Dienstag, März 31, 2009

Filmszenen I … Ich versuche es zumindest… Teil 3A. in: Entführt! Heino Ferch – Thomas Danner, Regie: Matti Geschonneck, 2008 – 2009

Entführt! Fernsehfilm in zwei Teilen. ZDF, 2009 Bildquelle und Bildrechte bei ZDF.de
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Die Szene.


Das Zimmer des Kindes.


Auf dem weißen Kinderbett im amerikanischen East-Coast-Country-Style ihrer Tochter sitzt Liane, Hannahs Mutter, ca. 34. Am Fußende hängt Hannahs gelb weiss schwarzes Cheerleader-Dress, auf einem Stuhl am Bett liegen ihre gelbe Cheer-Pompons. Hannahs Kleidung sagt irgendwie: es ist doch alles in Ordnung. Es kann keine Katastrophe passiert sein.


Hannah scheint gar nicht länger weg zu sein, als ein, zwei Minuten, nur mal rasch die Treppe runter in die Küche, Milch trinken. Hannah ist nicht da. Sie wurde entführt. Im Erdgeschoß hat bereits eine LKA Invasion mit Technik, Polizisten samt Hauptkommissar, Danner, stattgefunden.


Wir sehen Lianes Rücken. Dünnes hellgraues Strickjäckchen, die Schulterträger ihres BH zeichnen sich unter dem feinen Strickstoff ab, der ihren Leib mit Fältchen umspannt, die zu kleben scheinen, wie nasser Stoff. Darüber ihr schwarzer dichter Haarhelm, ein Bob.


Es klopft.


Schnitt auf die Kinderzimmertür mit dem rotem Comic-Totenkopf-Piratenposter.


Die Tür geht langsam auf.


Der Totenkopf verschwindet, Danner tritt ein. Vorsichtig. T-Shirt, drüber sein dunkles Jacket, eine Hand in der Tasche der dunklen Stoffhose.


Er wirft ein zwei Blicke durch den Raum, dann auf die Frau auf dem Kinderbett.


Er lässt die Türklinke los, versteckt augenblicklich auch die andere Hand in der Tasche. Die Tür bleibt offen.


Mit ruhiger Stimme:


Entschuldigen Sie, ich wollte mich nur vorstellen.


Mein Name ist Thomas Danner.


Er betont seinen Nachnamen. Denn den Namen wird sie sich merken müssen während der nächsten Tage.


Danner halbnah. Dunkle Augen, Dreitagebart.


Er ist ernst. … nein, nur ernst, nicht hart.


Ich leite die Ermittlungen in diesem Fall.


Er wartet keine Reaktion der Frau ab, die ihm den Rücken zukehrt. Spricht weiter, nicht zu laut, sanft, aber keineswegs zögerlich:


Ich kann mir vorstellen, wie schwer die Situation für Sie ist.


Ich versuche es zumindest.


Nein.


Nö.


Nur der Text ist üblicher Routinetext.


Sein Gesichtsausdruck ist nicht der übliche professionelle Routinegesichtsausdruck. Umgang mit geschockten Personen. Leise behutsam, vorsichtig, usw. usw.


Der Mann scheint irgendwie persönlich, sehr persönlich, involviert. Seine Empathie ist echt, wir fühlen sofort, er stellt sich, seine Professionalität, seine Person, ganz zur Verfügung, ganz.


So als wäre da unter allem Organisationskram und noch mehr Organisationskram und allen anderen Problemen beruflicher, zeitlicher, persönlicher Art ein Tunnel. Ein Tunnel, der alles draussen hält und nur seine Person klar und direkt mit seinem Ziel verbindet: Mutter und Kind lebend wieder zusammenzuführen.


Wir sehen Liane Bergmann von hinten. Können keine bestimmte Reaktion erkennen. Ihre Hände spielen mit dem Goldreif ihrer Tochter. Vielleicht hört sie zu.


Danner


Es war in jedem Fall richtig, uns zu informieren.


Seine dunkle Stimme füllt den Raum mit den üblichen Worten..


Wir werden alles in unserer Macht stehende tun…


Liane nah. Sie unterbricht die Stimme, die jede Raumecke füllt. Sie ist genervt von der dunklen fremden Männerstimme in dem Raum, der Ruhe braucht, damit sie ihr Kind nah fühlen kann.


Liane genervt:


Entschuldigung….


Sie dreht sich nicht soweit zu Danner um, dass sie ihn sehen könnte. Über die Schulter:


Würden Sie mir ´n Gefall´n tun?


Danner ruhig, mittig, fast freundlich, aber ohne Erwartungsdruck.


Natürlich.


Liane:


Würden Sie mich bitte in Ruhe lassen.


Liane zieht die Augenbrauen zusammen. Immer noch blickt sich nicht weit genug um, um Danner sehen zu können.


Schnitt auf Danner.


Er bewegt sich ein wenig, tastet ein zwei kleine Schritte rückwärts, nicht so, als wäre er überrascht oder beleidigt, sondern fast behutsam, so als hätte er augenblicklich tatsächlich begriffen, was Sache ist. Kein verletztes Ego. Wäre auch nicht möglich, denn vorher hatte er kein fettes Ego in den Raum geschoben.


Er sieht sich nach der Türklinke um, nimmt sie in die Hand. Auch der letzte Schritt aus der Tür ist – wegen der Raumenge auf dem Treppenabsatz – rückwärts.


Er ist gegangen.


Er war gar nicht da.


Es ist, als wäre das Filmstück ab Szenenmitte rückwärts gespult worden.


Jetzt sitzt Liane wieder da wie zu Anfang, auf dem Bett, allein, die Schulterträger ihres BH zeichnen sich unter dem feinen Strickstoff ab, der ihren Leib mit Fältchen umspannt, die zu kleben scheinen, wie nasser Stoff….


..Natürlich war er doch da. Eine Sache ist anders als zu Anfang. Jemand hat sich verpflichtet.


2008 – 2009 Heino Ferch (im Alter von 45) – Hauptkommissar Thomas Danner, Nina Kunzendorf - Liane Bergmann, Mutter der entführten 13-jährigen Hannah Bergmann