Filmszenen I …Was einem besonders zu schaffen macht, ist die Dummheit….In: Das Wunder von Berlin. Teil 4A.
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…Was einem besonders zu schaffen macht, ist die Dummheit….In: Das Wunder von Berlin. Teil 4. Heino Ferch - Oberstleutnant im MFS Jürgen Kaiser. Regie: Roland Suso Richter 2007-08
Positionen: Marco - Hanna und Anja - Jürgen
Marco:
Marco war bei einer Gefechtsübung seinem Vorgesetzten gegenüber widersetzlich geworden.
Ein Soldat hatte sich beim Tritt in ein tiefes Loch einen offenen Beinbruch zugezogen.
Marco erkannte, anders als sein Zugführer, eine schwere Notlage. Das Abschießen der entsprechenden Signalrakete zwang er handgreiflich herbei. Ergebnis: Arrest.
Die Szene. In der Zelle
Insert auf zwei ineinandergelegte Hände. Die Knöchel der rechten Hand sind dick blau geschwollen.
Wir blicken durch das Sichtfenster der Zellentür nach innen.
Die Tür wird geöffnet.
Ein Soldat hält die Tür auf, salutiert. Ein hagerer Uniformierter tritt ein.
Marco fährt hoch, als er den Offizier erkennt.
Marco, vorschriftsmäßig:
Arrestzelle zwei belegt mit Soldat Marco Kaiser.
Die Tür wird geschlossen. Der Offizier, es ist Major Wolff bleibt ruhig stehen.
Blickt kurz weg, überlegt, sieht wieder Marco in die Augen.
…was einem besonders zu schaffen macht, ist die Dummheit, Genosse Kaiser…
Eine Kopfbewegung bedeutet Marco, dass er sich setzen soll.
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Der Offizier kommt langsam näher, Schritt für Schritt, bleibt direkt vor Marco stehen. Wir sehen Marcos vor Angst weit aufgerissene Augen.
Major Wolff positioniert sich fest vor Marco.
Tätlicher Angriff auf einen Vorgesetzten.
Das geht vor´s Militärgericht.
Weicher, Privatmeinung:
Sie ham dieser Pfeife richtich eine reingedonnert…
..Kiefer gebrochen…
..und bei Ihnen die Knöchel…
Pause.
Sie wollten einem Genossen helfen, das kann Sie auch qualifizieren, mehr zu wollen, Verantwortung zu übernehmen.
Marco senkt den Blick.
Major Wolff:
Etwas Besonderes zu sein. Eine Elite.
Marco wagt es, dem Offizier in die Augen zu sehen.
Pause.
Major Wolff:
Weitermachen.
Marco schießt von seinem Sitz hoch. Nimmt Haltung an. Die beiden Männer, der Alte und der Junge, sehen sich in die Augen. Der Major wendet sich ab und verlässt die Zelle.
Schnitt.
Der Großvater vor dem Fernseher.
Fernsehsprecher:
„Gorbatschow äußerte sich auf einer Sibirienreise in Krasnojarsk: Die Perestrojka ist doch kein Spiegelei, das man serviert bekommt. Jeder müsse mitmachen bei der Veränderung. Der Generalsekretär fordert eine Veränderung von Grund auf. (…) Jetzt ist die Zeit der Taten.“
Schnitt.
Dezember 1988
Hanna und Anja. In der Kirche
Die Szene
Kircheninneres einer spätgotischen Backsteingotik-Kirche
Blick hoch zur Sängerempore.
Ein Chor hat sich neben der großen Orgel postiert, die Sängerinnen und Sänger stehen dicht an dicht. Wir hören zwei Liedzeilen aus Johann Sebastian Bach BWV227 „Jesus meine Freude “
Jesus meine Freude,
Meines Herzens Weide..
Kameraschwenk herunter zu den Kirchenbänken.
Die Bänke sind bis auf den letzten Platz besetzt. Beinahe sofort entdecken wir unter den Anwesenden Hanna Kaiser, neben ihr Anja und auch der Großvater ist dabei.
Hanna lächelt. Ihr Lächeln grüßt einen Bekannten.
Wir folgen Hanna´s Blick auf die linke Seite der Bankreihen hinüber.
Dort dreht sich gerade der Professor (Hermann Beyer) nach Hanna um, er scheint sie im Moment entdeckt zu haben, grüßt, erfreut. Auch der Professor ist nicht allein gekommen. Neben ihm sitzt seine Lebensgefährtin.
Schnitt.
Ende der Veranstaltung. Abends.
Auf der Straße.
Wir sehen durch eine Kameraoptik. Der Kircheneingang und alle Besucher des Konzerts werden beim Verlassen der Kirche gefilmt und fotografiert. Verzitterter Zoom auf Hanna und Anja.
