamen- Lebensflusses.
- Als Lisa und Claire verunglückt sind und ihr Leben bedroht ist, sehen wir das Autowrack und hören wir im Hintergrund ein tröpfelndes Wassergeräusch. Symbolbedeutung: Der Strom des Lebens ist fast versiegt, das Leben ist kein Strom mehr, Wasser als Symbol des Lebens ist zu einem schmalen Rinnsal geworden.
- Das Symbolbild wird weiter geführt, als Lisa auf die Straße hinauftorkelt und bewusstlos neben einer Felsnische zusammenbricht. Dort entspringt eine Quelle, ein schmales Rinnsal nur, mager wie ihre Überlebenschancen.
- Als Franky nicht mehr glaubt, dass Lisa aus dem Koma zurückkommt, als er schon vorgehabt hatte, sie per Giftspritze zu erlösen und es dann doch nicht tat, sehen wir ihn in der Anschlußszene am Bergbach sitzen. Er sitzt auf einem Felsblock am Steilufer des Baches, der rauschend und machtvoll schnell von Felsterrasse zu Felsterrasse weiß und breit an ihm vorbeischäumt.
Hier ist dieser mächtige Wasserstrom zu verstehen als der mächtige Strom des Lebens, in dem sich Franky nicht mehr befindet. Er ist von den Ereignissen aus dem Fluss des Lebens herausgerissen. Er sitzt nur noch als Zuschauer an der Seite des Lebensflusses und sieht die Lebenszeit dahinrauschen, ohne ihn.
- Auch Franky´s Unterbewusstsein scheint das Wasser als Quell des Lebens, als lebensspendenden Ort zu begreifen.
Denn die Rückkehr mit der bewusstlosen Gefährtin an diesen Ort des gemeinsamen Lebens, ihrer gemeinsamen Liebe und in das Element des Lebens hinein, in das Wasser, ist sein letzter Versuch, jenseits aller menschlichen Vernunft, Lisa zu sich zurückzuholen.
Franky begibt sich mit seiner bewusstlosen Gefährtin zurück in das Element des Lebens: er springt mit ihr auf den Armen hinein in die Wassergumpe.
Das Urelement, aus dem alles Leben auf der Erde kam, hält sein Versprechen: Lisa kehrt in die Welt, in Franky´s Welt zurück: sie erwacht.
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Hier sei ein vergleichender Blick hinüber zu Hans-Christian Andersens Märchen „Die kleine Seejungfrau“
erlaubt, ein Märchen von – wie in dieser Publikation am anderen Ort skizziert – in unserem Kontext besonderer Bedeutung.
Bei Andersen ist die kleine Meerjungfrau das Wesen aus dem Meer, die ihren Prinzen nach dem Unglück dadurch rettet, dass sie ihn seinem Element, dem Land, wo er Luft findet und atmen kann, zuführt.
Hier ist die Rollenverteilung umgekehrt.
Hier ist es, jenseits der Filmfigur des Falkners Franky, „der Mann vom Meer“, der die Frau aus den Bergen in sein Lebenselement zurückführt: hier kehrt Lisa in dem Moment ins Leben zurück, da sie sich im Element des Rollenträgers befindet, dem Wasser.
Und in beiden Geschichten haben die Protagonisten Glück: der kleinen Meerjungfrau kehrt ihr Prinz, kaum in seinem Element angekommen, ins Leben zurück und hier kehrt Lisa in dem Moment ins Leben zurück, da sie sich im Element des Rollenträgers befindet.
Thematisch verwandt auch die :
Abbildung Benvenuto Cellini: Die Vereinigung von Land und Meer:
Kommentar 2:
Lisa fragt in "Koma" (1996-97) im Zwischenreich zwischen Leben und Tod ihre Freundin Claire: "Stirbt die Liebe, wenn der Mensch stirbt? Stirbt die Liebe? " Manuel Aranda gibt zehn Jahre später in "Und Jimmy..."(2007) quasi eine Antwort auf diese Frage. Nach dem Moment größter Gemeinsamkeit mit seiner Freundin sagt er:" Die Liebe ist stärker als der Tod."
Kommentar 3: Der psychische Ablauf immer größerer Erstarrung, die sich in der Schlußszene löst, finden wir wieder 2005 in der Figur Hans Kuhlke in "Die Mauer - Berlin ´61".
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