Montag, April 13, 2009

Filmszenen I … was ich mit Händen greife, glaub ich... Der zerbrochne Krug. Teil 2 Heinrich von Kleist, 1806.Inszenierung für TV: Heinz Schirk, 1991


Bildquelle und Bildrechte bei Hessischer Rundfunk

Der zerbrochne Krug. Bildquelle und Bildrechte bei Hessischer Rundfunk

Ruprecht (Heino Ferch), Veit Tümpels Sohn und Verlobter von Evchen Rull, der Tochter von Marthe Rull, ist angeklagt. Gestern Abend um elfe zur Fernsterlzeit soll er bei seiner Flucht aus Evchens Kammer den wertvollen Krug zerbrochen haben.


Die Mutter Marthe klagt Ruprecht vor dem Dorfrichter wegen Sachbeschädigung an. Ruprecht beteuert seine Unschuld. Als er in Evchens Kammer kam, sei ein anderer im Dunkeln schnell durchs Fenster geflohen. Dabei habe der andere den Krug von der Fensterbank gestoßen.


Evchen macht keine klare Aussage. Klar sagt sie nur, dass es Ruprecht nicht war. Der Schuldige ist der Dorfrichter Adam selbst.


Adam ist jetzt Verhandlungsführer und versucht alles, seine Schuld vor dem Revisor Walter, der den Dorfrichter Adam heute zu überprüfen hat, zu vertuschen.


Evchen liebt ihren Ruprecht und will ihn heiraten. Ruprecht soll einberufen und nach Indien geschickt werden. Nur ein Gesundheits- bzw. Krankheitszeugnis kann helfen, ihn für untauglich zu erklären und ihn vor einem sinnlosen Soldatentod in Fernost retten. Adam hat das Krankheitszeugnis auszustellen.


Leise in einem kurzen Nebengespräch erpresst er Evchen, Ruprechts Verlobte. Wenn sie ihn, Adam, als Schuldigen nennt, bekommt Ruprecht, ihr Verlobter kein Freistellungszeugnis. So ist Evchen in einem für sie unlösbaren Zielkonflikt.


Ruprecht hält Mutter und Tochter gleichermaßen für Ankläger seiner – unschuldigen – Person. Anfangs beschimpft er Evchen, denn er selbst glaubt, dass Evchen ihre Gunst noch einem anderen geschenkt habe und der Täter ein anderer junger Mann, der Flickschuster Lebrecht sei. Später ist er von den verschiedenen Aussagen, die kein logisches Bild ergeben, verwirrt, auch im Unklaren über Evchens wahre Gefühle ihm gegenüber.

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Ruprecht
Sie jammert mich. Laßt doch den Krug, ich bitt Euch;
Ich will ‘n nach Utrecht tragen. Solch ein Krug -
Ich wollt, ich hätt ihn nur entzwei geschlagen.












Bildquelle und Bildrechte Hessischer Rundfunk 1991


Eve
Unedelmüt’ger, du! Pfui, schäme dich,
Daß du nicht sagst: gut, ich zerschlug den Krug!
Pfui, Ruprecht, pfui, o schäme dich, daß du
Mir nicht in meiner Tat vertrauen kannst.


Gab ich die Hand dir nicht, und sagte: ja,
Als du mich fragtest: »Eve, willst du mich?«
Meinst du, daß du den Flickschuster nicht wert bist?
Und hättest du durchs Schlüsselloch mich mit
Dem Lebrecht aus dem Kruge trinken sehen,
Du hättest denken sollen:

Ev ist brav,
Es wird sich alles ihr zum Ruhme lösen,
Und ists im Leben nicht, so ist es Jenseits,
Und wenn wir auferstehn, ist auch ein Tag.


Ruprecht
Mein Seel, das dauert mir zu lange, Evchen.
Was ich mit Händen greife, glaub ich gern.


Eve
Gesetzt, es wär der Leberecht gewesen,
Warum - des Todes will ich ewig sterben,
Hätt ichs dir Einzigen nicht gleich vertraut;


Jedoch warum vor Nachbarn, Knecht’ und Mägden -
Gesetzt, ich hätte Gründ, es zu verbergen,
Warum, o Ruprecht, sprich, warum nicht sollt ich
Auf dein Vertraun hin sagen, daß du’s warst?
Warum nicht sollt ichs? Warum sollt ichs nicht?


Ruprecht
Ei, so zum Henker, sags, es ist mir recht,
Wenn du die Fiedel dir ersparen kannst.


Walter
Nun -? Und dies einz’ge Wort -? Halt uns nicht auf.
Der Ruprecht also war es nicht?


Eve
Nein, gnäd’ger Herr, weil ers denn selbst so will,
Um seinetwillen nur verschwieg ich es:
Den irdnen Krug zerschlug der Ruprecht nicht,
Wenn ers Euch selber leugnet, könnt Ihrs glauben.


Frau Marthe
Eve! Der Ruprecht nicht?


Eve
Nein, Mutter, nein!
Und wenn ichs gestern sagte, wars gelogen.


Frau Marthe
Hör, dir zerschlag ich alle Knochen!


Sie setzt den Krug nieder.


Eve
Tut, was Ihr wollt.


zit. n.:

http://gutenberg.spiegel.de Das Gutenberg-Projekt. Kleist, Heinrich von: Der zerbrochne Krug, neunter Auftritt.

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Kinotipp: Effi Briest: Anschaun! - das heißt, anschaun, wenn Sie jemand sind, der freiwillig einen leichten Opernabend, Puccini, Verdi, o.ä. mit Genuss erlebt.

Hermine Huntgeburth hat eine ganz neue Interpretation des alten Stoffes vorgelegt. Ja, Kitschszenen, - aber, oh Wunder - alle entkitscht.

Die Inszenierung atmet eine unverbrauchte moderne Frische, die den Effi Briest Schullektürenleser erstaunt zurückläßt. So erstaunt, dass nach Filmende bei uns in Holzkirchen niemand aufstand. Wirklich fast alle wendeten sich spontan einander zu und begannen lebhaft zu diskutieren.

Sebastian Koch - und Hermine Huntgeburth legen eine neue Interpretation des Baron von Imstetten vor, die auch von uns heute im 21. Jh. verstanden und nachvollzogen werden kann. Schön an Kochs Arbeit ist vieles, aber auch, dass er ein Schauspieler ist, der noch die Körpersprache einer Person aus dem 19. Jh. exakt wiedergeben kann.

Die ganze Crew großartig Julia Jentsch als Effi, Rüdiger Vogler (!) als der Apotheker, Thomas Thieme als Vater, Juliane Köhler als Effis Mutter, Misel Maticevic als Baron von Imstetten.

Und sehr überraschend der äußerst moderne Schluß. Wow. Effi geht mit entschlossenem Schritt als zwar verarmte und von der höheren Gesellschaft ausgeschlossene, aber innerlich emanzipierte Frau aus dem Drama hinaus.

Wir finden, im Vergleich Breloer Buddenbrooks, Rola Krupps und Huntgeburth Effi Briest hat der letzte Film um Längen Platz 1 verdient. Wahrscheinlich kann man Hermine Huntgeburth ("Teufelsbraten", "Der Boxer und die Friseuse") bitten, das Telefonbuch Buchstabe HA - HL zu verfilmen und man geht nach 2 Stunden gut unterhalten aus dem Kino hinaus.