Jetzt wissen wir, dass die Stasi Hanna´s und Anja´s Anwesenheit auf dieser friedlichen Protestveranstaltung – denn nichts anderes ist ein Konzert mit BWV227 – in ihre Stasi-Akten Aufnahme finden wird. – Mit unabwägbaren Folgen für sie und für Jürgen, der selbst Stasi-Funktionär ist.
Text BWV 227, Motette (der Text ist im übertragenen Sinne auf aktuelle politische Verhältnisse in der DDR transferiert zu verstehen)
Jesu, meine Freude,
Meines Herzens Weide,
Jesu, meine Zier,
Ach wie lang, ach lange
Ist dem Herzen bange
Und verlangt nach dir!
Gottes Lamm, mein Bräutigam,
Außer dir soll mir auf Erden
Nichts sonst Liebers werden.
Es ist nun nichts Verdammliches an denen, die in Christo Jesu sind, die nicht nach dem Fleische wandeln, sondern nach dem Geist.
Unter deinem Schirmen
Bin ich vor den Stürmen
Aller Feinde frei.
Laß den Satan wittern,
Laß den Feind erbittern,
Mir steht Jesus bei.
Ob es itzt gleich kracht und blitzt,
Ob gleich Sünd und Hölle schrecken:
Jesus will mich decken.
Denn das Gesetz des Geistes, der da lebendig macht in Christo Jesu, hat mich frei gemacht von dem Gesetz der Sünde und des Todes.
Trotz dem alten Drachen,
Trotz des Todes Rachen,
Trotz der Furcht darzu!
Tobe, Welt, und springe,
Ich steh hier und singe
In gar sichrer Ruh.
Gottes Macht hält mich in acht;
Erd und Abgrund muss verstummen,
Ob sie noch so brummen.
Ihr aber seid nicht fleischlich, sondern geistlich, so anders Gottes Geist in euch wohnet. Wer aber Christi Geist nicht hat, der ist nicht sein.
Weg mit allen Schätzen!
Du bist mein Ergötzen,
Jesu, meine Lust !
Weg ihr eitlen Ehren,
Ich mag euch nicht hören,
Bleibt mir unbewusst!
Elend, Not, Kreuz, Schmach und Tod
Soll mich, ob ich viel muss leiden,
Nicht von Jesu scheiden.
So aber Christus in euch ist, so ist der Leib zwar tot um der Sünde willen; der Geist aber ist das Leben um der Gerechtigkeit willen.
Gute Nacht, o Wesen,
Das die Welt erlesen,
Mir gefällst du nicht.
Gute Nacht, ihr Sünden,
Bleibet weit dahinten,
Kommt nicht mehr ans Licht!
Gute Nacht, du Stolz und Pracht!
Dir sei ganz, du Lasterleben,
Gute Nacht gegeben.
So nun der Geist des, der Jesum von den Toten auferwecket hat, in euch wohnet, so wird auch derselbige, der Christum von den Toten auferwecket hat, eure sterbliche Leiber lebendig machen um des willen, dass sein Geist in euch wohnet.
Weicht, ihr Trauergeister,
Denn mein Freudenmeister,
Jesus, tritt herein.
Denen, die Gott lieben,
Muss auch ihr Betrüben
Lauter Zucker sein.
Duld ich schon hier Spott und Hohn,
Dennoch bleibst du auch im Leide,
Jesu, meine Freude.
Textquelle Zit.n.: www.cs.ualberta.ca
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geht immer noch weiter, wir schreiben noch...
2007-08 Heino Ferch (im Alter von 44) – Oberstleutnant der Stasi Jürgen Kaiser, Kostja Ullmann – Marco Kaiser, Jürgens Sohn, Veronika Ferres – Hanna Kaiser, Jürgens Gattin, Karoline Herfurth – Anja, Marco´s Freundin, Hermann Beyer – Der Professor.
Kommentar 1:
(s.a.: Gefechtsübung mit schwerer Verletzung, Ruf nach dem Sanitäter: s.a. Der Unhold. Gefechtsübung, schwere Verletzung, Ruf nach Sanitäter: ähnliche Struktur. s.a. Variante davon in "Die Luftbrücke" -> Flugzeugbrand)
s.a. Dialog in der Arrestzelle zwischen Machthaber (Major Wolff) und mutigem, aber unterlegenem Gegner /Oppositionellen (Marco): Diskussion über Motivation, Vision "Sie wollen mehr": s.a. Julius Caesar . Julius Caesar sucht Vercingetorix in dessen Arrestzelle auf, Diskussion über die Vision "..schaffst Du es, Deine Vision beizubehalten..".
Wir sind ehrlich gesagt, ratlos, wie es zu diesen strukturellen Ähnlichkeiten kommt. Liegen sie nur im Auge des Betrachters oder fand da irgendeine Diskussion um die Dramatisierungsmöglichkeiten bestimmter Inhalte statt...)
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siehe auch Relaunch von
www.filmszenen.net,
www.filmszenen.podspot.de
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