Montag, April 14, 2008

Filmszenen I ..was einem besonders zu schaffen macht...in: Das Wunder von Berlin, Teil 4B.

Heino Ferch - Jürgen Kaiser. Regie: Roland Suso Richter 2007-08

ZDF Trailer Das Wunder von Berlin

Bildquelle und alle Bildrechte bei www.teamworx.de für ZDF

Das Wunder von Berlin Teil 4B

Aussen. Nacht.

Das Haus der Kaisers. Alles dunkel.

Nach ein paar Sekunden geht im ersten Stock ein Licht an.

Voice over, während der Überblendung in die Küche der Kaisers.

Fernsehsprecher:

Ich freue mich jetzt hier, liebe Zuschauer, wir haben jetzt hier die sechsfache Goldmedaillengewinnerin der letzten Olympischen Spiele…

Wir lugen aus der Küche hinter der halb geöffneten Tür mit Anja zusammen in das Wohnzimmer der Kaisers. Wir sehen das bunte Bild der Farbfernsehers, über die Lehne des Fernsehsessels hinweg. Jürgens Hinterkopf überragt ein wenig die Lehne.

….Kristin Otto

Wir folgen Anja in die Küche zurück. Sie geht zum Kühlschrank,

gießt sich ein Glas Milch ein. Trinkt, wischt sich den Mund mit dem Handrücken ab.

Im Hintergrund erinnert der Sprecher an Kristin Ottos Ergebnis in 4 x 100 m Freistil: … 3:40,63 , das ist schneller als der Weltrekord…

Der Sprecher berichtet weiter:

..noch führt sie -Kristin Otto liegt in Front – kann sie es schaffen, kann sie es halten…kann sie eine großartige Karriere damit krönen...?? das sieht so aus…!!

Wir werfen mit Anja noch einmal einen vorsichtigen Blick ins Wohnzimmer.

Jürgen Kaiser soll Anja nicht hören. Er mag sie nicht.

Kaiser – er trägt einen alten blauschwarz karierten (!) Bademantel – steht mit dem Rücken zum Bildschirm, die Hände in den Taschen des Mantels vergraben und:

---weint!

Der Fernsehsprecher:

…sie hat es geschafft…!!! Sechsfache Goldmedaillengewinnerin..wann hat es das je gegeben….

Der Bildschirm nah.

Auf ihm glänzen sechs Goldmedaillen, hinterfangen von der Flagge der DDR.

Anja starrt Kaiser verständnislos an.

Kaiser dreht sich dem Bildschirm wieder zu.

Aus dem Augenwinkel nimmt er Anja wahr, wirft ihr einen Blick zu, schaltet dann den Fernseher aus. Kristin Otto mit sechs Goldmediallen um den Hals erlischt.

Kaiser laufen noch immer die Tränen übers Gesicht. Er lächelt hilflos.

Anja starrt weiter.

Die Pause dehnt sich ins Peinliche.

Kaiser, - endlich sagt er etwas - :

Da könnte mein Marco stehen.

Er versucht, sich vor dem jungen Mädchen zu fassen.

Noch einmal blickt er zum Fernsehschirm.

Pause. Dann, bitter:

..da zeigt sich ja wohl eindeutig, welches das überlegene System ist…

Er wirft noch einen unsicheren Blick zu Anja.

Ein hartes „Tja.“ fegt alle seine Träume Hoffnungen und Wünsche weg.

Er geht.

Anja beeilt sich, auch von diesem Ort der Peinlichkeit wegzukommen.

- -

2007-08 Heino Ferch (im Alter von 44) – Oberstleutnant der Stasi Jürgen Kaiser, Kostja Ullmann – Marco Kaiser, Jürgens Sohn, Veronika Ferres – Hanna Kaiser, Jürgens Gattin, Karoline Herfurth – Anja, Marco´s Freundin, Hermann Beyer – Der Professor.

Kommentar 1:

(just for the records:

s.a. Der Tunnel. Wir sind dort Zeugen, wie sich der Protagonist Harry Melchior (Heino Ferch) die Nationalmeisterschaft der DDR erschwimmt…Hier und heute beobachtet der Protagonist Jürgen Kaiser (wieder Heino Ferch) erneut einen Schwimmsieg der DDR. Die Auswahl des Schwimmsports, szenarisch besetzt mit demselben Schauspieler in diesen beiden Roland Suso Richter Filmen, ist m.E. ein gewollt reminiszenter Bezug mit einem Augenzwinkern - ähnlich wie der Name Scholz für Fritzi in „Der Tunnel“ für die Bubi Scholz-Story (Regie: Roland Suso Richter) und die Besprechung der Tunnelbauer in einer Kneipe namens Der Boxer mit Bubi Scholz-Fotos an den Wänden gewollt reminiszente Cameo-Bezugnahmen sind.)

Kommentar 2:

Mehrmals über die Jahre tragen Filmfiguren, die HF verkörpert, in einer bestimmten Situation geradezu kanonisch - ein blauschwarz kariertes Hemd. Dieses blauschwarz karierte Kleidungsstück, ist eine Chiffre und ein Topos. Momentan glauben wir, es diese Chiffre ist mit einem emotionalen Status von tiefer, tiefster Verbitterung und Tränen der Enttäuschung der Figur verknüpft. Drei Beispiele:

Hölle im Kopf: Die Abrechnungsszene von Marc Hofmann mit seiner Gattin. Seine Emotionen wenden sich rückwärts in die Vergangenheit, an das, was Verbitterndes passiert ist. Das Hemd ist so beleuchtet, dass es blauschwarz kariert wirkt.
Mord am Meer: Anton Glauberg allein im Hotel, als er die Fotos seines toten Bruders betrachtet. Ihn überwältigt die Trauer und Verbitterung über das Geschehene. Er weint.
Hier in Das Wunder von Berlin: Verbitterung, innerer Blick zurück, Tränen.

HF hat das Requisit des karierten Hemdes einige Zeit in der Frühzeit seiner Filmkarriere als nicht negativ besetztes Erkennungs- und Markenzeichen in Beziehungsstories getragen, z.B. in Küss mich!, z.B. in In Spiel um Dein Leben!

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